(Falsch-)Bilder des Geldes: Bildkultur und Medienreflexion
Tagung, Universität Hamburg, 8.-10. Juni 2017 (Einreichungen bis 31. Juli 2016)
Bilder des Geldes strömen täglich durch die diversen Medienkanäle - sei es im Print- oder Onlinebereich, in Film-, Fernseh- oder Videoproduktionen. Dass diese Bilder aktuell in den Fokus des Interesses geraten, beweist nicht zuletzt die viel besprochene und groß angelegte Ausstellung "Gutes böses Geld. Eine Bildgeschichte der Ökonomie" in der Staatlichen Kunsthalle in Baden-Baden. Sie zeigt, dass Geld-Bilder - aufgrund der zunehmenden Immaterialität und Unsichtbarkeit des Geldes - weniger als schlichte Abbildungen, sondern vielmehr als Produzenten gesellschaftlicher und kultureller Vorstellungen von Geld und damit eines Wissens über Geld betrachtet werden können bzw. müssen. Wenn Anahita Razmi zur Visualisierung der Inflationsrate im Iran auf Sam Mendes' Film AMERICAN BEAUTY (1999) zurückgreift und die american beauty im Rosenmeer in eine iranian beauty im Geldmeer verwandelt (2013), dann offenbart sich, wie sehr Geld und Gelddarstellungen auf kulturelle Kontexte geradezu 'angewiesen' sind. Gleichzeitig entsteht dadurch eine semantische Aufladung oder mehr noch: ein Bedeutungsüberschuss, der Fragen medienwissenschaftlicher, aber auch sozialer, ökonomischer und genderpolitischer Dimensionen nach sich zieht.
Die wissenschaftliche und nachhaltige Beschäftigung mit diesen Bildern und Fragen steht noch am Anfang. Offen ist zum einen, wie eine Mediengeschichte des Geldes aussieht, und zum anderen, wie Medien Geld als Medium konzeptualisieren. Die Tagung möchte sich dem Geld folglich als einem Gegenstand medienreflexiver Untersuchungen widmen, wobei es nicht nur um die Reflexion von Medien gehen soll, in denen Geld einem bildlichen und metaphorischen Gebrauch zugeführt wird, sondern mehr noch darum, wie Geld in Momenten von gesellschaftlicher, kultureller und/oder ökonomischer Warenproduktion und Tauschprozessen seine eigene Medialität in und durch Bilder zum Ausdruck bringt.
GELD|BILDER
Stand Geld ursprünglich in einer engen Verbindung zu einem wertvollen Material - einem Metallbarren, einer Gold- oder Silbermünze -, so begegnet es uns heute überwiegend als elektronische bzw. digitale oder virtuelle Größe, die völlig losgelöst vom Wert des Materiellen ist (Hörisch 2004, 110). Geld hat sich dadurch zunehmend von der Sphäre des Haptischen und Sinnlichen gelöst. Insbesondere die bildlichen und beschreibenden Medien stehen deshalb vor einer enormen Herausforderung: Wenn sie sich Geld zum Thema machen, was über Jahrhunderte zurückverfolgt werden kann und seit der Finanzkrise 2007 inflationär geschieht, müssen sie auf visuell wahrnehmbare Äquivalente ausweichen. Analog heißt es in der Filmforschung: "Geld kann [...] wohl im Unterschied zu allen anderen filmischen Medieninszenierungen, zentrales Thema eines Films sein, ohne dass seine Materialität und Sichtbarkeit im Mittelpunkt stehen." (Adelmann et al. 2014, 414). Diese These möchten wir für die Tagung auf alle bildlichen und narrativen Medien ausweiten und nach den 'Körpern' fragen, in denen sich das Geld, nun nach seiner Ablösung, materialisiert (vgl. von Braun 2012, 399). Mögliche Beiträge in diesem Bereich können sich daher mit Strategien der Bildgebung - im Sinne eines "In-Erscheinung-Tretens" (Weigel 2015, 11) - von Geld in verschiedenen Medien wie Literatur, Film, Fernsehen, Fotografie oder Internet auseinandersetzen. Zudem wäre zu fragen, welche Prozesse und Versuche der Visualisierung des Digitalen erprobt werden, in welchen Kontexten Bildgebungen stattfinden und zu welchen neuen Semantiken diese Verfahren sowohl im fiktionalen wie auch im nicht-fiktionalen, soziopolitischen Bereich führen.
FALSCH|GELD
Wenn Geld mithin ungreifbar, undarstellbar erscheint - wie verhält es sich dann mit Falschgeld? Und wie kann heute, wo es das Geld in Form eines materiellen Gegenstandes kaum 2 mehr gibt, überhaupt ein echtes und ein falsches Digitales des Geldes existieren? Bedeutet dies in der Konsequenz auch eine Unterscheidung in echte und falsche Bilder des Geldes? In unserer spätkapitalistischen Krisen-Gegenwart scheint Geld in jedem Moment immer auch Falschgeld zu sein. Aufgrund dieser uneindeutigen, das heißt symbolisch changierenden Medialität erweist sich (Falsch-)Geld als prädestinierter Gegenstand für eine negative Medientheorie, die vor allem Momente der Störung und des Scheiterns in den Blick nimmt. Gerade im Nichtgelingen des Mediums steckt in besonderer Weise die Möglichkeit einer kritischen Dekonstruktion des Mediums und seiner (kulturellen) Versprechen (Mersch 2006). Mögliche Fragestellungen in diesem Schwerpunkt können sich folglich mit der Rolle negativer Medientheorie in Bezug auf Geld in verschiedenen medialen Narrativen auseinandersetzen, mit Bildern von 'falschem' gegenüber 'echtem' Geld, ihren divergenten Bildgebungs- und Visualisierungsprozessen, ihren symbolischen Gebrauchsweisen in fiktionalen und nicht-fiktionalen Medienformaten, mit der Affektpolitik von Geld mitsamt seinen Täuschungen/Fälschungen, mit monetären Arbeitsprozessen des Visuellen oder auch den Fakten und Fiktionen digitaler Geldzirkulation.
Die Tagung findet vom 08.-10. Juni 2017 am Institut für Medien und Kommunikation an der Universität Hamburg statt. Beiträge aus allen Bereichen der Medien- und Kulturwissenschaft sind willkommen. Die Tagung strebt an, sich dem Tagungsthema plural und interdisziplinär anzunähern. Es sind daher ebenso Beiträge erwünscht, die sich abseits von Literatur, Film und Fernsehen mit den medialen Figurationen des Geldes in Kunst, Games, Internet und anderen Orten der Medien- und Bildproduktion auseinandersetzen sowie die realpolitischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Dimensionen des Geldes in einen Zusammenhang mit einer kritischen Kulturwissenschaft bringen. Die Sprechzeit für die Vorträge beträgt 25 Minuten mit anschließender Diskussion von 20 Minuten.
Themenvorschläge (ca. 2.000 Zeichen) können zusammen mit einer kurzen Vita bis zum 31. Juli 2016 an folgende Adresse gesendet werden: felix.gregor(at)uni-koeln.de.
Eine Veröffentlichung der Beiträge wird angestrebt.
Organisation
Prof. Dr. Judith Ellenbürger
Universität Hamburg
Institut für Medien und Kommunikation
Von-Melle-Park 6
20146 Hamburg
Felix T. Gregor, M.A.
Universität zu Köln
Institut für Medienkultur und Theater
Meister-Ekkehart-Str. 11
50937 Köln