Medienästhetische Strategien des Rahmens und Übersetzens in Graphic Novels
Geförderter Forschungsverbund
Teilprojektleiterin: Prof. Dr. Astrid Böger
Mit Graphic Novels untersucht das Forschungsprojekt innovative Formen des Comics, die sich seit den 1970er Jahren herausgebildet haben. Sie richten sich an erwachsene Leser*innen, die durch ihre Mediensozialisation mit den ästhetischen Strategien des Comics vertraut sind und bewegen sich in einem hybriden Grenzbereich von Kunst und populärer Kultur. Der Fokus des Projekts liegt dabei auf Werken, die sich mit Krisenphänomenen wie Tod, Terrorismus und Krieg auseinandersetzen. Graphic Novels haben ganz neue Darstellungsweisen hervorgebracht, um traumatisierenden Erfahrungen einen Rahmen zu geben und sie so erst mitteilbar zu machen. Diese Transformationsprozesse können anhand der Konzepte der Forschergruppe nun erstmals adäquat beschrieben werden.
Graphic Novels sind ein Medium des Übergangs: Sie sind nicht nur schriftlicher Text, aber auch nicht Film. Ausgangspunkt des Teilprojekts ist die These, dass Graphic Novels sprachliche, akustische, schriftliche und visuelle Gestaltungselemente in eine spezifische Ästhetik transformieren. Diese wird als eine Praxis wechselseitigen Rahmens und Übersetzens verstanden, wobei dynamische Handlungen wie z.B. Bewegung und Dialog in ein eigenständiges Zeichensystem übersetzt werden, das wiederum der Rahmung bedarf. Die ‚Sprache‘ der Graphic Novels basiert auf einer intermedialen Semantik, deren grundlegende Darstellungselemente Bild und Rahmen sich gegenseitig konstituieren und die Erzeugung von Sinn im produktiven Leseakt erst ermöglichen. Die Graphic Novel hat somit medienspezifische Praktiken des Rahmens und Übersetzens hervorgebracht, wobei der Rahmen nach Derrida zugleich immer auch das Nicht-Gezeigte, zu Imaginierende, evoziert.
Graphic Novels sind ein transkulturelles Medium. Als ein ursprünglich anglo-amerikanisches Format zirkulieren sie mittlerweile global und werden in transkulturellen Übersetzungsprozessen beständig moduliert; Spuren dieser Aneignung und Auseinandersetzung sind durchweg nachweisbar. Graphic Novels vermitteln zudem zwischen Kulturen, indem sie historische und (auto)biografische Inhalte in ihre spezifische, auf Identifikation zielende Ästhetik übersetzen. Die Rahmungen in Graphic Novels werden dabei als immersive Praxis verstanden, die Leser*innen unmittelbar in das dargestellte Geschehen involviert, unter anderem durch explizit situationale Erzählweisen wie Dialog und Vortrag.
Wissenschaftliche Mitarbeit: Johannes Schmid
Laufzeit: 2015 - 2017
Mittelgeber: Landesforschungsförderung Hamburg
Workshop: „Framing Comics – Comics rahmen 1900/2000“ (27.-28.10.2017) / Plakat / Meldung
Publikationen:
- Astrid Böger. „Shaun Tans The Arrival und die Kunst visueller Assoziation“. Visuelle Assoziation. Hrsg. von Andrea Sabisch und Manuel Zahn. Hamburg: Textem, 2018. [im Druck]
- Astrid Böger. „Graphic Life Writing“. Handbook for Comics and Graphic Novels. Hrsg. von Sebastian Domsch, Dan Hassler-Forest und Dirk Vanderbeke. Berlin: De Gruyter, 2018. [in Vorbereitung]
- Astrid Böger. „Kreative Zwischenräume. Medienästhetische Strategien des Rahmens und Übersetzens in Graphic Novels“. Übersetzen und Rahmen. Praktiken medialer Transformationen. Hrsg. von Claudia Benthien und Gabriele Klein. Paderborn: Fink, 2017. 75-87.
Videobeitrag zur Comicforschung:
Web: