Konverbale und äquivalente Strukturen: Eine komparative Untersuchung des Selkupischen und der samojedischen Sprachen
Das Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, das Wissen über das Selkupische, eine kleine uralische Sprache, die unmittelbar vom Aussterben bedroht ist, auf der Grundlage existierender Korpora zu vertiefen. Es bildet die Fortsetzung des abgeschlossenen Projektes „Syntaktische Beschreibung der süd- und zentralselkupischen Dialekte: Eine korpusbasierte Untersuchung“ (WA 3153/3-1), in welchem mit der Erstellung eines digitalen Korpus die Grundlagen geschaffen wurden, und erste Erkenntnisse über die Syntax getroffen werden konnten.
Konverbkonstruktionen, insbesondere unter einem syntaktischen Gesichtspunkt, gehören zu den Phänomen, die für das Selkupische bisher nicht hinreichend untersucht und beschrieben sind; im Rahmen der Korpusanalyse ist zudem ersichtlich geworden, dass Konverben in den drei selkupischen Dialektgruppen Nord-, Zentral- und Südselkupisch hinsichtlich ihrer Häufigkeit signifikante Unterschiede aufweisen, die es zu erklären gilt.
Das Projekt verfolgt zwei Teilziele: Zum einen soll eine Typisierung selkupischer Konverbkonstruktionen erfolgen, indem diese in funktionale Kategorien eingeordnet werden. Besonderes Gewicht wird dabei auf die dialektalen Unterschiede gelegt: nach bisherigen Untersuchungen verwendet Südselkupisch erheblich mehr konverbale Konstruktionen als Zentralselkupisch, auch im Nordselkupischen werden derartige Strukturen weniger aktiv genutzt.
Hierbei soll auch die Frage geklärt werden, welche alternativen Konstruktionen im Zentral- und Nordselkupischen existieren, um die für Konverbkonstruktionen im Südselkupischen herausgearbeiteten Funktionen zu erfüllen. Zum anderen soll das Selkupische in seinen sprachfamiliären Kontext gestellt werden. Mit den anderen Vertretern der samojedischen Sprachen (Enzisch, Nenzisch, Nganasanisch, Kamassisch) sollen selkupische Konverbkonstruktionen insbesondere hinsichtlich erweiterter Funktionen und äquivalenter Strukturen verglichen werden.
Die in diesem Projekt gewonnenen Ergebnisse schließen nicht nur eine weitere Lücke in der Erforschung der selkupischen Syntax, sondern können darüber hinaus durch die kombinierte Betrachtung auf mikroskopischer (sprachintern) und makroskopischer Ebene (sprachfamiliär) zur Verbesserung bisheriger theoretischer linguistischer Modellierungen des Problems beitragen. Das bereits zusammengestellte Korpus eignet sich sehr gut als Basis für die angestrebte Erforschung.