Geschichte
Gründung durch Prof. Dr. Paul Johansen
Die Initiative zur Gründung einer finnougristischen Lehr- und Forschungsstätte an der Universität Hamburg reicht bis in das Jahr 1950 zurück. Damals übersandte Julius von Farkas, Professor am Finnisch-Ugrischen Seminar der Universität Göttingen, ein Memorandum über die Bedeutung der Finnougristik nach Hamburg. Zu diesem Zeitpunkt gab es in Hamburg bereits bescheidene Anfänge finnougristischer Studien in Form von Ungarischkursen, die später durch Finnischkurse ergänzt wurden.
In der Folge bemühte sich Paul Johansen, damals außerordentlicher Professor für hanseatische und osteuropäische Geschichte, um die Etablierung der Finnougristik an der Universität Hamburg. Entsprechend seinem Gründungsantrag vom 6. Dezember 1952 wurde Johansen am 13. Dezember 1952 mit einem Beschluss der Philosophischen Fakultät zum Leiter des neuen Seminars ernannt. Da die Hochschulleitung diesem Beschluss aus finanziellen Gründen allerdings nicht zustimmte, wurde vorerst nur eine Abteilung für finnougrische Sprachen und Finnlandkunde am Orientalischen Seminar eingerichtet.
Umwandlung in das Finnisch-Ugrische Seminar
Diese Abteilung wurde im September 1959 in das selbstständige "Finnisch-Ugrische Seminar" umgewandelt. Johansen wurde zum Leiter des Seminars ernannt und setzte sich bis zu seinem Tod im Jahr 1965 intensiv für die Belange des Seminars ein. So wurden beispielsweise feste Lektorenstellen für Finnisch und Ungarisch geschaffen.
Nach dem Tod Johansens übernahm Hans Hartmann, ordentlicher Professor für Vergleichende Sprachwissenschaft, die kommissarische Leitung des Seminars, die er bis 1969 innehatte. Von 1969 bis 1977 wurde das Seminar mit einigen Unterbrechungen von Gyula Décsy geleitet, welcher bereits seit 1959 am Seminar unterrichtet hatte.
Das Seminar wächst
Im Juni 1977 wurde Wolfgang Veenker zum Professor ernannt und leitete das Seminar bis zu seinem Tod im Jahr 1996. Neben mehrerer Studienstrukturreformen wurde in dieser Zeit u.a. mittels internationaler Zusammenarbeit und Gastaufenthalte von Dozenten ein breitgefächertes Lehrangebot am Finnisch-Ugrischen Seminar realisiert. Die Bibliothek des Seminars ist in dieser Zeit zu einer international geschätzten Sammlung sibirischer Materialien angewachsen. Mit der Gründung des Zentrums für Hungarologie wurden ferner die bestehenden Kontakte nach Ungarn intensiviert.
Nach dem Tod von Wolfgang Veenker stand das Seminar von 1996 bis 1998 unter der kommissarischen Leitung von Holger Fischer. Mit der Berufung von Eugen Helimski im April 1998 wurde der sibirische Schwerpunkt des Instituts bestätigt und bestärkt. Im Jahr 1999 wurde das Finnisch-Ugrische Seminar in “Institut für Finnougristik/Uralistik (IFUU)” umbenannt. Diese Umbenennung hob die Bedeutung der bestehenden Forschungsschwerpunkte (kleinere uralische, vor allem samojedische Sprachen und weitere sibirische Sprachen) auch nominell hervor. Im Zuge der Bologna-Reformen wurde zum Wintersemester 2005/06 ein BA-Studiengang im Fach Finnougristik/Uralistik eingeführt. Eugen Helimski verstarb am 25. Dezember 2007 in Hamburg.
Aktuelle Entwicklungen
Die Professur wurde durch die Berufung von Beáta Wagner-Nagy aus Wien am 1. April 2010 wiederbesetzt. Unter ihrer Leitung wurde 2011 das Lehrangebot um den MA-Studiengang “Uralische Sprachen und Kulturen (Uralic Studies)” erweitert. Im Wintersemester 2014/2015 wurde zusätzlich der BA-Studiengang “Allgemeine Sprachwissenschaft” eingeführt und institutionell am IFUU verortet.
In der Forschung bedeutete die Berufung von Beáta Wagner-Nagy eine Fortführung der Beschäftigung mit samojedischen und weiteren sibirischen Sprachen. Des Weiteren bedeutete ihre Berufung eine Modernisierung der Forschungsschwerpunkte, so haben funktional-typologische Fragestellungen einen höheren Stellenwert erlangt und es sind vor allem empirische Methoden in den Fokus gerückt. Im letzteren Kontext ist vor allem das Engagement des Instituts in der Korpuslinguistik zu erwähnen, welches zur Publikation einiger digitaler, annotierter und durchsuchbarer Sprachkorpora unter Open Access-Konditionen geführt hat. Das Langzeitvorhaben INEL der Akademie der Wissenschaften in Hamburg sowie die Akquise weiterer relevanter Drittmittelprojekte zur Nachnutzung der erstellten Korpora runden das vielfältige Forschungsprofil des Instituts ab.
Mit einem guten Dutzend Mitarbeitenden ist das IFUU die größte finnougristische/uralistische Forschungs- und Lehreinrichtung im deutschsprachigen Raum. Darüber hinaus ist das IFUU auf Grund seiner ERASMUS-Partnerschaften sowie wegen seines Engagements im REMODUS-Netzwerk überaus gut international vernetzt. Das Institut gibt die Fachzeitschrift Finnisch-Ugrische Mitteilungen heraus, in der fachlich einschlägige Forschungsergebnisse veröffentlicht und diskutiert werden.