Doing History: Migration History on Display
Doing History: Migration History on Display
Im Projektseminar "Doing History: Migration History on Display", das gemeinsam von Dr. Gilberto Rescher (Lateinamerika-Studien, Soziologie) und Prof. Dr. Thorsten Logge (Fachbereich Geschichte, Public History) gestaltet wird, beschäftigen sich die Teilnehmenden mit dem Ausführen und Aufführen von Migrationsgeschichte im Museum. Sie werden zunächst eingeführt in die Public History als eine interdisziplinäre Kulturgeschichte und beschäftigen sich aus theoretischer und methodischer Perspektive mit dem Museum als einem besonderen Ort des Geschichtemachens. Hier werden Migration und die Mobilität von Grenzen, soziale Positionierungen minorisierter Gruppen (ethnische Minderheiten, migrierende Frauen, Landbevölkerung, Personen außerhalb der heterosexuellen Matrix etc.) und Mobilität im dreidimensionalen Raum verhandelt. Diesen erfahren die Besucher:innen körperlich und erleben so in einer besonders emotionalen Weise Geschichte am eigenen Leib, während sie virtuell vermittelt Einblicke in migrantische Lebenswelten gewinnen.
Kern des Seminars sind virtuelle Exkursionen in ausgewählte Migrationsmuseen (bspw. das New Yorker Tenement Museum, das Museu da Imigração do Estado de São Paulo, das Museu Afro Brasil in São Paulo, das Utvandrarnas hus in Växjö, das Lwandle Migrant Labour Museum in Cape Town oder das Auswanderermuseum in Bremerhaven). Lokale Guides werden beauftragt, digitale Rundgänge durchzuführen und aufzuzeichnen. Diese werden im Seminar nachvollzogen, ausgewertet sowie in digitalen Round Tables mit den Guides diskutiert. Inhaltliche Schwerpunkte bilden dabei das Erzählen der Nation, ihre Innen- und Außenperspektiven, Zugänglichkeiten, Inklusion und Exklusion sowie kollektive Identitäten in Bezug auf Migration, insbesondere von sozial minorisierten Gruppen und damit letztlich auch Machtverhältnisse. In einem komparativ-transregionalen Zugriff werden die digitalen Exkursionen abschließend fachwissenschaftlich eingeordnet und dabei die lebensweltlichen Potentiale der musealen Migrationserzählungen diskutiert.
Ein besonderer Schwerpunkt wird auf der kritischen Einordnung der Darstellungen auf Grundlage empirisch fundierter insbes. soziologischer Debatten zu Migration liegen. Gerade in Hinblick auf die gesellschaftliche Positionierung von minorisierten Gruppen in Migrationsprozessen, und damit gewissermaßen von Minderheiten innerhalb einer Minderheit, die sich aus den vielfältigen Verflechtungen von Kategorien ergibt, die zu Minorisierungen führen können, wird diskutiert, ob diese überhaupt sichtbar werden und falls ja, ob Darstellungen tatsächlich der sozialen Realität entsprechen oder ob sie durch Stereotype verzerrt werden. Ein entsprechender Abgleich mit lebensweltlichen Erfahrungen von Migrant:innen soll aber auch darüber hinaus stattfinden, um zu analysieren, wie sich vorbelastete gesellschaftliche Debatten auch in museale Repräsentationen einschleichen. Zentrale Beispiele wären hier eine Perspektive, die im methodologischen Nationalismus verhaftet ist, sowie eine Ausblendung der Agency und damit des eigenständigen strategischen Handelns von Migrant:innen zugunsten einer viktimisierenden Perspektive, häufig potenziert im Hinblick auf Geschlechterordnungen oder ethnische Zuschreibungen. Hier lässt sich der Fokus auf Migration zudem in idealerweise mit anderen Mobilitätskonzepten, inbes. der sozialen Mobilität, verknüpfen.
Der Seminarverlauf, die digitalen Rundgänge und Round Tables, die Einordnungen durch externe Gäste sowie ergänzende Erschließungen und Kommentierungen weiterer Migrationsmuseen werden abschließend von den Teilnehmenden dokumentiert, reflektiert und zu einer (mindestens) hochschulöffentlich zugänglichen ArcGIS-Storymap zusammengeführt.
Die digitalen Führungen, die Round Tables und die fachwissenschaftlichen Einordnungen werden digital aufgezeichnet und anschließend – wie auch die ArcGIS-Storymap – für andere Lehrveranstaltungen bereitgestellt. Eine Aufbereitung und Veröffentlichung auf Lecture2Go sowie auf der Plattform der Hamburg Open Online University wird angestrebt.
Das Projekt bindet mit der Indiana University–Purdue University Indianapolis (USA), der USP in São Paulo (Brasilien) und der Macquarie University in Sydney (Australien) drei Strategische Partner der Universität Hamburg ein und eröffnet Perspektiven für aufbauende und vertiefende Aktivitäten im Feld der Migrationsforschung.
- Dauer: 2021-2022
- Projektleitung: Dr. Gilberto Rescher, Prof. Dr. Thorsten Logge