Aktuelle Promotionsprojekte
Ernesto Abundis: Das literarische Porträt (Fraktaltheorie) von Arturo Belano in Roberto Bolaño
Forschungsschwerpunkte: Fraktale, literarisches Porträt, lateinamerikanische Literatur, Postmoderne, Arturo Belano, Roberto Bolaño
Titel des Promotionsprojekts: Das literarische Porträt (Fraktaltheorie) von Arturo Belano in Roberto Bolaño
Status: laufend
Abstract:
Roberto Bolaño (Santiago de Chile, 28.04.1953 - Barcelona, 15.07.2003) war ein chilenischer Erzähler und Dichter. Seine ständige Suche nach einer Literatur, einer Welt, einem Universum, das seinen eigenen Regeln unterliegt, ist ein Kennzeichen seiner Arbeit. Der Grund für diese Forschung besteht darin, eine theoretische Studie über den Charakter von Arturo Belano zu liefern, die für die bolañische Erzählung von wesentlicher Bedeutung ist und durch die die verschiedenen existierenden Erzählungen innerhalb des Werks selbst wie ein Ariadnefaden verbunden werden können. Der Faden ist die Theorie der Fraktale als ein Gebiet, in das Geschichten, Themen, Charaktere, Erinnerungen durch eine bestimmte Struktur integriert sind, die das Universum seiner Arbeit ausmacht.
Ich entwarf drei Begriffe von Mandelbrots Theorie der Fraktale (Mathematik), die ich an die Literaturtheorie anpasste: Der erste ist das Mikrofraktal, das zur Bezeichnung einer rhetorischen Figur (oder eines sprachlichen Fragments) dient, deren wiederholtes Auftreten in seiner Menge über das gesamte Werk hinaus ein fraktales Muster erkennbar werden lässt (natürliches Fraktal). Mikrofraktale sind einzelne Sätze, Fragmente oder Folgen von Sätzen, die, sobald ihre Konstruktion zusammen ausgeführt wird, zu einem fraktalen oder natürlichen fraktalen Muster führen. Der zweite Begriff ist natürliches Fraktal, das die Vereinigung von Mikrofraktalen darstellt. Der dritte Begriff ist die effektive Dimension, die von der symbolischen Beziehung zwischen der Projektion des Objekts und seiner realen Dimension spricht.
Betreuung: Prof. Dr. Markus Klaus Schäffauer (Universität Hamburg)
Kontakt-Daten: abundis.ernesto"AT"gmx.net
Saba Bahamdain: Religion und/als Hysterie in den Romanen Sœur Philomène und Madame Gervaisais der Brüder Goncourt
Forschungsschwerpunkte: k.A.
Titel des Promotionsprojekts: Religion und/als Hysterie in den Romanen Sœur Philomène und Madame Gervaisais der Brüder Goncourt
Status: laufend
Abstract:
Die Auseinandersetzung mit dem Thema Hysterie und Religion spiegelt eine wichtige Debatte des 19. Jahrhunderts wider, die den religiösen und wissenschaftlichen Diskurs der Zeit aufgreift. In der vorliegenden Arbeit wird das Verhältnis von Hysterie und Religion zueinander anhand zweier Romane der Brüder Goncourt ausgelotet, Soeur Philomène und Madame Gervaisais. Die Debatten über Hysterie und Religion bewegen die damalige zeitgenössische Gesellschaft und haben insbesondere Folgen für das Bild und das Selbstverständnis der Frau. Eine Analyse der weiblichen Hauptfiguren vor dem Hintergrund des romanischen Mikrokosmos und dessen Interaktion mit dem vorgestellten Makrokosmos ist daher aufschlussreich. Im Mittelpunkt dieser Untersuchung steht jedoch die Gratwanderung zwischen Literatur und Wissenschaft, Fiktion und Fakten. Hierbei sind die Tagebücher der Goncourts, in denen u.a. der Anspruch erhoben wird, die neuesten medizinischen Erkenntnisse im realistischen Roman zu verarbeiten, von großer Bedeutung. Gleichzeitig aber zeigen die Tagebücher die Unvereinbarkeit zwischen literarischer Vorgehensweise und wissenschaftlichem Anspruch, dies belegt die Analyse des literarischen Prozesses so wieder in den Roman eingebundenen medizinischen Kenntnisse und der religiösen Haltung der Autoren. Das Freilegen des literarischen Prozesses macht außerdem die verschiedenen Realitätsebenen von der Orientierung am document humain bis hin zur fiktionalen Ausgestaltung des Romans sichtbar.
In diesem Spannungsfeld entsteht ein impressionistischer Stil, der von dem eigentlichen, nüchternen, "objektiven" Realitätsanspruch anderer zeitgenössischer Schriftsteller abweicht. Dieser besondere Stil dient dazu, die persönliche Sicht der Brüder Goncourt bezüglich der Bedeutung von Religion und Wissenschaft für die zeitgenössische Gesellschaft zu transportieren. Reale Beobachtungen, fiktive Überarbeitungen und Überhöhungen, mystische und rationale Welten manifestieren sich dabei in einer kunstvollen dichterischen Darstellung.
Betreuung: Prof. Dr. Marc Föcking
Kontakt-Daten: Bahamdain75"AT"hotmail.de
Zuordnung/Förderung: k.A
Ulrike Bühler: À la recherche du temps perdu: Marcel Prousts „écriture“ des Alter(n)s und ihr Bezug zur Dekadenz
Forschungsschwerpunkte: Alter(n) im medizinischen und philosophisch-literarischen Kontext (Schwerpunkt: Frankreich 19. und frühes 20. Jahrhundert), Henri Bergson und der élan vital, Dekadenz, Fin de Siècle
Titel der Arbeit: À la recherche du temps perdu: Marcel Prousts „écriture“ des Alter(n)s und ihr Bezug
zur Dekadenz
Status: laufend
Abstract:
À la recherche du temps, Prousts Werk über Zeit und Gedächtnis, stellt auch die Frage nach dem Alter(n). Die Frage, welche auch diejenige nach der Altersstruktur der Familie miteinschließt, ob das Kind in Combray wie auch der im Laufe von Prousts À la recherche du temps perdu zum Jugendlichen und zum Erwachsenen herangereifte und schließlich etwas angejahrte Marcel von ihrem Habitus her nicht grundsätzlich zu alt erscheinen, sowie die Mehrzahl der in Erzählsequenzen ungleich kürzer gehaltenen Diskurse des zum Erzähler gewordenen Protagonisten, die in dem Werk auf das Alte(r)n Bezug nehmen, wurden von der Forschung bisher kaum oder gar nicht eigenständig behandelt. Ebenso verhält es sich mit der hieraus hervorgehenden Frage, inwieweit die Erzählperspektive eine écriture des Alters hervorbringt, die zugleich auf die sich an dem in der Zeit weit Fortgeschrittenen labende décadence referiert.
Da sich die Familie der Recherche mit Marcel erschöpft und sich das Kind Marcel ohne Spielgefährten nur in der Gesellschaft der vorherigen Generationen bewegt, ist das Ziel dieser Dissertation, herauszuarbeiten, dass nicht nur einzelne Episoden, Figuren oder Bände der Recherche das Thema Alter(n) behandeln, sondern diese per se eine écriture des Alter(n)s darstellt, die zugleich, indem sie
das Alte und das nicht-Vitale ausschöpft, auf die Dekadenz verweist.
Betreuung: Prof. Dr. Marc Föcking
Kontakt-Daten: buehler.ulrike23"AT"gmail.com
Zuordnung: freie Dissertation
Giulia Cerullo: The causativization of verbs of motion in Italian and Romance
Forschungsschwerpunkte: event structure, verb classes, split intransitivity, verbal semantics, generative syntax, language variation, language change
Titel des Promotionsprojektes: The causativization of verbs of motion in Italian and Romance
Status: laufend
Abstract:
The phenomenon of split intransitivity as illustrated in Burzio’s generalization (Burzio 1986) and by several other authors is made visible by auxiliary selection in Standard Italian and among Italian dialects. The assumptions contained in most event-structure theories, starting from theta-roles throughout Linking-Rule and minimalistic models, predict that so-called unaccusative verbs do not assign nominative case, thus ruling out an agent or causer. Data from spoken Italian as well as dialectal varieties have shown that transitive active uses of unaccusative verbs of motion are possible (as in “esco il cane”, lit. “I go out the dog”, meaning “I take the dog out”), and that even some more complex passive constructions deriving from these structures can be found. Crosslinguistic comparison with French, Catalan (Pineda 2018) and Spanish (Lara Bermejo 2020; Jiménez-Fernández&Tubino 2019) varieties shows the same results, with different degrees of acceptability and variation, while the same constructions are scarcely attested in European and Brazilian Portuguese. This work aims at analysing how and when these structures emerged, why they are more attested or more broadly accepted in some varieties (most of all in Southern Italian dialects) than in others, which motion verbs allow causativization and under which constraints. This investigation requires a thorough theoretical examination of the basic concepts regarding causativity, agentivity and transitivity (Hopper&Thomson 1980; Haspelmath 1993), an analysis of the transition from Late Latin to Romance in what affected the verbal system (Hoffmann 2016), as well as a profound reflection about the role of event structure, roots and templatic meaning within the interaction between syntax and semantics (Borer 2015; Ramchand 2016; Beavers&Koontz-Garboden 2020). A comprehensive study involving speakers from different Italian regions is also implemented in the project in order to determine the degree of acceptability of different constructions involving transitive unaccusative verbs of motion depending on age, region and language variation.
Beavers, J., Koontz-Garboden, A. (2020). The roots of verbal meaning, Oxford University Press.
Borer, H. (2015). The Category of Roots. Alexiadou, Borer and Schaffer (eds).
Burzio, L. (1986). Italian Syntax. Dordrecht, Holland: D. Reidel Publishing Company.
Haspelmath, M. (1993). More on the typology of inchoative/causative verb alternations, In: Comrie, B., Polinsky, M., Causatives and Transitivity. Amsterdam: John Benjamin’s Publishing Company. 87-120.
Hopper, P.J. & Thompson, S. A.. (1980). Transitivity in Grammar and Discourse. In: Language, Vol. 56, N. 2, 251-299.
Jiménez-Fernández, A. & Tubino, M.(2019). Causativity in Southern Peninsular Spanish. In: Gallego, A., The syntactic variation of Spanish dialects, Oxford: Oxford University Press. 181-217.
Lara Bermejo, V. (2020). Construcciones causativas y labilidad en español. Berlin, Boston: De Gruyter.
Pineda, A. (2018) Causativization of verbs of directed motion in Romance languages. In: Repetti L., Ordóñez F. (Eds.), Romance Languages and Linguistic Theory 14. Selected papers from the 46th Linguistic Symposium on Romance Languages (LSRL), Stony Brook, NY. 245-262.
Ramchand, G. (2006). Verb Meaning and the Lexicon: A First Phase Syntax. Cambridge: Cambridge University Press.
Betreuung: Prof. Dr. Susann Fischer
Kontakt-Daten: giulia.cerullo"AT"uni-hamburg.de
Rahel Clarke: Die Verhandlung von (Post-)Adoleszenz in franco-kamerunischen Romanen der Gegenwart
Forschungsschwerpunkte: Postkoloniale Studien; französischsprachige Literatur Subsahara-Afrikas; Identität, Alterität und Hybridität; Adoleszenz im Kontext postkolonialer Gesellschaften
Titel des Promotionsprojekts: Die Verhandlung von (Post-)Adoleszenz in französischsprachigen kamerunischen Romanen der Gegenwart
Status: laufend
Abstract
Jugendliche zwischen Vergangenheitsbewältigung, Zukunftshoffnung und Gegenwartskonflikten.
In zwei sehr unterschiedlichen Trilogien franco-kamerunischer Autoren stehen jeweils junge Menschen im Mittelpunkt. Diese Dissertation untersucht einerseits, welche Bilder von Adoleszenz entworfen werden, mit welchen gesellschaftlichen Herausforderungen die Protagonisten konfrontiert werden und schließlich auch, welche Bewältigungsstrategien ihnen zugeschrieben werden.
Das Erkenntnisinteresse des vorliegenden Dissertationsprojektes liegt zum einen in der literarisch-ästhetischen Verhandlung eines wenig erforschten Themas. Zum anderen geht es darum, den inhaltlichen Fragen nachzuspüren, die die AutorInnen beim Schreiben über ihre jungen Protagonisten bewegt haben. Heranwachsende repräsentieren wie keine andere Menschengruppe die Schnittstelle zwischen Vergangenheit und Gegenwart: sie verfügen einerseits über genügend Lebenszeit, um eine individuelle Vergangenheit durchlebt zu haben und auch mit der größeren Vergangenheit ihrer Familie, ihres Volkes, ihrer Kultur in Berührung gekommen zu sein. Gleichzeitig stehen sie in ihren Entscheidungen an bedeutenden Weggabelungen, an denen sich nicht nur die Richtung ihres eigenen Lebensweges entscheidet, sondern auch die Gestaltung der Gesellschaft, in der sie zukünftig leben werden. Zu dieser Position zwischen Vergangenheit und Zukunft kommt die Konfrontation mit der Realität der Gegenwart, die in dem Kontext postkolonialer Gesellschaften Subsahara-Afrikas komplex und konfliktreich ist, sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene.
Betreuung:
Prof. Dr. Silke Segler-Meßner
Kontakt-Daten:
rahel-maria.zerger@studium.uni-hamburg.de
Zuordnung/Förderung:
Stipendium der Stiftung der Deutschen Wirtschaft
Berfu Erdogan: Die Apotheose der Kunst – Marcel Proust und der Ästhetizismus
Forschungsschwerpunkte: Literatur und Ästhetik im französischen 19. und 20. Jahrhundert
Titel des Promotionsprojekts: Die Apotheose der Kunst – Marcel Proust und der Ästhetizismus
Status: laufend
Abstract:
Neben der Erinnerungsthematik steht in Marcel Prousts À la recherche du temps perdu (1913-1927) vor allem die Rolle der Kunst im Zentrum. Sie dient sowohl als Medium, Emotionen und psychologische Zustände der Figuren zu fixieren, als auch zur Verschönerung der histoire. Doch wird der Kunst immer mehr die Fähigkeit zugesprochen, die Realitätswahrnehmung und die Gefühle der Menschen bestimmen, ihre Handlungen manipulieren, ihnen sogar das Leben nehmen zu können. Während der Leser in erster Linie den großzügigen Fundus an Kunstwerken als ästhetische Komponente der Erzählung wahrnimmt, kristallisiert sich eine Idealisierung der Kunstdisziplinen Literatur, Malerei, Theater, Musik und sogar der Kochkunst heraus, die auf eine „Kunstreligion“ des Erzählers deuten lässt.
Betreuung: Prof. Dr. Marc Föcking, Prof. Dr. Martin Neumann
Kontakt-Daten: berfu.erdogan"AT"uni-hamburg.de
Zuordnung/Förderung: Doktorandenkolleg Geisteswissenschaften, Graduiertenschule Geisteswissenschaften
Sonstiges: DoktorandInnenvertretung Graduiertenschule Geisteswissenschaften, Universität Hamburg
Anna-Lena Glesinski: Der Ecological Turn des 21. Jahrhunderts. Eine ökokritische Analyse zeitgenössischer lateinamerikanischer Literatur
Forschungsschwerpunkte: Ökologie und Literatur, postkoloniale Ökokritik, mexikanische Literatur, indigene Literatur aus Mexiko und Brasilien, Diskursanalyse
Titel des Promotionsprojekts: Der Ecological Turn des 21. Jahrhunderts. Eine ökokritische Analyse zeitgenössischer lateinamerikanischer Literatur
Status: laufend
Abstract:
Ohne die Natur hat der Mensch keinen Raum, in dem er existieren kann, daher muss das menschliche Subjekt immer im direkten Zusammenhang mit ihr gedacht werden. Wie nach dem Postcolonial Turn die subalternen Subjekte eine Stimme und Präsenz im gesellschaftlichen Diskurs bekamen, muss im Weltverständnis des 21. Jahrhunderts die Artikulation der Natur in den menschlichen Diskurs einbezogen werden. Wir schauen heute nicht mehr nur auf das Problem des Postkolonialismus oder Neokolonialismus, sondern durch die postkoloniale Linse. Mein Ziel ist es die ökologische Linse zu beschreiben.
Das Promotionsvorhaben widmet sich der Verortung der ökologischen Wende in Gesellschaft, Literatur und Literaturwissenschaft. Ausgehend von Doris Bachmann-Medicks Definition von Cultural Turns (2006) wird herausgearbeitet wie Schreiben und Sehen in der Beziehung zwischen Natur und Mensch im 21. Jahrhundert funktionieren. Nachdem sich der ökokritische Diskurs sich anfänglich auf die inhaltlich-referentielle Analyse fiktionaler narrativer Prosaliteratur beschränkte, fand mithin auch die Analyse poetologischer Aspekte auf der Ebene des narrativen Diskurses Eingang. So können Lebensprozesse und Diskurselemente, die den Text selbst organisieren sichtbar gemacht werden. In der erzählerischen Vermittlung von Subjektaussagen werden außerliterarische Kommunikationsstrukturen verarbeitet und ein spezifisches Aussagefeld entfaltet.
Um der Vielfalt der lateinamerikanischen Literatur gerecht zu werden und die ökologische Wende multiperspektivisch analysieren zu können, soll sich die Untersuchung auf Autor*innen mit unterschiedlichem regionalen und kulturellen Hintergrund beziehen. Hierbei werden erzählerische Raumkonzeptionen (z.B. Zwischenraum, Heterotopie, Utopie, Dystopie), Chronotopoi indigener Kosmovision sowie deren Artikulationen (Stimme, multisensorische Wahrnehmung) und geschlechterspezifische Verhältnisse Schwerpunkte der Analyse sein. Die Werke sollen auf allen Ebenen der Textkonstitution untersucht werden.
Betreuung: Prof. Dr. Inke Gunia
Kontakt-Daten: anna-lena.glesinski"AT"studium.uni-hamburg.de ; lena.glesinski"AT"posteo.de
Zuordnung/Förderung: Stipendiatin der Heinrich-Böll-Stiftung (2016-2019)
Gisela Kölln: Vernunft und Vernunftkritik im französischen Briefroman des ausgehenden 18. Jahrhunderts
Forschungsschwerpunkte: Aufklärung des 18. Jahrhundert, Industrialisierung und Romantik des 19. Jahrhunderts
Titel des Promotionsprojekts: Vernunft und Vernunftkritik im französischen Briefroman des ausgehenden 18. Jahrhunderts
Status: laufend
Abstract:
Eine allgemeine Verunsicherung machte sich im ausgehenden 18. Jahrhunderts breit, da sich polarisierend Vernunft und Glaube gegenüberstanden. Der Einzelne wurde eingeladen, sich neuen bzw. veränderten Werten anzuschließen, was letztendlich in der Revolution von 1789 mündete. Die von Diderot und d’Alembert herausgegebene Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers, deren erster Band 1751 erschien, war Grundlage eines neuen Denkens. Das Infragestellen der alten Werte führte zu Konflikten mit Staat, Kirche und Gesellschaft schlechthin und hinterließ auch Spuren in den zur damaligen Zeit als Modegattung verbreiteten und oft anonym veröffentlichten Briefromanen, die die versteckten „Messages“ transportierten. Es ist daher vonnöten, die verschiedenen Definitionen von Vernunft an weiteren zeitgenössischen Enzyklopädien zu untersuchen, um daraus eine Reihe von Fragestellungen ableiten zu können, wie beispielsweise: Welche Spielarten von „Vernunft“ (göttliche, natürliche, gesellschaftliche) werden diskutiert und wie verhalten sich diese zueinander? Wie verhalten sich Vernunft und Freiheit zueinander? Sind der Vernunft Grenzen gesetzt, und wodurch? Gibt es Zweifel an der Vernunft, wie sie sich im Titel des Briefromans von Philipp-Louis Gérard (genannt abbé Gérard) Le Comte de Valmont, ou les Égarements de la Raison (1774) andeutet. Gibt es verfehlte Anwendungen von Vernunft, wie in den amoralischen Manipulationen der Rationalisten Vicomte de Valmont und Marquise de Merteuil in Choderlos de Laclos‘ Les liaisons dangereuses (1782). Gerade der Name der Protagonisten Gérards und Laclos‘ - Valmont – scheint namensrealistisch eine Art Kristallisationspunkt von Dunkelheit (val) und Licht (mont) zu kreieren, der mit der Problematik der Lichtmetaphorik der Aufklärung zwischen ‚lumière‘ und ‚ombre‘ operiert. Gérard baut das geradezu zum Weg aus den ‚égarements‘ zum ‚lumière‘ aus, wobei letzteres nun aber das göttliche Licht meint (‚veritable lumière‘).
Betreuung: Prof. Dr. Marc Föcking
Kontakt-Daten: giselakoelln@web.de(gisela.koelln"AT"studium.uni-hamburg.de)
Zuordnung: freie Dissertation
Franziska Kutzick: An Schmerzgrenzen. Aktualisierungen des Frauenkörpers bei Violette Leduc und Nicole Caligaris
Forschungsschwerpunkte: Französische Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts (historische Avantgarden, Nachkriegszeit und littérature de l’extrême contemporain), Poetiken des Schmerzes und der Transgression, feministische Literaturwissenschaft, Zeugnisliteratur überlebender italienischer Widerstandskämpferinnen
Titel des Promotionsprojekts: An Schmerzgrenzen. Aktualisierungen des Frauenkörpers bei Violette Leduc und Nicole Caligaris
Status: abgeschlossen
Abstract:
Violette Leduc und Nicole Caligaris nehmen verletzte Frauen an den Grenzen von Artikulation und Repräsentation in den Blick. Im tagebuchartigen Prosagedicht L’Affamée (Leduc, 1948) steht das unerfüllte, erotische Begehren eines namenlosen, weiblichen Ich zu einer anderen Frau im Zentrum, die nur als „Madame“ benannt ist, aber als eine literarische Transfiguration von Simone de Beauvoir erkannt werden kann. Im Liebesleid der Erzählerin gerät der Text zu einer Bühne, auf der die Weltwahrnehmung und die in Phantasiegestalten auftretenden subjektiven Empfindungen der Erzählerin ineinander verschwimmen. Der Schmerz äußert sich als Unterbrechung sprachlicher Kommunikationsfähigkeit, die die Poesie in verwüstete Bildwelten transformiert. In Le Paradis entre les jambes (Caligaris, 2013) nähert sich die Erzählerin einem kannibalistischen Verbrechen an einer Studentin, dessen indirekte Zeugin sie wurde. Der doku- wie auch autofiktionale Text ist ebenso wie L’Affamée in jeder Hinsicht transgressiv, denn er stellt das Tabu des Kannibalismus in ein Spannungsverhältnis mit kulturellen Entwürfen und Anforderungen des Frauseins. Die Erzählerin, die sich und ihren im Entstehen begriffenen Text auch selbst zum Erzählgegenstand macht, inszeniert dabei ihre Abscheu vor dem erzählten Sujet als narratives Verfahren.
Trotz der zeitlich auseinanderliegenden Publikationsdaten, Nachkriegszeit und beginnendes 21. Jahrhundert, besteht die Gemeinsamkeit von L’Affamée und Le Paradis entre les jambes in der Schmerz- und Verletzungspoetik, die Leduc und Caligaris anhand kulturgeschichtlicher und zeitgenössischer Diskurse um Frauenkörper entwerfen. Die Ausgangshypothese der Dissertation ist, dass die Texte von Leduc und Caligaris Inszenierungen von Frauen und Schmerz als literarischen Topos und gesellschaftliches Klischee hervorheben und im Rückgriff auf den jeweiligen kulturpolitischen Kontext verzerrt wiedergeben. Eine Untersuchung dieser These erlaubt es unter anderem, in L’Affamée und Le Paradis entre les jambes sowohl feministische wie auch feminismuskritische Aspekte herauszuarbeiten und die Texte in ihrem zeitgenössischen künstlerisch-literarischen Umfeld als Avantgardeliteratur zu (re-)perspektivieren.
Betreuung: Prof. Dr. Silke Segler-Messner, Prof. Dr. Martin Neumann
Kontakt-Daten: franziska.kutzick"AT"uni-hamburg.de
Zuordnung/Förderung: wiss. Mitarbeiterin (2014-2017), Promotionsstipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes (seit 2018)
Madeleine Löning: Grenzgänge: Gender, Raum und Identität in den französischsprachigen Literaturen und Filmen des Maghreb
Forschungsschwerpunkte: Literaturen und Kulturen des Maghreb; postkoloniale Theorie und Gender Studies, französische Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts, Konzeptualisierungen von Identität/Alterität, Migration und Transkulturalität, Trauma und Erinnerung in Literatur und Film.
Titel des Promotionsprojektes: Grenzgänge: Gender, Raum und Identität in den französischsprachigen Literaturen und Filmen des Maghreb
Status: abgeschlossen
Abstract:
Im Zentrum der Dissertation steht die Frage nach der ästhetischen Modellierung von Identität in den französischsprachigen Gegenwartskulturen Marokkos und Tunesiens. Die besondere Relevanz des Promotionsprojektes ergibt sich dabei aus seiner interdisziplinären und intermedialen Ausrichtung: Auf der Basis einer Verknüpfung von raumtheoretischen Überlegungen mit Forschungsansätzen aus den Postcolonial- und Gender Studies werden zeitgenössische literarische und filmische Artefakte hinsichtlich ihrer Darstellung von Identität untersucht. Der Schwerpunkt der Analyse liegt dabei auf den Überschreitungen tradierter Stereotype, Rollenmuster und Zugehörigkeitskonzepte, die eine Reformulierung essentialistisch-ontologischer Identitätskonzepte nach sich ziehen. Ausgehend von dem Verständnis, dass kulturelle und geschlechtliche Zugehörigkeit als interdependente Differenzmarkierungen unmittelbar zusammenhängen und sich in topografischen Konstellationen oftmals konkret manifestieren, untersucht das Forschungsprojekt ob und inwieweit die französischsprachigen Autor_innen und Regisseur_innen des Maghreb in ihren Texten und Filmen nicht nur tradierte kulturelle, sondern auch geschlechtliche und sexuelle Identitätskonzepte dekonstruieren.
Ausgewählte Texte und Filme – darunter Le jour du roi (Abdellah Taïa, 2010) Bedwin Hacker (Nadia El Fani, 2003) und Partir (Tahar Ben Jelloun, 2006) – werden schließlich exemplarisch daraufhin untersucht, welche Modi von Identität sie mithilfe verschiedener Figuren- und Körperkonstellationen inszenieren. Die Gemeinsamkeit der medial, regional und auf den ersten Blick auch thematisch unterschiedlichen Artefakte liegt dabei schließlich in der Produktion dezidiert neuer Denkfiguren, die sich, indem sie identitätsbildende Kategorien und Klassifikationen generell in Frage stellen, den Perspektiven der Postkolonialen- und Queer Theorie nähern. Der Rückgriff auf die Narratologie zeigt letztlich die literarischen und filmischen Strategien zur Umsetzung queer-hybrider Identitäten über die inhaltliche Ebene hinaus auf. Dabei werden im Zuge eines bislang nicht unternommenen intermedialen Vergleichs die vorrangig schriftorientierten postkolonialen Zugänge erweitert und Unterschiede in der Zugangsweise zur Medialität als inhaltsstiftende Größe verdeutlicht.
Betreuung: Prof. Dr. Silke Segler-Meßner, Prof. Dr. Martin Neumann
Kontakt-Daten: madeleineloening"AT"gmail.com
Zuordnung/Förderung: Stipendiatin im Doktorandenkolleg Geisteswissenschaften (2015- März 2018), Stipendiatin des Gleichstellungsfonds der Universität Hamburg (bis Juli 2018).
Sonstiges: Assoziierte Doktorandin am Institut de Recherche sur le Maghreb Contemporain (IRMC) in Tunis/Tunesien.
Christiane Müller-Lüneschloß: L’art du rire. Zur Genese, Faktur und Funktion der comédie contemporaine
Forschungsschwerpunkte: französisch- und italienischsprachige Literaturen des 17. sowie 19.-21. JH; Gattungen, (Post-)Dramatik, Klassizismus, comédie/ commedia, Komik, Intermedialität, Molière Studies
Titel des Promotionsprojekts: L’art du rire. Zur Genese, Faktur und Funktion der comédie contemporaine
Status: abgeschlossen
Abstract: Die Dissertation untersucht komische Dramen aus Frankreich von den 1970er-Jahren bis zur extremen Gegenwart. Ausgangspunkt der Untersuchung bildet die Beobachtung, dass die comédie innerhalb der letzten Jahrzehnte zum favorisierten Genre in Theater und Film avanciert ist. Jedoch handelt es sich bei der Komödie im engsten Sinne um eine Textsorte aus dem siècle classique, über deren ‚Ende’ bereits seit dem 18. Jahrhundert debattiert wird. Auf der anderen Seite florieren im Pariser Boulevardtheater des 19. Jahrhunderts komische Theaterstücke, teils im expliziten Rekurs auf das Molière’sche Paradigma. Jüngst steht die Gattung erneut zur Diskussion, besonders seit Yasmina Rezas internationalem Theatererfolg « ART » (1994). Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass eine Komödie im Sinne einer Gattung mit dem théâtre de l’absurde und spätestens im Diskurs des post-dramatischen Theaters als obsolet gilt. Bisher fehlt allerdings eine literaturwissenschaftliche Studie, die eine comédie contemporaine im Sinne einer Textgruppebildung untersucht: Handelt es sich bei dem ‚Lachtheater’ von Reza, Francis Veber, Éric-Emmanuel Schmitt, Matthieu Delaporte oder Florian Zeller also um Komödien, die sich im Sinne einer Gattung auf die ihr vorangegangen Textgruppenbildungen und deren Systematisierung (‚Poetik’) bezieht?
Dieser Frage begegnet die Dissertation, indem sie sich mit den Textgruppenbildungen, poetologischen Krisen und Aktualisierungen der Komödie in Frankreich von Molière bis zur Gegenwart auseinandersetzt. In der Skizze einer generischen Genese konkretisieren sich ‚Familienähnlichkeiten’, die nachfolgend als Folie für die Analyse komischer Dramen von den 1970er- bis zu den 2010er-Jahren funktionalisiert werden. Dabei wird auch zu fragen sein, welche Rolle der comédie hinsichtlich einer komisch-utopischen, aber auch kritischen Reflexion von Individuen und Kollektiven zukommt, sowie andererseits schließlich, inwieweit Form und Gehalt dieser ‚Kunst des Lachens’ von Intermedialisierung und Marktmechanismen bedroht sind.
Betreuung: Herr Prof. Dr. Marc Föcking, Frau Prof. Dr. Silke Segler-Meßner
Kontakt-Daten: mueller.lueneschloss"AT"gmail.com
Zuordnung/Förderung: Stipendiatin im Doktorandenkolleg Geisteswissenschaften, danach des Gleichstellungsfonds (beide UHH); Lehrbeauftragte für französische und italienische Literaturwissenschaft, Sprecherin im Doktorandenkolleg, Promotionsrat Institut für Romanistik
María Müller: Representaciones de la intersexualidad en el cine y la novela de principios del siglo XXI en el ámbito hispanohablante
Forschungsschwerpunkte: Erinnerungsräume der spanischsprachigen Erzählliteratur, raumbezogene Textanalyse, mexikanische Literatur, Geschlechterdiskurse und literarische Identitätsentwürfe
Titel der Arbeit: Representaciones de la intersexualidad en el cine y la novela de principios del siglo XXI en el ámbito hispanohablante
Status: laufend
Abstract: Mit dem Wort intersexuell werden Personen bezeichnet, die bei der Geburt nicht eindeutig als männlich oder weiblich identifiziert werden können, sowie Menschen, bei denen Genotyp und Fenotyp nicht übereinstimmen. Für die biomedizinische Wissenschaft stellt die Intersexualität eine besondere Herausforderung dar, weil sie die dichotomischen Geschlechtskategorien
überschreitet, in welche sämtliche menschliche Körper passen sollen. Um die Binarität zu erhalten, hat die Medizin ein komplexes Pathologisierungssystem entwickelt, das es ermöglicht, intergeschlechtliche Körper durch Medikalisierung zu kontrollieren. In den
westlichen Gesellschaften wird über Intersexualität überwiegend in den professionellen Fachwerken gesprochen und die mangelnde Aufklärung der Bevölkerung aus medizinischer Sicht mit dem Schutz der Betroffenen begründet, was dazu führt, dass intersexuelle
Menschen eine oft unbekannte und ignorierte Minderheit darstellen. Diese Unsichtbarkeit des intersexuellen Kollektivs spiegelt sich auch in der Knappheit der fiktiven Produktionen des spanischsprachigen Raums im Bezug auf dieses Thema wider. Da die gesellschaftliche
Relevanz einer Gruppe sich auch über die Kunst manifestiert, ist es von besonderer Bedeutung, dass in einigen Filmen und Romanen die Belange intersexueller Menschen bewusst thematisiert und Diskussionen auf sozialer Ebene angeregt werden, die einen Beitrag zu gesellschaftlichen Transformationen leisten können.
Die von den Analysen zur Intersexualität aufgeworfenen Fragestellungen schlagen historische, erkenntnistheoretische und philosophische Diskussionen über die Konstruktion von Prozessen der Pathologisierung vor, welche von den Gender Studies und der Queer- Theorie aufgegriffen und vertieft werden.
Das Promotionsvorhaben ist eine literatur- und kulturwissenschaftliche Analyse der Darstellung der Intersexualität in Filmen und Romanen des 21. Jahrhunderts im spanischsprachigen Raum. Diese zielt darauf ab, die Primärwerke unter Berücksichtigung von Gender Studies und Queer-Theorie als kritische Werkzeuge der Subversion und Dekonstruktion der Gender- und Geschlechtskategorien zu untersuchen.
Betreuung: Prof. Dr. Inke Gunia
Kontakt-Daten: maria.mueller-1"AT"studium.uni-hamburg.de ; maria.mueller2017"AT"gmx.de
Zuordnung: freie Dissertation
Mario Navarro: Language Design and Parametric Exaptation. Approaching the emergence of Clitic Doubling from below.
Forschungsschwerpunkte: Generative Syntax, Klitische Dopplung Konstruktionen, Parameter Theorie, Biolinguistik, Sprachvariation und Sprachwandel.
Titel des Promotionsprojektes: Language Design and Parametric Exaptation. Approaching the emergence of Clitic Doubling from below.
Status: abgeschlossen
Abstract:
The aim of my work is to eliminate the tension between language variation and current biolinguistic assumptions (Chomsky 2005; Berwick & Chomsky 2017), suggesting that parameters emerge as a consequence of the interaction of different factors that are not exclusively part of the linguistic genotype (see e.g. Holmberg & Roberts 2014). In order to do this, I analyze the Clitic Doubling Parameter, and its correlation with the Verb-Movement Parameter, stablishing thus two different interactional scenarios for the emergence of both parameters respectively. I propose, thus, two kinds of parameters that are defined according to their interactional nature: (i) core parameters, whose emergence depends exclusively on the interaction of the three factors of language design (Chomsky 2005); and (ii) peripheral parameters, whose emergence depends on the interaction between a particular category and the specification reached by a core parameter. On the basis of the diachronic and synchronic data (Romance Languages), I will argue that the clitic doubling construction, contrary to the Verb Movement Parameter, should be explained as a peripheral parameter, emerging as a structural exaptation, not specific of UG. In addition, I will show that the distinction between both kinds of parameters, not only reflects different conditions of emergence, but also allow us to identify particular effects of variation and change related to directionality, abrupt vs. gradual, grammaticalization, cycles, and language contact.
Betreuung: Prof. Dr. Susann Fischer (Universität Hamburg) und Prof. Dr. Kleanthes Grohmann (University of Cyprus)
Kontakt-Daten: mario.navarro"AT"uni-hamburg.de, https://www.slm.uni-hamburg.de/romanistik/personen/navarro.html(marina.zielke"AT"uni-hamburg.de)
Zuordnung/Förderung: Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Hamburg
Sonstiges: Wissenschaftlicher Mitarbeiter des DFG-Projekts FI 875/3-2 (www.cliticdoubling.de)
Lale Suzan Özren, M. A.: Revolución und Narcos: mexikanisches Selbstverständnis, nationale Mythen und Humor am Beispiel von Jorge Ibargüengoitias Los relámpagos de agosto und Juan Pablo Villalobos’ Fiesta en la madriguera.
Forschungsschwerpunkte: Mexikanische Literatur, Parodie, Satire, Intertextualität, nationale Mythen
Titel des Promotionsprojektes: Revolución und Narcos: mexikanisches Selbstverständnis, nationale Mythen und Humor am Beispiel von Jorge Ibargüengoitias Los relámpagos de agosto und Juan Pablo Villalobos’ Fiesta en la madriguera.
Status: laufend
Abstract:
Diese Arbeit setzt sich ausgehend von zwei Texten, Los relámpagos de agosto von Jorge Ibargüengoitia (Mexiko 1964) und Fiesta en la madriguera von Juan Pablo Villalobos (Mexiko 2010), mit den die mexikanische Gesellschaft prägenden Phänomenen Revolution und Drogenkrieg auseinander. Diese Phänomene verändern Mexiko im Abstand von 100 Jahren einschneidend und sollen für diese Arbeit zunächst hypothetisch als nationale Mythen bezeichnet werden (ausgehend vom Mythosbegriff Roland Barthes’ [2000]), um deren Reflexion in den Texten zu untersuchen.
Beide Texte begegnen ihrem jeweiligen Gegenstand mit humorvollem Ton. Während Los relámpagos de agosto eine zum Entstehungszeitpunkt kanonisierte literarische Gattung, den mexikanischen Revolutionsroman — hier in der Untergattung der fingierten Autobiographie — parodiert, karikiert Fiesta en la madriguera das Leben eines brutalen Drogenbosses in seinem klandestinen Palast.
Die in den Texten verwendeten (und parodierten) Stereotypen, Klischees, Bilder und Symbole werden in Beziehung zu weiteren Texten — ausgewählten Beispielen im jeweils zeitgenössischen Umfeld der beiden Texte — gesetzt, um zu untersuchen, wann Bilder und Symbole aus der Literatur zu (nationalen) Narrativen oder sogar Mythen werden, auch und gerade außerhalb des literarischen Feldes (Feldbegriff nach P. Bourdieu: Les règles de l’art [1992]). Die Entstehung von Narrativen, die Kanonbildung in der mexikanischen Literatur, sowie die wechselseitigen Einflüsse der extra- und intratextuellen Narrative aufeinander werden ausgeleuchtet. So soll eine Einsicht in die in Los relámpagos de agosto und Fiesta en la madriguera verarbeiteten mexikanischen Mythen und den sehr spezifischen mexikanischen Humor ermöglicht werden.
Besonders interessant ist des Weiteren die Frage, wie weit ein satirischer Text gehen „darf“. Ist es vor dem Hintergrund des jeweiligen historisch-gesellschaftlichen Kontextes ein Wagnis, diese Texte zu veröffentlichen? Gab/gibt es Kräfte, die darauf Einfluss nehmen, wie die Texte rezipiert werden? Wenn ja, wie unterscheiden diese sich zu den jeweiligen Veröffentlichungszeitpunkten?
Betreuung: Prof. Dr. Inke Gunia (Universität Hamburg)
Kontakt-Daten: lale.oezren"AT"studium.uni-hamburg.de; https://romanistik.de/pers/5882-Lale_Oezren
Zuordnung/Förderung: freie Dissertation
Ana María Orjuela-Acosta: La minificción: un género literario
La investigación se centra en: minificción, literatura transmedial, teorías de la interpretación, géneros literarios, literatura latinoamericana siglos XX-XXI, vanguardias.
Título del proyecto de doctorado: La minificción: un género literario
Estado: en curso
Resumen:
El presente proyecto de investigación propone un estudio de la minificción como género literario. Si bien esta discusión lleva años, existen aún diversas perspectivas en confrontación que vale la pena sistematizar y poner en contexto. La idea es, pues, recoger los diversos aportes, sistematizar dichas perspectivas y, con base en ese análisis y en el estudio propio de la escritura breve en términos de su desarrollo y evolución, fundamentar por qué la minificción merece la categorización de género literario independiente. Para llevar a cabo este propósito, propongo un análisis desde tres aspectos básicos: el estudio de un corpus (la presencia histórica y sistemática de este tipo de creaciones en el tiempo); el análisis de mecanismos significantes en dichas creaciones (esto es, mecanismos de tipo estructural y semántico en tanto su diferenciación de otros géneros literarios), y el estudio de su recepción (la modificación de paradigmas narrativos y la desarticulación de la trama como elemento que demanda la inteligencia narrativa –e interpretativa– del lector).
Supervisión:
Prof. Dr. Inke Gunia (Universidad de Hamburgo)
Prof. Dr. Lauro Zavala (Universidad Autónoma Metropolitana-Xochimilco)
Datos de contacto: orjuela.am"AT"gmail.com; ana.maria.orjuela.acosta"AT"studium.uni-hamburg.de
Cesión/financiación: Beca DAAD-Colfuturo.
Erick Ramos: Leben, Erzählung und Tod. Das Zeugnis der politischen Gewalt in Peru, Guatemala und El Salvador
Forschungsschwerpunkte: Bewaffnete Konflikte in Lateinamerika, Zeugnis, Performativität, Wahrheitskommission, Stimme und Körper
Titel des Promotionsprojekts: Leben, Erzählung und Tod. Das Zeugnis der politischen Gewalt in Peru, Guatemala und El Salvador
Status: laufend
Abstract:
KURZFASSUNG. Diese Doktorarbeit bezieht sich auf das Zeugnis politischer Gewalt im öffentlichen oder privaten Raum als Erinnerung an „bewaffnete Konflikte“ in Peru, Guatemala und El Salvador. Es wird davon ausgegangen, dass das Zeugnis nicht nur die Dokumentation einer Erfahrung von Gewalt ist, sondern auch die performative Tatsache ihrer sozialen Durchführung. Aus diesem Grunde ist das Zeugnis für diese Untersuchung hauptsächlich Stimme und Körper, - im Rahmen einer kollektiven Begegnung, in der neuen Formation nationaler Erzählungen von Gewalt Gestaltung und im Gegensatz zu wissenschaftlich-sozialen Paradigma der abschließenden Berichte der Wahrheitskommissionen dieser drei Länder.
Zu diesem Zweck wird das Zeugnis und seine Beziehung zu der anthropologischen Tradition des hispanoamerikanischen Zeugnisses, die Utopie der Repräsentation, die intellektuelle Mediation und die ethnographische Methode definiert. Auch die Rolle des Zeugnisses aus der Perspektive einer multidisziplinären literarischen Analyse diskursiver Manifestationen von politisch-sozialen Kämpfen in Lateinamerika wird reflektiert.
Vorrangig wird die Figur des Körpers in der Entwicklung von drei Wissenschaften betrachtet: Anatomie der Renaissance, Sozialwissenschaften im 19. Jahrhundert in Europa und die Philosophie des 20. Jahrhunderts. Das Ziel ist es, die Rolle des Körpers im Verständnis der Individuen in ihrem sozialen Umfeld als Organismus, Struktur, Kraft und Idealisierung zu sehen und aus der Sichtweise von Autoren wie Andreas Vesalius, Karl Marx und Michael Foucault zu verstehen. Darüber hinaus werden Ideen über den „performativen Körper“ im Rahmen der künstlerischen Tendenzen europäischer Universitätsbewegungen Mitte des letzten Jahrhunderts reflektiert.
Im Weiteren wird die Figur des „Indios“ in Arbeiten über die amerikanische soziale Realität, im frühen zwanzigsten Jahrhundert, entworfen von José Carlos Mariátegui, Miguel Ángel Asturias und Roque Dalton analysiert. „Es ist niemals ein Dokument der Kultur, ohne zugleich ein solches der Barbarei zu sein“, sagte Walter Benjamin. Deshalb besteht das Ziel darin, diese Studien aus der Perspektive der folgenden gewaltsamen sozialen Konflikte zu verstehen. Es ist notwendig, die sogenannten „inneren Kriege“ als Episoden zu begreifen, die im Laufe der Zeit mit konkreten historischen Fakten verbunden sind.
Anschließend werden die Abschlussberichte der Wahrheitskommissionen der folgenden drei Länder einer kritischen Revision unterzogen: Die Wahrheits- und Versöhnungskommission (CVR) in Peru, Interdiocesano Projekt Wiederherstellung der historischen Erinnerung (REMHI) / Kommission für historische Aufklärung (CEH) in Guatemala und die Wahrheitskommission für El Salvador (CVES). Die Zeugenaussagen in den Berichten dieser Wahrheitskommissionen werden untersucht, um Aspekte ihrer Methodik und Institution zu definieren. Ziel ist es herauszuarbeiten, wie der ethisch-moralische Diskurs der Rettung einer „gespaltenen Gesellschaft“ die Berichte, auf komplexe und umfassende Weise kennzeichnet.
Die zentrale These dieser Studie, welche in den letzten drei Kapiteln entwickelt wird, ist, dass in dem Moment der Zeugenaussage Ereignisse, die Leben und Tod beeinflusst haben, - wie bei Vergewaltigung oder im Guerillakrieg - in der Vorstellung wieder erlebt werden. Daher fand in Anhörungen, symbolischen Gerichten, Interviews oder anderen Kommunikationsituationen, die im Schatten dieser Kommissionen ausgetragen wurden, ein sogenannter Prozess der „corporización“ statt. Die Zeugenaussage und auch der Körper, der bezeugt, prägen den Zeugnis-Diskurs in sich selbst. Dies basiert auf zwei wichtigen Elementen, die diese rituellen Ereignisse als „Öffentlich Anhörung“, „Gewissensgericht“ oder andere ähnliche „Orte der Begegnung“ zwischen den Zeugen und den mit der Befragung Bevollmächtigten, Mitgliedern eines Gerichts oder anderen Verhörenden definieren.
Betreuung: Prof. Dr. Markus Klaus Schäffauer und Prof. Dr. Ute Fendler (Universität Bayreuth)
Kontakt-Daten: ergus11"AT"gmail.com
Zuordnung/Förderung: DAAD-Stipendium
Felipe Salazar: Die Postmoderne in den Tagebüchern von Emilio Renzi: Ricardo Piglia und der autobiografische Text als Metafiktion
Forschungsschwerpunkte: Autobiographisches Schreiben, Postmoderne, die Figur des Autors, Poetik und Tradition in der argentinischen Literatur.
Titel des Promotionsprojektes: Die Postmoderne in den Tagebüchern von Emilio Renzi: Ricardo Piglia und der autobiografische Text als Metafiktion
Status: laufend
Abstract:
Metafiktion ist im späten zwanzigsten und bisher im einundzwanzigsten Jahrhundert eine verbreitete Form des Schreibens von Schriftstellern verschiedener Sprachen, die Texte hervorbringt, in denen die Präsenz des Autors im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit bestimmter Teile der Öffentlichkeit und der Literaturkritik steht. Meine Arbeit konzentriert sich auf den Umgang mit der Metafiktion in den Tagebüchern von Emilio Renzi, dem Titel, unter dem der Argentinier Ricardo Piglia (1941-2017) die Transkription von mehr als dreihundert Notizbüchern veröffentlichte, die er seit seiner Jugend geschrieben hatte. Aus der Perspektive der Postmoderne möchte ich das Identitätsproblem analysieren, das sich bei der Verwendung von Pseudonymen stellt, wie die Suche nach einer Poetik des Textes auf die Schaffung einer Autorenfigur gerichtet ist und wie das Autobiographische in einem literarischen Text verändert wird.
Betreuung: Prof. Dr. Inke Gunia (Universität Hamburg)
Kontakt-Daten: felipe.salazar"AT"studium.uni-hamburg.de
Zuordnung/Förderung: Stipendiaten des Stipendienprogramms Colfuturo DAAD
Luis Miguel Varela Herrera: Die transversale Vernunft im dichterischen Werk von Fabián Casas. Lyrische Subjektivität und die erzählte Erfahrung in der postmodernen Moderne.
Forschungsschwerpunkte: Hybridkulturen, Moderne Lateinamerikas, Postmoderne, argentinische zeitgenössische Poesie, Fabian Casas
Titel des Promotionsprojektes: Die transversale Vernunft im dichterischen Werk von Fabián Casas. Lyrische Subjektivität und die erzählte Erfahrung in der postmodernen Moderne.
Status: laufend
Abstract:
In meinem Promotionsvorhaben beschäftige ich mich mit dem Werk des Autors Fabián Casas (Argentinien, 1965). Aus einer narratologischen Perspektive heraus erforsche ich die internen Mechanismen und die Entwicklung des lyrischen Ichs, die erzählte Erfahrung und Hybridität im Werk Casas‘. Berücksichtigung finden hierbei die literaturgeschichtlichen Prozesse, unter denen das besagte Werk entstanden ist.
Fabian Casas, 1965 in Buenos Aires, Argentinien geboren, schreibt Lyrik, Prosa, Essays und ist zudem als Journalist tätig. Er war Mitglied des Redaktionskollektivs der Literaturzeitschrift 18 Whiskys, von der lediglich zwei Ausgaben erschienen sind. Die Zeitschrift fand in den 1990er Jahren einen starken Widerhall in den Literaturkreisen von Buenos Aires. José Villa, Daniel Durand, Laura Wittner, Fabián Casas sowie einige andere gehörten zur ersten Welle von Autoren, die 18 Whiskys prägten und die die Kritiker später zur „Poesie der 90er“ und dem „Argentinischen Objektivismus“ rechneten.
Betreuung: Prof. Dr. Inke Gunia (Universität Hamburg)
Kontakt-Daten: quedaunahuella"AT"gmail.com
Zuordnung/Förderung: Leistungsstipendiat. DAAD-Stibet I-Mitteln des Auswärtigen Amtes (Universität Hamburg).
Anna Larissa Walter: Kindheit(en). Narrative der Shoah in den französischsprachigen Gegenwartsliteraturen
Forschungsschwerpunkte: Narration und Erinnerungskultur, Narratologie, Darstellungen von Kindheit, Erinnerungskulturen der Shoah im französischsprachigen Raum
Titel des Promotionsprojektes: Kindheit(en). Narrative der Shoah in den französischsprachigen Gegenwartsliteraturen
Status: laufend
Abstract:
Ausgehend von der Feststellung, dass sowohl retrospektive Erzählungen über Kindheit, als auch literarische Repräsentationen der Shoah Leerstellen inhärent sind, befasst sich das Dissertationsprojekt mit Vergegenwärtigungen der Shoah im Spiegel der Darstellung von Kindheit. Im Zentrum steht die Frage, inwieweit Erzählen über die Shoah Parallelen zum Erzählen über Kindheit aufweist und ob sich Besonderheiten in der Darstellung ergeben, dort wo es um erinnerte Kindheit(en) im Kontext der Shoah geht. Gegenstand der Untersuchung sind intermedial erzählende Werke aus dem französischsprachigen europäischen Kontext nach 1990 (Frankreich und Belgien) in denen aus der Perspektive der versteckten Kinder, sowie der Kinder und Enkelkinder von Überlebenden die Shoah thematisiert wird.
Betreuung: Prof. Dr. Silke Segler-Meßner
Kontakt-Daten: anna.larissa.walter"AT"uni-hamburg.de
Zuordnung/Förderung:
Sonstiges: ehem. Stipendiatin des interdisziplinären Graduiertenkollegs "Vergegenwärtigungen. Repräsentationen der Shoah in komparatistischer Perspektive"