Lateinamerika-Visionen im Vergleich: Drei ausgewählte Organisationen mit Lateinamerika-Fokus und ihre Visionen für die Region
1. EINLEITUNG
Alltagswelten sind intersubjektiv konstruiert, da sie durch Beziehung zu anderen Teilnehmer:innen der jeweiligen Alltagswelt (wie beispielsweise durch Intimität und gemeinsame Erfahrungen) kreiert werden. Dadurch wird bestimmt, was als Problem gesehen wird und was nicht (vgl. Berger/Luckmann 2007: 20ff). So sehen Berger und Luckmann die Aufgabe der Wissenssoziologie darin, gesellschaftliche Konstruktionen der Wirklichkeit zu erforschen und damit ein Verständnis für ebendiese herbeizuführen. Nur so wird die „objektive Faktizität“ deutlich (vgl. Berger/Luckmann 2007: 20ff). Die Alltagswelt ist damit nicht Wirklichkeit, sondern das Ergebnis von Taten und Gedanken (vgl. Berger/Luckmann 2007: 21). Die Aussage bildet eine relevante Grundlage für diese Arbeit und die nähere Betrachtung der Visionen der unterschiedlichen Organisationen, da die jeweiligen Organisationen durch ihre Definitionen und Handlungen Alltagswelten konstruieren.
In dieser Arbeit soll untersucht werden, welche Visionen für Lateinamerika drei unterschiedliche Organisationen - ein katholisches Hilfswerk, eine politische Stiftung und eine internationale Organisation - definiert haben und welche Demokratievorstellung in der Vision enthalten ist. Im Zentrum stehen dabei die Fragen nach den Gemeinsamkeiten und den Unterschieden im Hinblick auf diese Visionen und nach den Gründen dafür. Dies geht auf die Annahme zurück, dass die Wirklichkeit der Alltagswelt von Raum und Zeit geprägt ist und durch sie konstruiert wird – und zwar durch das, was jemand getan hat, was jemand tut oder was jemand vor hat zu tun (vgl. Berger/Luckmann 2007: 25).
Um die Vision für die Region Lateinamerika herauszufinden, wurden drei Expert:innen-Interviews geführt. Die daraus gewonnen Informationen bilden die Grundlage dieser Arbeit. Aus den Interviews haben sich drei wiederkehrende Themen herauskristallisiert, aus denen dann im weiteren Verlauf der Forschung Kategorien für die Analyse der Interviews entstanden. Es handelt sich dabei um 1) die der Zusammenarbeit mit lateinamerikanischen Akteuren 2) Demokratie und 3) Wirtschaft. Bei der Analyse habe ich mich auf die Untersuchung des jeweilig zugrunde gelegten Demokratiebegriffs beschränkt, um dem Umfang dieser Arbeit gerecht zu werden. Außerdem wird nicht auf die wissenschaftliche Diskussion des Begriffs Lateinamerika und der Konstruktion der Region eingegangen. [1]
Eine Vision ist „nicht das Gegenteil von ‚Wirklichkeit‘, sondern etwas, ‚das noch nicht Wirklichkeit ist‘“ (Herbrik 2001: 75). Sie ist meistens noch nicht Realität, baut jedoch auf realen Gegebenheiten auf (vgl. Greiner/Huber 2000: 21). Die Realisierung der Vision wird angestrebt, wodurch sich eine semantische Nähe zu den Wörtern „Plan“, „Vorhaben“ oder „Idee“ ausmachen lässt (Herbrik 2001: 76). Es wird davon ausgegangen, dass menschliches Handeln die Vision Realität werden lässt und sie somit willentlich herbeigeführt werden kann (Herbrik 2001: 77). Eine Vision kann laut Herbrik auf zwei Wegen entstehen: Entweder durch etwas Übernatürliches (Gott) oder durch ein gedankliches Konstrukt im Menschen (Psyche) (Herbrik 2001: 77). Dies bedeutet, dass die Vision eng mit den eigenen Erfahrungen, der Sozialisation und dem Umfeld zusammenhängt und in die eigene Weltsicht eingebettet ist.[2]
Die Fragestellung ist relevant, da die Visionen der untersuchten Organisationen ihre soxiale Praxis beeinflusst und damit ein Beitrag zur sozialen Konstruktion der Wirklichkeit geleistet wird. Durch ihre soziale Praxis und ihre Kommunikationsweise prägen sie das Lateinamerikabild in Deutschland (vgl. Herbrik 2001: 22). Da zwei Organisationen untersucht wurden, die in Deutschland ansässig sind und Auslandsbüros in Lateinamerika haben sowie um eine internationale Organisation, ist der Entwicklungsbefriff Bestandteil dieser Arbeit. Denn mit ihren Visionen leisten die Organisationen nicht nur einen Betrag zur sozialen Konstruktion von Lateinamerika sondern beteiligen sich ebenfalls im Entwicklungsdiskurs.
Mehrere Länder Lateinamerikas und der Karibik werden als „unterentwickelt“ konzeptualisiert, wie die DAC-Liste der Entwicklungsländer und -gebiete des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zeigt (vgl. BMZ: 2001). Um zu verstehen, was mit Unterentwicklung und Entwicklung gemeint ist und zu erkennen, ob die Interviewpartner:innen damit verbundene Denkweisen in ihren Visionen aufgreifen, soll der Begriff zunächst problematisiert werden.
Das Konzept der Entwicklung kann bis in die griechische Antike zurückgeführt werden, wurde aber als politisch wirksames Instrument besonders stark nach dem zweiten Weltkrieg eingesetzt, weswegen die Inaugurationsrede des US-amerikanischen Präsidenten Truman aus dem Jahr 1949 oft als Ausgangspunkt beschrieben wird (vgl. Ziai 2010). So „versprach [Truman], den Menschen in den ‚unterentwickelten Gebieten‘ durch Kapitalinvestitionen und technischen Fortschritt zu einem besseren Leben zu verhelfen“ (Ziai 2010: 23, vgl. Escobar 1995: 4). Zu den sogenannten entwickelten Ländern zählen Nationen mit einem gewissen industriellen Entwicklungsstand, der herkömmlich am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (BIP) des Landes gemessen wird. Auch der Technologiestand, die Produktivität, das Bildungsniveau und die außenwirtschaftlichen Beziehungen haben einen Einfluss darauf (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung 2016). Diese ökonomischen Parameter und der Kapitalismus im Allgemeinen bilden die Grundlage für sowohl die Dependenz- als auch die Modernisierungstheorie, um die vermeintliche Unterentwicklung einiger Länder zu erklären (Mürle 1997: 10). Die Modernisierungstheorie zählt zu den endogenen Theorien, da die sogenannten unterentwickelten Länder als Verursacher ihrer international ökonomisch schlechter gestellten Situation angesehen werden. Es wird davon ausgegangen, dass es einen Entwicklungspfad für alle Länder gibt (von einer Agrar- hin zu einer Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft), auf dem die sogenannten Industrieländer vorangeschrittener als die sogenannten Entwicklungsländer sind. Um eine Entwicklung zu erreichen wird davon ausgegangen, dass traditionelle Strukturen der Gesellschaften aufgebrochen werden müssen. Dafür ist laut der Theorie jede Gesellschaft selbst zuständig, denn sie soll ihre eigenen Ressourcen erschließen und nutzen und dabei von externen Akteuren unterstützt werden (vgl. Scholz 2008: 79fff). Die „Politische Entwicklung hin zu einer Demokratie und ökonomische Entwicklung hin zu einer Marktwirtschaft stehen in dieser Perspektive in einem […] Zusammenhang.“ (Muno 2001: 3), da die sogenannten Entwicklungsländer nicht nur im kapitalistischen Sinne aufholen müssen, sondern auch im Demokratischen.
Im Kontrast zu der Modernisierungstheorie ist die Dependenztheorie den exogenen Theorien zuzuordnen. Sie geht davon aus, dass die Ursachen der Unterentwicklung nicht bei den Ländern selbst liegen, sondern außerhalb des Ländergrenzen vorzufinden sind und durch ehemalige koloniale Abhängigkeitsstrukturen geschaffen worden. Die immer noch bestehenden ungleichen internationalen Handelsbeziehungen manifestieren dabei den Fortbestand der strukturellen Abhängigkeit der sogenannten Entwicklungsländer. Als Lösung wird der Ausstieg der sogenannten Entwicklungsländer aus dem internationalen Handel und dem Aufbau eigener Handelsmärkte gesehen. (vgl. Scholz 2008: 79fff). Die von Mürle erstellte Tabelle (siehe Abbildung 1) demonstriert, welche problematischen Inhalte er für die beiden Theorien identifiziert hat (1997: 15).
Abbildung 1: Problematische Inhalte der „großen Theorien“ bis Ende der 70er Jahre (Mürle 1997:15)
Die kritische Auseinandersetzung mit den Theorien führte in der Wissenschaft dazu, dass sich in dem 1980er Jahren andere Erklärungsansätze entwickelt haben. Ein Beispiel hierfür sind die zunächst hauptsächlich im lateinamerikanischen Raum entstandene „Post-Development-Ansätze“ (vgl. Menzel 2016: 152f.). Entwicklung wurde nicht mehr als objektive Realität betrachtet, sondern als ein konstruiertes Konzept (vgl. Ziai 2016: 12). Drei Ebenen bilden die Kritik an dem vorherrschenden Entwicklungskonzept. Erstens wird das dahinterliegende politische Konzept kritisiert, zweitens die damit einhergehende „gedankliche Struktur (als Mythos, Ideologie, Diskurs oder Repräsentationssystem), […] [und drittens der] Begriff“ (Ziai 2006: 195).
Wallerstein weist darauf hin, dass die Europäer:innen in den letzten zwei Jahrzehnten unhinterfragt eine hegemoniale Stellung in der Welt hatten, wodurch sie neue Technologien entwickeln konnten (1997: 94). Durch die hegemoniale Stellung ging zudem eine Dominanz des Wissenssystems einher, die dazu geführt hat, dass nicht-westliche Wissenssysteme an den Rand gedrängt und disqualifiziert wurden (vgl. Escobar 1995: 13). Wallerstein schreibt, dass die Konzepte der Menschenrechte und Demokratie von den westlichen Staaten und Werten geprägt sind und deswegen nicht universell anwendbar sind. Sie werden als selbsterklärend und selbstverständlich in den Raum gestellt, sind es aber nicht (vgl. 2006.: xv).
Diese Rolle des Norm-Produzenten und Normeinhaltungskontrolleurs – sowohl juristisch als auch soziokulturell – wurde zunächst von Europa und später dann von den USA beansprucht, wobei beide von der Prämisse aus agierten, dass das, was für den Westen gut sei, auch für den Rest der Welt gut sein müsse. Der missionarische Impetus wird heutzutage auch darin sichtbar, dass der Westen sich weiterhin in der Verantwortung sieht, weltweit den Frieden, die Demokratie und die Menschenrechte zu sichern. Dieser Logik folgend, wird jedwede westliche Intervention als ein Akt der Befreiung kodiert oder als notwendige sicherheitspolitische Praxis gerechtfertigt. Folgerichtig wird der Widerstand postkolonialer Länder gegen eurozentrische Anmaßungen und westlichen Interventionismus als illegitime Praxis gewertet, die sich generell gegen Gerechtigkeit und Frieden sowie die Errungenschaften der europäischen Aufklärung richtet (do Mar Castro Varela/ Dhawan 2017: 2).
Die „westliche“ Darstellung von Demokratie bezieht sich darauf, dass nur der „Westen“ als Inhaber der richtigen Demokratie angesehen wird und diese in den Rest der Welt bringen kann.
Das Problem dabei ist, dass Erfolge bei der weltweiten Übernahme der "westlichen" liberalen Demokratie als Zeichen für die Vorzüge dieses Modells und als Rechtfertigung der europäischen Hegemonie gewertet wurden, während Misserfolge als Ergebnis der Unfähigkeit der Nichteuropäer, die Komplexität der Demokratie zu begreifen, und ihrer Vorliebe für Gewalt, Unordnung und Autokratie angesehen wurden (Isakhan 2016: 61).
Die Idee der Demokratie ist durch die Griechen entstanden und wurde dann, mit der Gründung der neuen amerikanischen Republik wieder zum Leben erweckt. Insbesondere nach den Jahren 1945 ist die Demokratie zum politischen Kern geworden, die der Westen dem Rest der Welt anbietet (vgl. Dunn 2005: 13-4). Schieder beschreibt, dass die Ausbreitung der Demokratie sowie verstärkte ökonomische und politische Independenzen dazu führten, dass nach dem zweiten Weltkrieg vermehrt internationale Organisationen entstanden (vgl. 2013: 439). Durch die Verflechtung gab es immer mehr Probleme, die nur gemeinsam bewältigt werden konnten, weswegen die meisten internationale Organisationen im Wirtschafts-, Entwicklungs-, Menschenrechts- und Umweltbereich entstanden (vgl. Zangl/Zürn 2004: 104ff).
Zwar gibt es unterschiedliche Ausprägungen und viele Diskussionen rund um Demokratiekonzepte, doch es lässt sich ein einheitliches Grundverständnis herausarbeiten. Demokratische Systeme sind Repräsentationssysteme die auf der „politischen Selbstbestimmung des Volkes“ (Lembcke 2016: 23) basieren. „Der moderne Begriff einer politischen Nation von Staatsbürgern“ (Benz 2001: 27) ist auf einer Solidargemeinschaft gegründet, was Beteiligungsansprüche erzeugt. Die Regierung übernimmt Verantwortung für ihre Entscheidungen, da die Bevölkerung durch die freie und wiederkehrende Wahl von Repräsentant:innen ihre politische Meinung äußert und die Regierung somit Legitimation erlangt (vgl. Schmitter/Karl 2014: 76f). Die Herrschaftsträger:innen sind durch die Wahl befugt, allgemein verbindliche Entscheidungen zu treffen und durchzusetzen, wobei sie bei der nächsten Wahl ihre Herrschaftsposition neu legitimieren müssen (vgl. Gerhards et al. 1998: 27). Durch dieses System wird versucht autokratische Herrschaftsformen zu vermeiden, eine faire Verteilung von Gewalt und Macht herzustellen sowie eine Plattform zu schaffen, bei der alle Meinungen gehört und Konflikte ausgehandelt werden können (Luckham, Goetz, Kaldor o.J.: 6).
Eisentraut hat wissenschaftlich untersucht, wie Demokratie in den unterschiedlichen Ländern der Weltregionen verstanden wird und sie fand heraus, dass es eine starke Einigkeit in Hinblick auf das Demokratieverständnis gibt. Sie untersuchte dabei die Reformdebatte der Vereinten Nationen und die jeweiligen Reden der Staatschef:innen in Hinsicht auf „Transparenz, Repräsentation, Effektivität, Rechenschaftspflicht, Gleichheit, Dialog und Legitimität“ (Eisentraut 2016: 155). Eine mögliche Erklärung liegt ihrer Meinung nach
im Akteursfokus dieser Studie. Durch grenzüberschreitende soziale Interaktion erzeugte ‚kulturelle Harmonisierung‘ (Wiener 2009: 190) ist vor allem unter gesellschaftlichen Eliten zu erwarten (siehe auch Deutsch 1953). Demnach dürfte die Einigkeit über den Demokratiebegriff stark nachlassen, wenn wir die Ebene transnational gut vernetzter und oft ‚westlich gebildeter‘ Eliten verlassen und Bevölkerungsschichten in den Blick nehmen, die stärker in ihren jeweiligen nationalen und regionalen Kontexten und den dort vorherrschenden Konzeptualisierungen verankert sind (Hooghe und Marks 2009: 14; siehe auch der Beitrag von Fuchs und Roller in diesem Band) (Eisentraut 2016: 161).
Dies unterstützt die Annahme, dass eine dominierende Vorstellung von Demokratie im internationalen Kontext vorzufinden ist, die sich mit der historisch gewachsenen hegemonialen Stellung des Westens erklären ließe.
2. METHODE
Die Auswahl der drei Organisationen, deren jeweilige Vision für die Region Lateinamerikas hier untersucht werden soll, erfolgte in zwei Schritten. Zunächst wurden in Bezug auf die Selbstdefinition und Handlungsbereiche unterschiedliche Organisationen[3] ausfindig gemacht, die sich in ihrer täglichen Arbeit mit der Region Lateinamerika beschäftigen. Mit der Region Lateinamerika befasste Organisationen in diesem Sinne sind z.B.: politische Stiftungen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs), wirtschaftliche Vereinigungen, internationale Organisationen, kirchliche Hilfswerke und wissenschaftliche Zusammenschlüsse. In einem zweiten Schritt wurden drei Organisationen ausgewählt, die unterschiedliche Ziele und Zwecke erfüllen, nicht aus der gleichen Gruppierung stammen und sich für ein Interview bereiterklärten. Untersucht wurden somit eine politische Stiftung, ein katholisches Hilfswerk und eine internationale Organisation[4]. Die Unterschiedlichkeit der Organisationen ermöglicht es nicht nur Gemeinsamkeiten und Unterschiede ihrer Visionen im Hinblick auf die Region Lateinamerika zu untersuchen, sondern auch zu fragen wie sich die Visionen mit der Rolle der Organisation im politisch/gesellschaftlichen System erklären lässt und dadurch eine sozial konstruierte Realität entsteht.
Alle drei Organisationen präsentieren ihre Arbeit im WWW durch eigene Websites. Der erste Untersuchungsschritt bezog sich auf die Frage nach der Selbstdarstellung der Organisationen so, wie es sich aus ihren Internetseiten herauslesen lässt. Vor dem Hintergrund dieser Selbstbilder erfolgte dann die Gestaltung der Expert:inneninterviews, dabei wurden zwei digital geführt und eines in persona. Beim katholischen Hilfswerk sprach ich mit dem Leiter der Abteilung für Bildung, bei der politischen Stiftung mit der Regionalleiterin für das Referat Lateinamerika und Karibik und bei der internationalen Organisation mit dem Executive Direktor.
Die Einstiegsfrage war immer „Welche Vision hat ihre Organisation für Lateinamerika?“. Informationen hierzu ließen sich bereits auf den jeweiligen Internetseiten finden, ebenso wie Informationen zu den Herangehensweisen, um die selbstdefinierten Visionen zu erfüllen. Diese Frage war Teil des Interviews, um herauszufinden, welche Schwerpunkte die jeweiligen Expert:innen setzen. Die Gespräche wurden transkribiert und die gewonnenen Informationen wurden in Protokollen festgehalten. Die Aussagen der Interviews wurden anschließend verdichtet und in drei Kategorien unterteilt, welche in Form konzentrischer Kreise ihre Darstellung fanden (siehe Abbildung 2). Aus den Interviews ergaben sich grundlegende Werte und Normenkonzepte, die maßgeblich zu der Konfiguration der Vision beitragen, ebenso wie soziale Praktiken, zur Umsetzung der Werte. Die Inhalte der Kreise setzen sich demnach wie folgt zusammen:
1) der innere Kreis: Die Werte, die die Grundlage der Vision bilden
2) der mittlere Kreis: der die daraus resultierende soziale Praxis darstellt
3) der äußere Kreis, der die soziale Konstruktion der Interviewpartner:innen von Lateinamerika wiederspiegelt.
Bei der Erstellung der konzentrischen Kreise ergaben sich bestimmte Vergleichskategorien, wie Partnerschaftlichkeit und Zusammenarbeit, Demokratie sowie Wirtschaft. Für die Auswertung wurde sich beispielhaft auf die Kategorie der Demokratie konzentriert. Sie wurde ausgewählt, da sie aufzeigt, dass die drei Organisationen ähnliche Kernwerte aufweisen, aber unterschiedliche Sichtweisen darauf haben, die von ihrer Perspektive auf die Region beeinflusst werden. Bei der Analyse kann außerdem nicht hinreichend auf alle Kreiselemente eingegangen werden, da der Rahmen dieser Arbeit limitiert ist.
Abbildung 2: Analysekriterien (eigene Darstellung)
Abschließend sei noch hinzugefügt, dass diese Arbeit sich nicht zum Ziel setzt, Aussagen über die untersuchten Organisationen moralisch zu bewerten. Vielmehr geht es um die Herausarbeitung eines Diskurses über Lateinamerika und seine Einbettung in eine wissenschaftliche Diskussion, es geht um die sprachliche Konstruktion von Vorstellungen über die lateinamerikanische Wirklichkeit im Sinne von Berger/Luckmann.
Während des Forschungsprozesses stellte sich für mich heraus, dass das Thema vom Umfang her das Potential gehabt hätte, ein Thema für eine Masterarbeit zu sein, weswegen, um den Rahmen zu wahren, nicht auf alle relevanten Aspekte in dieser Arbeit eingegangen werden konnte und sie teilweise sehr oberflächlich bleibt. Mir selbst fiel es sehr schwer, diese Arbeit zu verfassen – insbesondere aufgrund der Größe des Themas und des vielen Datenmaterials, das sich aus den Interviews ergab. Die Interviewführung in einer Sprache, die nicht meine Muttersprache ist, stellte eine zusätzliche Hürde dar – sowohl bei der Transkription als auch bei der Auswertung. Bei der Auswertung fiel mir zusätzlich auf, dass ich an manchen Punkten noch spezifischer hätte nachfragen können. Deswegen halte ich es für sinnvoll, bei meinen nächsten Interviews (falls überhaupt möglich) mehrere Termine mit den Interviewpartner:innen auszumachen, um etwaige Rückfragen stellen zu können und dadurch eine fundiertere Grundlage für die Analyse zu haben. Bevor ich die Personen interviewte, nahm ich mir außerdem vor, offene Interviews zu führen. Bei der Durchführung fiel mir jedoch auf, dass ich fast immer die gleichen Fragen stellte und eigentlich eher Leitfadeninterviews durchführte, was mich in meiner Flexibilität hinderte. Dies möchte ich beim nächsten Mal vermeiden.
In Anschluss an diese Arbeit besuchte ich zudem Seminare, welche mir bei der Erstellung der Fragen im Vorfeld von den Interviews geholfen hätten - sowohl methodisch als auch inhaltlich. Ich nehme aus diesem Prozess mit, dass ich beim nächsten Mal schon zu Beginn der Forschung ein klareres Design erstellen sollte, um das Thema weiter einzugrenzen und spezifischere Fragen stellen zu können. Durch einen anstehenden einjährigen Aufenthalt in Mexiko erhoffe ich mir, mein Sprachniveau dahingehend zu verbessern, dass ich mich sicherer bei der Interviewführung auf Spanisch und der Analyse des Datenmaterials fühle.
3. VORSTELLUNG DER DREI ORGANISATIONEN UND ANALYSE
Die drei Organisationen haben unterschiedliche Entstehungsgeschichten und Handlungsräume geschaffen, in denen sie sich bewegen und die ihr Auftreten und ihre Äußerungen und Visionen maßgeblich beeinflussen. Diese gilt es im nächsten Schritt (auszugsweise) darzustellen. Alle Interviewpartner:innen sind anders an die Fragestellung herangegangen. Bei dem katholischen Hilfswerk ist die langfristig ausgelegte Vision so zentral, dass sie Teil des Namens bildet und sehr präzise in einem Satz formuliert werden kann. Die Vision ist eng mit christlichen Werten verbunden. Bei der politischen Stiftung wurden fünf unterschiedliche Visionen erkannt, die sehr konkret formuliert wurden und der progressiven Selbstdefinition entspringen. Der Vertreter der internationalen Organisation sieht die Vision für die Region Lateinamerikas in den internationalen Verträgen niedergeschrieben, die unter den Partnerländern unterzeichnet wurden. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass es auch abweichende Visionen von der von ihm angenommenen Dominanten gibt. Bei der Auswertung hat sich gezeigt, dass Demokratie, Sozialstaatlichkeit, Menschenrechte, Freiheit und Frieden Kategorien sind, die sich bei allen überschneiden.
Abb. 3: Eigene Darstellung. Werte-Kreis
Im weiteren Verlauf werden die drei ausgewählten Organisationen vorgestellt und die Äußerungen der Interviewpartner werden in den Entwicklungsdiskurs eingeordnet.
3.1 Katholisches Hilfswerk
Aus dem Interview ging hervor, dass das katholische Hilfswerk ein Verantwortungsbewusstsein den in Lateinamerika lebenden Menschen gegenüber empfindet:
Also die Kirche zieht sich nicht zurück in ihren „inner circle“ sondern sagt, wir nehmen als Kirche Verantwortung für die Menschen wahr bzw. machen uns stark, dass Menschen sich verantwortlich fühlen, nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Anderen.
Diese Verantwortung bezieht sich nicht nur auf die Veränderung der Lebensbedingungen der Menschen in Lateinamerika, sondern beinhaltet ebenfalls das Hinterfragen der eigenen Lebensweise in Deutschland. Als Beispiel hierfür wird von dem Interviewpartner das Lieferkettengesetz angebracht:
Wir hier als Mitglieder unserer Gesellschaft haben eine Verantwortung dafür, wie Arbeitsbedingungen in Lateinamerika aussehen. Wir können da nicht so tun als sei es egal wie die Menschen dort arbeiten müssen, um dann auch Produkte nach Europa exportieren zu können. […] Und in der Begegnung mit der Wirklichkeit in Lateinamerika erleben wir, dass es auch für uns bedeutet, unseren Lebensstil zu hinterfragen, dass wir unsere politischen Optionen hinterfragen müssen. Stichwort Lieferkettengesetz. Stichwort Internationale Handelsbeziehungen. Stichwort Menschenrechtskampagnen usw.
Aus diesem Zitat geht hervor, dass der Vertreter der Organisation die wirtschaftlichen Dependenzen zwischen Europa und Lateinamerika erkennt und als problematisch betrachtet. Der daraus folgende Schluss ist jedoch nicht, dass die lateinamerikanischen Länder als alleinige Verursacher konzeptualisiert werden, die eine Lösung dafür finden müssen, sondern Europa in die Verantwortung gezogen wird, da die europäischen Länder von dieser Dependenz profitieren. Die europäische bzw. deutsche Gesellschaft über diese Abhängigkeit aufzuklären sieht der Vertreter der Organisation als wichtig an und es bildet Teil seines Verantwortungsverständnisses (Interview 1). Zusätzlich erwähnt er, dass die Ressourcen dafür begrenzt sind, jedoch mit anderen Organisationen Netzwerke gebildet werden.
Neben der Verantwortung ist ein weiterer zentraler Bestandteil die Theologie der Befreiung, die im engen Zusammenhang mit Freiheit und Gerechtigkeit gesehen wird. So sagte der Leiter der Abteilung für Bildung des katholischen Hilfswerks:
Das heißt im Glauben der Kirche geht es um die Befreiung der Menschen aus Unrechtsituationen, weil sie aus der Perspektive, aus der Glaubensperspektive sagen, dass Menschen eben, wie das bei […] [dem katholischen Hilfswerk] auch heißt, auf das Reich Gottes hinleben und dieses Reich Gottes soll jetzt eben schon Wirklichkeit werden.
In dem Interview spricht der Experten des Öfteren von „Unrechtsstrukturen“ der „Unrechtssituation in Lateinamerika“ sowie „Unterdrückungs- und Repressionsmechanismen“ (Interview 7.1: Z. 44ff), immer im Konzept mit der Theologie der Befreiung. Es geht ihm darum, Verantwortung für „Menschenrechte, für die Freiheit im politischen Sinn aber dann auch im ökonomischen Sinn“ (Interview 1) zu übernehmen.
Die Freiheit des Menschen wird als zentraler Punkt angesehen, da befreite Menschen eine andere Perspektive und neue Möglichkeiten erfahren und schaffen können.
Also im christlichen Sinn ist ja ein freiheitsliebender Mensch, ein befreiter Mensch der auch nochmal eine Perspektive hat, die über einen Hinausgeht. Also da gibt es ja auch noch ganz viele Verknüpfungen, wie man vom Freiheitsbegriff, vom Gerechtigkeitsbegriff dann auch, wie sich der weiterentwickelt hat, auch in die aktuelle Situation.
Diese Aussage macht deutlich, dass der Interviewpartner nicht davon ausgeht, dass es eine korrekte Definition der Begrifflichkeiten gibt, sondern, dass diese dynamisch und sozial konstruiert sind und sich demnach im Laufe der Zeit verändern können.
Neben dem Verantwortungsgedanken und der Freiheit des Menschens soll eine gesellschaftliche Teilhabe für alle geschaffen werden. So sieht der Vertreter des katholischen Hilfswerks die Aufgabe der Organisation darin, sich
stark [zu] machen dafür, dass die Menschen in Lateinamerika eine Perspektive bekommen, dass vor allem die Armen, Ausgegrenzten und Marginalisierten teilhaben an der gesellschaftlichen, ökonomischen und kulturellen Entwicklung des Landes.
Dies zeigt, dass das Hilfswerk ein besonderes Verantwortungsbewusstsein für bestimmte gesellschaftliche Gruppen hat und diese dabei unterstützen möchte, dass sie ohne Einschränkungen am Leben teilhaben können. Er sagt nicht, dass die Personen sich an westlichen Standards orientieren sollen, sondern, dass sie an der „der gesellschaftlichen, ökonomischen und kulturellen Entwicklung des [eigenen] Landes“ teilhaben sollen. Demnach wird die Situation der betroffenen Personen in den jeweiligen Lebenskontext eingebunden.
Daraus ergibt sich die Vision des Hilfswerks, die ebenfalls im Namen verankert ist. Das Reich Gottes soll für die Menschen in Lateinamerika geschaffen werden:
In unserem Namen ist unsere Vision versteckt, ausgedrückt, enthalten. Unser Logo heißt: [Name der Organisation] für die Menschen in Lateinamerika. [Name der Organisation] ist ein lateinisches Wort und bedeutet, aus der zweiten Vater-Unser-Bitte, „dein Reich komme“ für die Menschen in Lateinamerika. Das ist der erkennbare Rahmen für den wir als [Name der Organisation] Mitarbeitende hier in Deutschland unterwegs sind.
Im Gegensatz zu der oben genannten Länderspezifität spricht der Experte an dieser Stelle von der gesamten Region Lateinamerikas, für die das Reich Gottes Realität werden soll. Die Mitarbeitenden der Organisation in Deutschland sehen sich als befähigte Personen an, die in der Region lebenden Menschen dahingehend zu unterstützen.
Um dies zu erreichen, sammelt das Hilfswerk Spenden in Deutschland. Für die Auswahl der zu unterstützenden Projekte in Lateinamerika gibt es bestimmte Richtlinien, wie beispielsweise eine Armenorientierung und eine kirchliche Verknüpfung (vgl. Interview). Die Akquisition von Geldern ist ein Teil der Inlandsarbeit, ebenso wie die Bildungsarbeit und die Verknüpfung mit anderen kirchlichen Trägern. Durch die Bildungsarbeit soll erreicht werden, dass die eigene Lebenswirklichkeit auf Basis des gewonnen Wissens durch die Zusammenarbeit mit Lateinamerika hinterfragt wird.
Zu der Auslandsarbeit zählt die Zusammenarbeit mit Partner:innen in Lateinamerika, die einen Antrag zur Förderung eines Projektes stellen. Die Überprüfung des Antrags und ggf. seine Bewilligung wird von Expert:innen in Deutschland durchgeführt, die aus dem kirchlichen Kontext kommen. Die Kriterien für die Auswahl der Förderprojekte richten sich dabei nach den allgemeingültigen Standards der Entwicklungszusammenarbeit, wie der Experte im Interview sagte. Zudem sagte er: „Wir sind überzeugt, dass wir auf Augenhöhe mit unseren Partner:innen in Lateinamerika kommunizieren wollen und auch ein solches Bild hier in Deutschland und solche Erfahrungen hier vermitteln wollen“ (Interview 1). Es wird bewusst in der Kommunikation darauf geachtet „das Gefühl einer Überlegenheit“ und „Mitleidserzeugung in Deutschland“ zu vermeiden (Interview 1). Denn das Ziel ist nicht, dass „der entwickelte Europäer dem unterentwickelten Südamerikaner hilft“ (Interview 1). Den Armen soll ermöglicht werden, „eigenständige Prozesse von Projektentwicklung und Beteiligung“ zu erlangen (Interview 1). Mit dieser Aussage distanziert sich der Interviewpartner klar von der Modernisierungstheorie, in der davon ausgegangen wird, dass es nur den einen richtigen Entwicklungspfad gibt, den alle Ländern befolgen müssen. Vielmehr legt er Wert auf die Beteiligung der lokalen Personengruppen, damit sie sich selbst und ihre Vorstellungen einbringen können.
Lateinamerika wird von dem Leiter der Abteilung für Bildung des katholischen Hilfswerks als Kontinent beschrieben, der „stark geprägt ist von Gegensätzen, von Herausforderungen sozialer Art, ökologischer Art, kultureller Art und so weiter“ (Interview 1). Insbesondere die Armut und Ungleichheit wird von dem Hilfswerk thematisiert. Armut bedeutet dabei laut dem Leiter der Abteilung für Bildung:
Also Armut ist nicht nur die ökonomische Armut, das Fehlen von ökonomischen Ressourcen, sondern Armut in einem umfassend verstandenen Sinn bedeutet Marginalisierung, Ausgrenzung von Menschen an der Möglichkeit teilzuhaben am gesellschaftlichen Leben. Und das drückt sich eben ökonomisch aus, kulturell aus, sozial aus. Also Armut bedeutet dann eben die Ausgrenzung von indigenen Gruppen. Armut bedeutet die Verweigerung von Bildungschancen und Gesundheitschancen. Armut bedeutet die Verweigerung von Gesundheit und Umwelt, die genutzt werden kann. Armut bedeutet eben die Perspektive, nicht eine eigene kulturelle Identität zu entwickeln.
An dieser Stelle distanziert er sich erneut von einer ausschließlich ökonomischen Sichtweise auf die Welt und integriert weitere sozio-kulturelle Dimensionen.
Neben der Armut in Lateinamerika werden außerdem politische Krisen vom Interviewpartner angesprochen:
Denken Sie an den Bürgerkrieg oder die Unruhen in Kolumbien, den Friedensprozess der in Kolumbien läuft. Denken Sie an die Situation in Venezuela. Denken sie an die Möglichkeiten auf Kuba auch auf die Frage von Ungerechtigkeit in Haiti. Also da sind ja auch viele Faktoren, gesellschaftliche Konflikte, die sich auch auf unsere Partner und deren Projekte durchschlagen und die eine riesengroße Herausforderungen darstellen. Was machen die in solchen Konfliktsituationen, z.B. in Kolumbien, wo die Kirche sich sehr stark eingesetzt hat für den Friedensprozess. […] Das betrifft natürlich die gesamte Situation der Kirche vor Ort und da unterstützen wir dann solche z.B. Friedensprozesse, Friedensarbeit, Menschenrechtsarbeit, also Freiheitsarbeit.
Ferner wird darauf eingegangen, dass sich die gesellschaftlichen Krisen auch in der Kirche abbilden:
Gerade im katholischen Kontext, also im gesellschaftlichen Kontext auch, aber auch im kirchlichen Kontext gibt es ja Krisenerfahrungen, die im Grunde in der gesamten Kirche, nicht nur in Lateinamerika, auch im katholischen Kontext bearbeitet werden müssen.
Die Kernpunkte des Interviews über das katholische Hilfswerk sind in Abbildung 1 zusammengefasst.
Abb. 4: Eigene Darstellung auf Basis des Interviews mit dem Leiter der Abteilung für Bildung des katholischen Hilfswerks
3.2 Politische Stiftung
Die politische Stiftung erhält ihre finanziellen Mittel aus öffentlichen Haushalten,
‚wobei bei den staatlichen Mitteln die Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt mit rund 90 % die herausragende Rolle spielen‘ […] Der bei weitem größte Teil der übrigen öffentlichen Finanzmittel fließt den Stiftungen für deren entwicklungspolitische Arbeit aus dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu (Lepszy 2022).
Die Stiftung wurde vor dem zweiten Weltkrieg gegründet, nahm jedoch erst danach „ihre Arbeit wieder auf und dehnte […] ihre Tätigkeit verstärkt auf die Bereiche der politischen Bildung und der Pflege internationaler Beziehungen aus.“ (Bundeszentrale für politische Bildung 2019) Als Vorteil der politischen Stiftungsarbeit sieht von Vieregge, dass sie einen „größeren Handlungsspielraum schaffen können als internationale und staatliche Träger, ohne jedoch völlig losgelöst von den Grundsätzen offizieller staatlicher Entwicklungspolitik zu agieren“ (1977: 63). Ein besonders Merkmal von politischen Stiftungen ist, dass sie politischen Parteien nahestehen und damit die weltanschauliche Position ebendieser Parteien übernehmen (vgl. Böhler 2005: 7). Pascher benennt die Aufgabe von politischen Stiftungen als eine Art „Nebenaußenpolitik“ der Parteien (2002: 16). Ihnen wird einerseits eine Komplementärfunktion zugeschrieben, was bedeutet, dass sie die offizielle Außen- und Entwicklungspolitik ergänzen. Zudem haben sie auch eine Gestaltungsfunktion, indem sie Konzepte selbst mitentwickeln und einbinden. Sie sind ein weltweit einzigartiges Instrument für „auswärtige […] `politische […] Hilfe“ (Pascher 2002: 17). Demokratieförderung wird von ihr ebenfalls zentraler Bestandteil der politischen Stiftungen benannt. Die „Unterschiede in den Projekten der einzelnen Stiftungen liegen vor allem in der Partnerwahl begründet, die wiederum durch die ideelle Nähe zur Herkunftspartei oder deren thematischen Schwerpunktsetzung erfolgt“ (Pascher 2002: 59). Sie sollen in den „unterentwickelten Ländern […] Eliten und gesellschaftspolitische Multiplikatoren […] [fördern], die zur Etablierung demokratischer Strukturen beitragen sollen“ (Pascher 2002: 59). Diese Partner, oft „(politische […] Eliten fremder Nationen“ (Pascher 2002: 77) bilden ein Vertrauenskapital, welches durch die langjährige Präsenz vor Ort aufgebaut wurde und auf persönlichen Kontakten beruht.
Die Interviewpartnerin sagte über ihre Stiftung:
Also wir sind ja eine […] Stiftung, eine Stiftung, die sich der sozialen Demokratie nahe fühlt und das heißt, dass Freiheit, Solidarität, soziale Gerechtigkeit - dass das natürlich Werte sind, die wir in Europa aber auch in Lateinamerika anstreben und umsetzen wollen.
Hier wird bereits deutlich, dass der sozialen Praxis der Stiftung in Lateinamerika ein klares Wertekonstrukt zugrunde liegt, welches dem der Stiftung nahestehenden und in Deutschland ansässigen Partei gleich ist.
Diese Werte bilden auch die Grundlage für die Visionen, die sich aus dem Interview ergaben. Insgesamt wurden 5 Visionen benannt. Als Erstes wurde die soziale Gerechtigkeit angeführt:
Aber konkret, also was wäre jetzt unsere Vision für Lateinamerika? Dass Lateinamerika ein Kontinent ist, auf dem es gerechter zugehen sollte […] Und gerade als […] Stiftung wäre unsere Vision, dass es eben eine stärkere Gerechtigkeit in diesem Sinne gibt und die Schere zwischen Arm und Reich nicht immer weiter zunimmt. […] Dazu gehört für uns auch eine Vision von starken und kompetenten Gewerkschaften, von sozialen Sicherungssystemen, wie wir sie eben aus Europa kennen und natürlich auch ganz wichtig, die Geschlechtergerechtigkeit.
Anhand dieses Zitats wird deutlich, dass Europa als Vorbild gesehen wird und die Arbeit der Stiftung in Lateinamerika dazu beitragen soll, dass sich die Institutionen dort auf den gleichen Entwicklungspfad begeben. Es lässt sich eine an der Modernitätstheorie angelegte Denkrichtung erkennen. Im Gegensatz zum katholischen Hilfswerk wird außerdem herausstellen, dass hier ausschließlich von einer ökonomischen Definition von Armut ausgegangen wird.
Als zweites ging die Interviewpartnerin auf die demokratischen Strukturen ein
Natürlich denken wir bei unserer Vision auch an einen demokratischen Kontinent. […] Wir würden uns einfach auch in Lateinamerika besser funktionierende demokratische Institutionen vorstellen. Was für uns dabei auch ganz wichtig ist, sind gut funktionierende progressive Parteien, die sich auch für junge Menschen und für Frauen stärker öffnen.
Die Interviewpartnerin spricht von „besser funktionierenden demokratischen Institutionen“ (Interview 2), womit einhergeht, dass die demokratischen Institutionen in den lateinamerikanischen Ländern als nicht funktionieren angesehen werden und ihnen geholfen werden soll. Dieser Aussage liegt eine bestimmte Demokratiedefinition zugrunde, die sehr stark von der westlichen Sichtweise geprägt ist. Dennoch erkennt die Interviewpartnerin an, dass es auch andere Formen der Demokratie gibt. So nannte sie zum Beispiel einen von der Stiftung organisierten „Tag der Demokratie“ und sagte weiter: „Alle reden immer von einer Krise der Demokratie aber die Demokratie ist lebendig […] sie drückt sich eben nur einfach anders aus in Lateinamerika und zwar stärker über soziale Proteste als über Wahlen“. Trotz der Wahrnehmung dieser unterschiedlichen Ausprägung von Demokratie soll dennoch eine bessere Institutionalisierung herbeigeführt werden.
Die dritte Vision thematisiert die Gewalt auf dem Kontinent:
Dann unsere dritte Vision wäre ein Kontinent ohne Gewalt oder mit weniger Gewalt. […] Unsere Vision ist eben auch ein bisschen diesen gesamten Gewalt-, Sicherheitsbereich, dass man einen holistisch gesamtheitlichen Ansatz sieht und nicht immer nur die Gewalt an sich bekämpft, sondern auch die Ursachen der Gewalt.
Wie von Isakhan (2016 :61) beschrieben werden an dieser Stelle Schuldzuweisung für die schlechte Lebenssituation der Personen in Lateinamerika auf die internen Strukturen der jeweiligen Länder zurückgeführt, wie beispielsweise die Ursachen der hohen Gewaltrate, die es gilt zu minimieren.
Die vierte Vision bezieht sich auf eine nachhaltige Wirtschaft:
Also das heißt eine Wirtschaft die nicht nur, oder hauptsächlich, darauf basiert, natürliche Rohstoffe auszubeuten, der sogenannte Extraktivismus, sondern dass es auch Alternativen gibt, die eben nicht den Raubbau an der Natur so ausreizen. Gleichzeitig eben auch dieses sehr stark auf den Export nach Europa oder auch nach China und USA fokussierte Entwicklungsmodell eben nochmal, ja, hinterfragt wird, anders entwickelt werden kann.
Ebenso wie der Experte des katholischen Hilfswerks geht auf die Expertin der politischen Stiftung auf den Extraktivismus und die wirtschaftlichen Dependenzen ein. Anders als der Bildungsleiter des Hilfswerks sieht sie jedoch nicht hauptsächlich die westlichen Staaten in der Pflicht, ihr eigenes Verhalten zu hinterfragen. Sie sieht in dem Extraktivismus ein Entwicklungsmodell für die Lateinamerikanischen Länder, welches es zu hinterfragen gilt.
Bei der fünften Vision geht es um die internationale Zusammenarbeit:
Und schließlich der letzte Punkt, ist, dass wir eine Vision haben für eine Region die noch stärker zusammenarbeiten, die noch stärker integriert ist, in der es starke und demokratische, regionale funktionierende Organisationen gibt, wo eben nicht Entlang von politischen Fronten überhaupt keine Kooperation mehr zustande bekommen. Sondern, dass die Region eben auch viel stärker gemeinsam auftreten kann.
An dieser Aussage wird deutlich, dass die regionalen Organisationen nicht als funktionsfähig erachtet werden, da aus ihrer Sicht keine Kooperationen durch verhärtete politische Fronten entstehen kann. Diese Aussage lässt sich in den gleichen Kontext bringen wie jene, in dem es über die Gewalt in Lateinamerika ging. Die dortigen Strukturen werden abgewertet und als nicht funktionsfähig eingestuft – wie in diesem Fall die unterschiedlichen politischen Einstellungen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese fünf Visionen der politischen Stiftung nicht nur für Lateinamerika gelten, sondern auch für Deutschland und Europa, so wie es die Interviewpartnerin direkt zu Beginn des Gesprächs sagte
Ja, genau also ich fand die Frage sehr schön, weil man einfach dadurch auch ein bisschen mehr sieht, wie man sich eigentlich diesen Kontinent idealerweise vorstellt. Und erstmal würde ich sagen, dass ich diese Vision, die wir für Lateinamerika haben, nicht groß unterscheidet von der Vision, die wir auch für Deutschland und Europa haben.
Später im Interview sagte sie
es ist vielleicht auch etwas eurozentristisch, dass ich mir irgendwie vorstelle, dass Lateinamerika sowie Europa sein sollte in einem Idealzustand. […] Die Problemanalyse würde sehr unterschiedlich ausfallen, aber da, wo wir hinwollen, das ist das Gleiche. […] Also da denke ich schon, dass wir, dass das was ich gerade am Anfang sagte, als Organisation die eben für die Werte der sozialen Demokratie eintritt, streben wir eigentlich überall auf der Welt an, dass es gerechter zugeht, dass die Menschen in Einheit und Frieden leben können, dass es Solidarität gibt auf internationaler Ebene [sic].
Ebenso wie beim katholischen Hilfswerk gliedert auch die politische Stiftung ihre Arbeitsbereiche in die der Inlands- und der Auslandsarbeit. Die Inlandsarbeit findet in Deutschland statt und hat das Ziel, gemeinsam mit Gästen aus Lateinamerika öffentliche Diskussionen anzustoßen. Dies wird mithilfe von gemeinsamen Veranstaltungen getan (vgl. Interview 2).
Hier in Berlin spiegelt sich das in unserer täglichen Arbeit soweit wider, als dass wir unsere Rolle hier so verstehen, als dass wir eben genau diese Vision, die wir für Lateinamerika haben, propagieren und in die Öffentlichkeit, in den öffentlichen Diskurs bringen wollen.
Gleichzeitig hat die politische Stiftung aber auch eine politische Aufgabe inne
Weiterhin sehen wir unsere Rolle eben auch ganz stark darin, dass politische Umfeld, also […] Politiker:innen aus dem progressiven Umfeld zu beraten, die Beziehungen versuchen zu stärken, eben zwischen Akteuren hier und Akteuren in der Region. Also wir verstehen uns hier durchaus als Sprachrohr für die Interessen progressiver Akteure in Lateinamerika aber auch als Mittler und als Brücke zwischen progressiven Akteuren in Lateinamerika und hier.
Das Bild der Brücke soll vermitteln, dass es sich um einen gegenseitigen Austausch handelt und die Projekte nicht von oben herab auf die Menschen gestülpt werden. Das Brückenbild ist dabei besonders spannend, denn eine Brücke muss erst gebaut werden und verbindet zwei Seiten, die vorher nicht verbunden – oder zu mindestens nicht so leicht erreichbar – waren. Beim Brückenbau gibt es immer das Problem des Anfangens. Wer initiiert den Brückenbau, wer finanziert ihn und wer übernimmt die Projektleitung? Der Zugang zu der der Brücke ist ebenfalls ein wichtiger Punkt der beeinflussen kann, wie viele Menschen die Brücke nutzen und von ihr wissen (vgl. Klein 2014).
Die Expertin wies ebenfalls darauf hin, dass sich die Organisation als „Sprachrohr für die Interessen progressiver Akteure in Lateinamerika und als Mittler, als Brücke zwischen den progressiven Akteuren in Lateinamerika und hier“ (Interview 2) sieht. Hier wird deutlich, welchen Personen Zugang zu der Brücke gewährt wird und welchen nicht. Als Partner:innen werden Gewerkschaften, aber auch Abgeordnete, Politiker:innen und progressiven Personen gesehen (Interview 2). Es wird vermehrt darauf hingewiesen, dass es sich immer um einen „Dialog“ (Interview 2) handelt. So wird versucht, gemeinsam mit den Partner:innen die Vision zu erreichen (Interview 2). Anhand dieser Formulierung ist zu entnehmen, dass die Vision bereits definiert ist und die Partner:innen ausschließlich an der Umsetzung beteiligt werden. Später im Gespräch wurde der „sehr starker partnerschaftlicher Ansatz“ nochmal hervorgehoben und gesagt:
Wir entwickeln unsere Arbeit gemeinsam mit unseren Partnern, mit Akteuren vor Ort. Also wir verstehen uns nicht als Teil der klassischen Entwicklungshilfe […] Unser Ansatz ist nicht zu sagen, wir haben jetzt die besseren Ideen. […].
Es wird darauf hingewiesen, dass sich die Organisation die Vision nicht alleine ausgedacht hat, sondern dafür Partner:innen suchte, die die gleichen Werte und die Vision teilen (ebd. Z. 87). Diese Partner gilt es zu unterstützen und sich mit ihnen zu vernetzen. Als herausfordernd bei der Umsetzung der Vision wird herausgestellt, dass es wichtig ist „die richtigen Leute zu kennen beziehungsweise, dass die richtigen Leute das (Anmerkung der Autorin: die Umsetzung der Vision) auch wollen“ (Interview 2) müssen. Es zeigt sich, dass zwar eine Zusammenarbeit mit Personen und Organisationen vor Ort besteht, aber das die eigene Definition der Vision und die eigenen Werte als Grundlage dienen, um ebendiese Partner:innen auszuwählen. Den Parnter:innen wird dabei eine Interessensidentität unterstellt. Es geht um strategische Partnerschaften die dazu beitragen sollen, die selbst definierten Ziele wahr werden zu lassen. Im Gegensatz zu dem katholischen Hilfswerk wird hier nicht davon gesprochen, dass die eigenen Lebensweisen und Präferenzen aktiv im Austausch mit den dortigen Akteuren hinterfragt werden.
Abb. 5. Eigene Darstellung auf Basis des Interviews mit der Leiterin des Referats Lateinamerika und Karibik der politischen Stiftung.
3.3 Internationale Organisation
Eine internationale Organisation ist
definiert als [eine] auf Dauer angelegte politikfeld- spezifische und -übergreifende zwischenstaatliche Institution […] mit eigenen Organen, deren Einrichtung auf völkerrechtliche Verträge oder privatrechtliche Vereinbarungen zurück geht (Schieder 2013: 439)
Die in diesem Fall untersuchte internationale Organisation fokussiert sich auf die strategische Partnerschaft zwischen Lateinamerika, der Karibik und Europa. Die Entstehungsgeschichte ist lang und reicht von einer mündlichen Übereinkunft im Jahr 1999 hin zu der Benennung als internationale Organisation im Jahr 2019 (vgl. Gründungsdokument). Die Mitglieder sind Vertreter:innen lateinamerikanischer und karibischer Staaten, aber auch Vertreter:innen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) und die EU gehören ihr an (vgl. Website 2022). Die zwei wichtigsten Führungspositionen werden immer aus Repräsentant:innen der unterschiedlichen Regionen besetzt. Wenn das Amt des/der ehrenamtlichen Präsident:in von einem/einer Staatsangehörigen eines EU Staates ausgeübt wird, so wird das Amt des/der geschäftsführenden Direktor:in (vergütet) von einem/einer Vertreter:in eines lateinamerikanischen oder karibischen Staates ausgeführt und umgekehrt. Finanziert wird die Stiftung hauptsächlich von ihren Mitgliedern (vgl. Website 2022).
Gegründet wurde die internationale Organisation mit dem Ziel, die biregionale Partnerschaft zwischen der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC) sowie der Europäischen Union (EU) zu stärken, unter Einbeziehung und Mitwirkung zivilgesellschaftlicher und anderer gesellschaftlicher Akteure. Diese Partnerschaft soll zu gegenseitiger Kenntnis und gegenseitigem Verständnis führen und den Austausch und die Netzwerkbildung verstärken. Zudem fördert die Stiftung Debatten durch „Seminare, Konferenzen, Workshops, Reflexionsgruppen, Kurse, Ausstellungen, Veröffentlichungen, Vorträge, Schulungen, den Austausch von bewährten Methoden und Fachwissen“. Thematisch hat sie sich folgende Aufgabengebiete als Prioritäten gegeben: „Die Hochschulbildung, Wissenschaft, Technologie und Innovation, Nachhaltige, widerstandsfähige und integrative Wirtschaft, Klimawandel, Multilateralismus sowie Forschungsarbeiten und Studien“ (Gründungsdokument).
Bei der Frage nach seiner Vision für Lateinamerika verweist der Executive Direktor der internationalen Organisation auf das Gründungsdokument:
Bueno, en el caso de los organismos internacionales te vas a encontrar con la dificultad que ellos tienen sobre una parte de sus miembros, está previamente caracterizados en sus documentos fundacionales. Entonces no hay otra o que es parte de la existencia de un organismo internacional. Los objetivos de la organización y su mirada qué es América Latina está en el documento de la fundación, ¿sí?
Dies zeigt bereits die Wichtigkeit, die er Vereinbarungen beimisst, die von allen beteiligten Akteuren gleichberechtigt unterzeichnet wurden. Die im Gründungsdokument formulierten Richtlinien können, so der Executive Director, je nach Kontext unterschiedlich ausgelegt werden:
Yo creo que estas líneas y estas guidelines que tiene la organización u otras instituciones internacionales se pueden interpretar identificando cuales son las necesidades dependiendo del contexto, este, que cada uno de los miembros va viviendo en este caso de la organización o los socios de la organización.
Hieran wird deutlich, dass er die Vision nicht als fest umrissen ansieht, sondern als variables Element, das den vorhandenen Rahmenbedingungen angepasst und unterschiedlich interpretiert werden kann. Deswegen geht er im weiteren Verlauf des Interviews auf den Wandel der Beziehungen zwischen Lateinamerika und Europa ein und beschreibt die wirtschaftliche Verflechtung beider Regionen sowie die gemeinsamen und unterschiedlichen Sichtweisen. Als Gemeinsamkeit definiert er die Anwendung von multilateralen Instrumenten und die Zusammenarbeit an globalen Themen:
Donde coinciden todos los países de América Latina, no, no importan las ideologías entre sí y, por lo tanto, pueden coincidir con Europa en la idea de que el orden internacional requiere instrumentos multilaterales en la defensa del multilateralismo. Hay coincidencia de las dos regiones como un conjunto de documentos y procedimientos para tratar los temas globales.
Bei der Ausführung der Gemeinsamkeiten zwischen Lateinamerika, der Karibik und Europa formuliert er auch Visionen der internationalen Organisation. Die erste bezieht sich auf den Klimawandel:
Comparten las declaraciones o principios internacionales establecidos en los protocolos de París, por ejemplo. Una visión común de los temas de cambio climático, no, que es como se dice a lo que los científicos de calentamiento global. […] Eso también es compartido porque tanto América Latina como Europa han firmado todos los protocolos de agendas ambientales.
Hier wird deutlich, dass er seine Vision ganz klar an von beiden Regionen unterschriebenen Verträgen festmacht und diese als legitime Grundlage dafür erachtet. Wie die Arbeit von Eistentraut (2016) zeigt, ist im internationalen Kontext jedoch meistens ebenfalls eine dominante Sichtweise vorherrschend – weswegen es überhaupt zu einer Einigung kommen kann. Durch die geschichtlichen Gegebenheiten und die hegemoniale Stellung des Westens gegenüber den anderen Regionen wird diese meistens als allgemein gültig angesehen. Wie Zangl/Zürn (2004) schreiben, kam es aufgrund von neuen gemeinsamen internationalen Herausforderungen zur Bildung von internationalen Organisationen, da die Überwindung nur gemeinsam gelingen kann und die sogenannten unterentwickelten Staaten wieder eine Relevanz für den Westen bekamen.
Die zweite Vision betrifft die Demokratie:
Comparten una visión común de lo que del concepto de democracia sí, más bien la lógica liberal, elecciones libres, elecciones competitivas, elecciones división de poderes, todas esas cosas también hay una visión compartida. Lo que no quiere decir, no, que ambos hemisferios, en algún momento, nosotros veamos expresiones que no son en ese concepto necesariamente democráticas. Sin embargo, la forma de decirlo, la retórica, se comparte el discurso de la democracia, se comparte el discurso de la defensa de los derechos humanos.
In Bezug auf die Demokratie konzentriert sich der Director der internationalen Organisation auf die Wahlen. Er geht darauf ein, dass in beiden Regionen Diskurse über Demokratie und Menschenrechte geführt werden, ohne dabei eine Wertung (in Bezug auf eine bessere oder schlechtere Demokratie) vorzunehmen. Diesen Diskurs über die gleichen Themen stellt er als positive Gemeinsamkeit dar.
Die dritte Vision ist die einer gemeinsamen Kultur, welche sich aus der Kolonialgeschichte ergibt. Hier weist er jedoch auch auf die kulturelle Diversität hin und die damit verbundenen unterschiedlichen Visionen, die einer dominanten und politisch kommunizierten Vision entgegenstehen:
Tiene que ver con una visión cultural, hay muchas culturas muy diversas, hay una visión cultural relativamente similar como consecuencia de los procesos de colonialización de los europeos en América Latina […]. Hay una visión además de una historia nacional de cada uno de los países, hay una periodización del mundo y en toda la realidad una historia del occidente, lógicas del arte este tipo de clasificaciones que vienen de una, de una, podría ser un entorno civilizatorio común en donde hay muchas diversidades y por supuesto hay en estas diversidades muchas formas de visiones que son contradictorias con las dominantes. Eso es normal en todas partes.
An dieser Stelle geht der Interviewpartner darauf ein, dass aufgrund der Geschichte und der Kolonialisierung eine geteilte Vision in Bezug auf die Kultur entstanden ist. Gleichzeitig thematisiert er die Globalisierung und den damit einhergehenden Austausch. Er spricht aber auch davon, dass verschiedene Visionen in der Welt vorherrschen, die sich den Dominanten entgegensetzen. Diese Aussage, dass er die Komplexität der Welt wahrnimmt, zulässt und nicht davon ausgeht, dass alle Visionen gleich sein müssen. Dies ist auch bei der Religion der Fall.
Además lo del lenguaje, el mismo alfabeto este y puedes meter otras cosas no, algunas que son básicamente estereotipos que la religión y todas esas cosas pero sí hay, sí hay obviamente un conjunto de identidades construidas históricamente del carácter común. Lo que no quiere decir que, este, las dos regiones sean lo mismo porque las necesidades de las sociedades son distintas, no, y también porque la naturaleza de la vida los valores, las creencias, este, no es estéticamente terminadas, es un resultado de la interacción de las personas con su turno. Con su turno material. Entonces hay muchas diferencias. Pero, […] hay muchas más cosas en común en todos los países latinoamericanos que los del oeste asiático.
Er spricht von historisch gemeinsam konstruierten Identitäten, aufgrund derer sich Gemeinsamkeiten gebildet haben. Dennoch sieht er unterschiedliche Bedürfnisse in den Regionen und Ländern, in der Lebensweise der Menschen, den Werten etc. verweist jedoch auch auf Material, welches die Gemeinsamkeiten der lateinamerikanischen Länder herausstellt. In seinen Aussagen spiegelt sich immer das Wechselspiel von Unterschieden bzw. der Differenziertheit von Aussagen über die Realität wieder, aber auch die Herausstellung von Gemeinsamkeiten.
Bei der Darstellung der Situation in Lateinamerika setzt der Interviewpartner diese in den internationalen Kontext und beschreibt, welche Einflüsse die Visionen – insbesondere auf die Wirtschaft – hatte. Ausgelöst durch das internationale Wirtschaftswachstum und eine erhöhte Nachfrage nach Primärgütern benennt er 2010 als Ausgangsjahr für politische Maßnahmen in Lateinamerika, wodurch die extreme Armut verringert wurde. Im Vergleich sieht er die EU als Produzentin von hochwertigen Dienstleistungen und Technologiegütern und Lateinamerika als Produzent von Primärgütern. Die Immobilienkrise 2018 veränderte die wirtschaftliche Lage wieder, politisch rechte Strömungen wurden stärker und eine höhere Fragmentation des Kontinents entstand. Generell sieht der Executive Direktor der Organisation den Kontinent als hochgradig unbeständig, instabil und fragmentiert in Bezug auf die Institutionalität an. Allerdings stellt er heraus, dass es sich um ein Stereotyp von Lateinamerika handelt, da die ganze Welt instabil und konfliktreich ist. Er hebt hervor, dass es in Lateinamerika keine innerstaatlichen Konflikte und keine Massenvernichtungswaffen gibt und, dass in Europa Konflikte vorherrschen, wie in der Ukraine, den Ländern des Maghreb und am Persischen Golf. Auch den Begriff der Krise findet er nicht passend für die Region, da eine Krise bedeutet, dass eine Krise temporär limitiert ist und anschließend wieder einen davor gegebenen Normalzustand erreicht. Stattdessen sagt er:
Pero si tú usas el concepto de crisis para calificar la historia contemporánea de los países de América Latina, ya no estamos hablando de algo transitorio. ¿Qué es lo que tememos? Lo que tenemos son escenarios políticos que están sumamente volátiles, inestables, fragmentados en los términos de la institucionalidad. Sí. Pero tenemos relaciones sociales que son estables, sí, y que están caracterizadas por la asimetría, la desigualdades de la distribuciones de los recursos. Sí. Y la ausencia de elementos centrales de una, de sociedades igualitarias, no, eso tenemos sociedades con una gran división social, no, con una brecha muy grande en términos de acceso a los recursos y sociedades pobres. Sociedades pobres en donde tienes porcentajes importantes de la población que no tiene empleo estable y que no tienen acceso a servicios tan básicos como educación, vivienda, salud, no. Con una infraestructura frágil. Y hay otras sociedades de esta naturaleza, incluso las sociedades más prósperas latinoamericanas, no, en términos de producto, en término de bruto per capita, no están de graves problemas de pobreza. Sí. Esto obviamente tiene un correlato que es político y ahí tienes efectivamente instituciones que están constantemente asociadas y en algún momento, en el caso de unos países, son frágiles. Pero, ¿con qué comparas América Latina?
Die Frage am Ende zeigt die Wichtigkeit, die er den Vergleichsregionen beimisst, weil diese einen Einfluss auf die Ergebnisse des Vergleichs haben. So zeigt er auf, dass in anderen Regionen in der Welt Krisen vorherrschen.
Diese und weitere Ergebnisse des Interviews sind in Abbildung 3 zusammengefasst:
Abb. 6: Eigene Darstellung auf Basis des Interviews mit dem Executive Direktor der internationalen Organisation
4. FAZIT
Obwohl eine Vision etwas ist, das noch nicht Realität geworden ist, hat ihr Dasein in der Vorstellung der Menschen Auswirkungen auf ihre sozial gelebte Praxis, wie sich anhand der Beispiele gezeigt hat. Die jeweiligen Organisationen kreieren die Vision basierend auf ihren Wissensbeständen. Denn nur das, was wir wissen, können wir Gedanken werden lassen. Durch die jeweilige soziale Praxis und die dadurch geschaffene Umwelt, mit der interagiert wird, festigt sich diese Wissensbestände. Sowohl das katholische Hilfswerk als auch die politische Stiftung sind Organisationen, die in Deutschland entstanden sind und alle drei Organisationen wurden kurz nach Ende des zweiten Weltkriegs gegründet bzw. neu ausgerichtet. Die Einbeziehung der historischen Komponenten ist wichtig, da dies ein Erklärungsansatz dafür ist, welche Demokratievorstellungen den sozialen Praktiken unterliegen. Sie alle agieren im internationalen Kontext und sind täglich zum einen mit denen in Deutschland und zum anderen mit den im politischen Umfeld dominierenden Werten konfrontiert. Dennoch gibt es unterschiedliche Ausprägungen. Das katholische Hilfswerk sieht nicht die lateinamerikanischen Länder als Verursacher ihrer Situation an, sondern die internationalen Wirtschaftsbeziehungen und die damit einhergehenden ungleich verteilten Machressourcen. So sehen sie ihre Verantwortung darin, nicht nur den Menschen vor Ort zu helfen ihre Situation selbst zu verbessern, sondern auch, die Menschen im Westen dazu zu bringen, ihre eigene Lebensweise zu hinterfragen und von lateinamerikanischen Ländern etwas zu lernen. Ihre Armutsdefinition geht dabei weit über die ökomischen Parameter hinaus und die Organisationsstruktur ist so konzipiert, dass auch Akteure vor Ort sich einbringen können – obwohl die Entscheidungen über die Finanzierung der Projekte in Deutschland getroffen werden. Auch bei der Erwähnung von Begriffen wie Freiheit und Menschenrechten sagte der Interviewpartner, dass diese nicht starr sind sondern sich mit der Zeit wandeln. Die politische Stiftung bezieht sich bei ihrer Armutsdefinition ausschließlich auf den ökonomischen Faktor – zu mindestens im Interview – und nimmt die Region in Lateinamerika als sehr krisenhaft war. Insgesamt lässt sich festhalten, dass eine sehr spezifische Vision ausgearbeitet wurde und kommuniziert wird, die sich in fünf Themenbereiche gliedert. Bestimmte Grundwerte, die allgemeingültig und positiv konnotiert sind, sollen durch die Arbeit der Stiftung in die Welt getragen werden. Für diese Werte soll eine Brücke zwischen den Regionen gebaut werden, um diese Werte dorthin Realität werden zu lassen. Doch auch hier in Deutschland und generell auf der Welt soll daran gearbeitet werden, diese Visionen zu implementieren. Von einem gegenseitigen Austausch, wie bei dem katholischen Hilfswerk, wurde nicht gesprochen. Dies lässt sich mit der Entstehung und Finanzierung der Organisation begründen, da sie Teil der deutschen Außenpolitik ist, ihre Finanzierung aus öffentlichen Geldern erhält und ebenfalls einer politischen Partei in Deutschland nahesteht. Die internationale Organisation weist eine andere Struktur als die beiden anderen Organisationen auf, da ihre Tätigkeiten nicht in einen Inlands- und einen Auslandsbereich gegliedert sind und zwei Führungspositionen jeweils von Personen aus beiden Regionen besetzt werden, was Repräsentanten aus Lateinamerika ein Mitspracherecht auf hoher Entscheidungsebene verleiht. Die von dem Executive Director kommunizierte Vision bezieht sich auf die gemeinsam erarbeiteten Strategien und internationalen Vereinbarungen, die einem historische Wandel unterliegen. Dennoch lässt sich sagen, dass insbesondere in internationalen Kontexten bei Interessensaushandlungen sich die Definition durchsetzt, die von den mächtigen Staaten ausgeht. Da die mächtigen Staaten die Dringlichkeit erkannt haben international zu kooperieren um weltweite Probleme zu lösen, entstanden viele internationale Organisationen und multilaterale Verträge. Dennoch enthalten die Vereinbarungen von allen Akteuren angenommene Ziele. Er ist sich dessen bewusst und kommuniziert klar, dass es auch andere Visionen, Definition und Lebensrealitäten entgegen der in den politischen Kreisen vorherrschenden gibt.
Auch, wenn nicht direkt von entwickelten und unterentwickelten Regionen gesprochen wird, lassen die Interviews durchscheinen, dass eine solche Konzeption den Denk- und Handlungsweisen unterliegen. Zu mindestens bei dem katholischen Hilfswerk und der politischen Partei sind die Geber:innen in Deutschland und die Nehmer:innen in Lateinamerika.
Es gibt zwar Ansätze der Partnerschaftlichkeit, diese werden jedoch meist aus einer dominierenden Position heraus erst ermöglicht und es wird entschieden, welche Personen und Organisationen Partner:innen werden dürfen und welche nicht. Die gleichen Wertevorstellungen sind dafür bei der politischen Stiftung zentrale Kriterien. Dies schließt andere Perspektiven aus. Keine der interviewten Expert:innen hat verdeutlicht, welche Sichtweisen und Perspektiven aus Lateinamerika übernommen und in die eigene Vision integriert wurden.
Von dem von den Interviewpartnern als normal angesehenen Entwicklungsbegriff versuchen sie sich zu distanzieren, indem sie auf die Partnerschaftlichkeit und den Dialog hinweisen. Welche genauen Ansichten die partnerschaftlichen Akteure haben und ob auch Sichtweisen zugelassen werden, die der eigenen nicht entsprechen, müsste im weiteren Verlauf untersucht werden. Bei einer weiterführenden Forschung wäre es zudem spannend zu schauen, inwiefern sich die Visionen für Lateinamerika von lateinamerikanischen Organisationen zu denen von Deutschen unterscheiden. Ebenso wäre es interessant zu untersuchen, ob und welche Visionen lateinamerikanische Organisationen für Deutschland haben bzw. Europa haben.
5. QUELLENVERZEICHNIS
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[1] Hierzu gibt es mehr Informationen bei Stephen (2008), Mignolo (2005) und Meyer-Minnemann (1986).
[2] In dieser Arbeit wird nicht auf die Sozialisation der Interviewpartner:innen eingegangen, da diese hier als Repräsentant:innen der Organisationen sprechen, nicht als Privatpersonen. Stattdessen werden die Organisationen in das gesellschaftliche und politische System eingebettet.
[3] „In soziologischer Perspektive kann eine Organisation als relativ dauerhaftes arbeitsteiliges Kooperationsgefüge mit gestaltenbaren Zielen und Zwecken, gestalteten Strukturen und Prozessen und mehr oder weniger explizierten Mitgliedschaftsregeln verstanden werden.“ (Pries 2019: 160)
[4] Die Namen der Organisationen und interviewten Personen werden in dieser Arbeit nicht genannt, da eine Anonymisierung einiger Interviewpartner:innen gewünscht wurde.