Mittelniederdeutsches Wörterbuch
Mittelniederdeutsches Wörterbuch
Die mittelniederdeutsche Sprache fungierte im nördlichen Europa bis in die Neuzeit hinein als Medium regionaler und überregionaler Kultur, nicht zuletzt aufgrund ihrer Funktion als Verkehrs- und Geschäftssprache der Hanse. Eine Vielzahl überlieferter Quellentexte aus weitgestreuten Anwendungsbereichen (Recht, Verwaltung, Handel, Religion, Wissenschaft, Alltag) dokumentiert die zentrale Rolle, die der mittelniederdeutschen Sprache vom 13. bis 17. Jahrhundert zukam.
Die Arbeitsstelle Mittelniederdeutsches Wörterbuch
Seit 1923 werden in der Arbeitsstelle Mittelniederdeutsches Wörterbuch die mittelniederdeutschen Quellen systematisch erfasst und ihr Wortschatz dokumentiert. Auf diese Weise ist eine einzigartige Belegsammlung mit über einer Million Belegzetteln entstanden, die den Wortschatz unter zeitlichen, regionalen, sozialen und funktionalen Aspekten erschließt. Mehr als 80.000 Lexeme konnten zwischenzeitlich nachgewiesen und dokumentiert werden. Allein die Lieferungen des Bandes II bieten mehr als 30.000 Stichwörter. Die Hamburger Arbeitsstelle fungiert als nationale und internationale Auskunftsstelle für Nachfragen zur mittelniederdeutschen Sprache und Kultur und publiziert ein Wörterbuch der mittelniederdeutschen Sprache, das als Grundlagenwerk und Forschungsinstrument für zahlreiche Bedarfe dient und die veralteten Wörterbücher des 19. Jahrhunderts ersetzen soll. Das als Handwörterbuch konzipierte und auf drei Bände angelegte Wörterbuch dient vor allem folgenden Wissenschaftsbereichen:
- der Linguistik und Literaturwissenschaft insbesondere bei sprachhistorischen Fragestellungen;
- der Geschichtswissenschaften, denen ein elementares Hilfsmittel für die Arbeit an mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Quellen zur Verfügung gestellt wird. Ein Kernbereich ist dabei die Hanseforschung, aber auch regionalgeschichtliche und rechtsgeschichtliche Aspekte gewinnen hier zunehmend an Bedeutung;
- der Kulturgeschichte, Soziologie und Volkskunde.
Darüber hinaus kann das Wörterbuch auch von landeskundlich und sprachgeschichtlich interessierten Laien als Informationsquelle genutzt werden.
Geschichte des Mittelniederdeutschen Wörterbuchs
Die Anfänge des Mittelniederdeutschen Handwörterbuchs reichen nunmehr über neun Jahrzehnte zurück. Auf einem ersten „Mittelniederdeutschen Handwörterbuch“ und weiteren Vorarbeiten Christoph Walthers beruhend, wurde 1923 der Plan zur Erstellung eines neuen mittelniederdeutschen Wörterbuchs gefasst. Neben Conrad Borchling, dem ersten Inhaber eines Lehrstuhls für niederdeutsche Philologie in Hamburg, trat als Begründerin, Bearbeiterin und Herausgeberin des Mittelniederdeutschen Wörterbuchs vor allem Agathe Lasch hervor. Erste Lieferungen des Wörterbuches wurden bereits 1928 veröffentlicht, weitere folgten zügig. Die Ermordung Agathe Laschs durch die Nationalsozialisten im Jahre 1942 sowie die Kriegsumstände brachten die Arbeit am Wörterbuch jedoch in der Folgezeit zunächst zum Erliegen. Nach dem Tode Conrad Borchlings im Jahre 1946 übernahm Gerhard Cordes die Leitung des Projekts und brachte 1956 den ersten Band zum Abschluss. 1987 wurde die Leitung der Arbeitsstelle Dieter Möhn übertragen, mit dem Ziel, die Aufgaben einer zentralen Auskunftsstelle fortzuführen und die Publikation abzuschließen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützte seit 1988 das Projekt. Anfang 1999 wurden Universitätsmittel für eine halbe wissenschaftliche Mitarbeiterstelle zur Verfügung gestellt, die seit 2014 aus zusätzlichen Projektmitteln der Universität auf eine 0,75 Stelle aufgestockt werden konnte. 2014 kam es zugleich zum erneuten Herausgeberwechsel in der Arbeitsstelle, die seitdem von Ingrid Schröder geleitet wird. Die 43. Lieferung von „tobbe“ bis „tõhouwen“ ist im August 2021 erschienen. Die Lieferungen 44 und 45 werden im Laufe des Jahres 2022 erscheinen.
Buchhandel: Mittelniederdeutschen Handwörterbuch (ISBN 10: 3-529-04605-1)
Bibliotheksangaben: Mittelniederdeutsches Handwörterbuch / begr. von A. Lasch u. C. Borchling. Hrsg. von Ingrid Schröder
Verfasser: Meier, Jürgen [Verfasser]; Tsapaeva, Sabina [Verfasserin]; Schröder, Ingrid [Hrsg.]; Möhn, Dieter [Hrsg.]; Cordes, Gerhard [Hrsg.]; Borchling, Conrad [Begr.]; Lasch, Agathe [Begr.]
Verleger: Kiel/Hamburg: Wachholtz
ISBN 13: 978-3-529-04605-6
- Mittelniederdeutsches Handwörterbuch (Kiel/Hamburg: Wachholtz)
- Mittelniederdeutsches Handwörterbuch / Bd. 1. A bis F/V (1956).
- Mittelniederdeutsches Handwörterbuch / Bd. 2. / Teil 1. G bis opperscherf (2004).
- Mittelniederdeutsches Handwörterbuch / Bd. 2. / Teil 2. Opperschôler bis rûwsam (2004).
- Mittelniederdeutsches Handwörterbuch / Bd. 3. / Teil 1. Lfg. 12. Sâbâot bis schôt (1959). Lfg. 14. Schotangel bis slân (1961). Lfg. 16. Slân bis spissich (1965). Lfg. 18. Spistange bis stôten (1968). Lfg. 19. Stôtenacke bis swâr (1974). Lfg. 34. Swâr bis swûr (2005). Lfg. 35. Tâ bis telderen (2007). Lfg. 39. Telderpērt bis tôbāte (2017). Lfg. 43. Tobbe bis tõhouwen (2021).
- Mittelniederdeutsches Handwörterbuch / Bd. 3. / Teil 2. Lfg. 36/37. U bis undernēmen (2013). Lfg. 38. Undernēminge bis unvorlēchlĩk (2015). Lfg. 40. Unvorlecht bis ungemête (2018). Lfg. 41. Ungemēten bis unrichtigen (2019). Lfg. 42. Unrîm bis upgerö̂r(e)t (2020).
- Mittelniederdeutsches Handwörterbuch / Sonderlfg. Siglenverzeichnis, Abkürzungsverzeichnis / Hauptbd. (1991).
- Mittelniederdeutsches Handwörterbuch / Sonderlfg. Siglenverzeichnis, Abkürzungsverzeichnis / Nachtr. (2004).
Dr. Sabina Tsapaeva, Dipl.-Sprachwiss.
Tel.: +49 40 42838-2547
E-Mail: sabina.tsapaeva"AT"uni-hamburg.de