Mittelniederdeutsche Grammatik, Flexionsmorphologie
Projektbeschreibung: Ziel ist die Neuerarbeitung einer wissenschaftlichen mittelniederdeutschen Grammatik, die für den akademischen Unterricht geeignet ist. Als Referenzobjekt für das Mittelniederdeutsche fungiert bis heute die Darstellung von Agathe Lasch (1914). Sie stellt eine imponierende wissenschaftliche Leistung dar und wird bis heute kontinuierlich an den Universitäten verwendet. Einem junggrammatischen Paradigma folgend, beschränkt sie sich jedoch auf die Laut- und Formenlehre mit einem Schwerpunkt auf den räumlichen und zeitlichen Differenzen. Syntax und Lexembildung werden bestenfalls am Rande mitbehandelt, Textstrukturen bleiben – der Entstehungszeit geschuldet – ganz außer Acht.
Zwischenzeitlich formulierte grammatische Theorien und grammatikographische Methoden machten es notwendig, die Inhalte und Darstellungsweise der Lasch-Grammatik zu überprüfen. Dabei ist deutlich geworden, dass – unter Einbeziehung neuer grammatischer Ansätze und Forschungsergebnisse – eine völlig neue Konzeption erarbeitet werden muss.
Das DFG-geförderte Projekt fokussiert als ein erstes Teilziel die Nominalflexion. Für die Wortklassen der Substantive, Adjektive und Pronomen sind die Flexionsformen im Einzelnen zu erfassen und in ihrer räumlichen, zeitlichen und funktionalen Varianz darzustellen. Grammatische Variation soll als wesentliches Merkmal historischer Sprachstufen qualitativ und quantitativ beschrieben werden.
Als Textbasis steht das grammatisch annotierte Referenzkorpus Mittelniederdeutsch / Niederrheinisch (1200–1650) zur Verfügung, dessen Annotationen insbesondere auf die Flexionsmorphologie ausgerichtet sind. Zusätzlich zur Bestimmung der Wortarten und der Flexionsformen wurden die Texte lemmatisiert. Durch die diasystematische Aufbereitung des Korpus, das nach einzelnen Schreibsprachlandschaften und innerhalb dieser wiederum chronologisch strukturiert ist und zudem die Textsortendifferenzierung des mittelniederdeutschen Textaufkommens berücksichtigt, wird eine variationssensitive Grammatikdarstellung ermöglicht.
- Projektleitung: Prof. Dr. Ingrid Schröder
- Laufzeit: 2020 – 2023 (Förderdauer)
- Projektfinanzierung: DFG (SCHR 999-9/1)
- Projektmitarbeiterin: Dr. Sarah Ihden
- Studentische Hilfskräfte: Carlotta Hübener, Louisa Hübener, Lena Schnee
Vorarbeiten:
Studien zur Lexembildung sind bereits außerhalb des Projektrahmens erarbeitet und publiziert worden:
- Möhn, Dieter/Schröder, Ingrid: Vorstudien zu einer mittelniederdeutschen Grammatik I. In: Niederdeutsches Jahrbuch. Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung 126 (2003), S. 7-51.
- Möhn, Dieter/Schröder, Ingrid: Sprachbedarf und Lexembildung am Beispiel der Grammatik des Mittelniederdeutschen. In: Beiträge zur Morphologie. Germanisch, Baltisch, Ostseefinnisch. Hrsg. von Hans Fix-Bonner (NOWELE; 23). Odense 2007, S. 227-258.
- Möhn, Dieter/Schröder, Ingrid: Lexembildung im Aufriss einer Grammatik des Mittelniederdeutschen. Das Adjektiv als Exempel. In: Low Saxon Dialects across Borders – Niedersächsische Dialekte über Grenzen hinweg. Hrsg. von Alexandra N. Lenz, Charlotte Gooskens und Siemon Reker (ZDL-Beiheft, H. 138). Stuttgart 2009, S. 38-59.
Publikationen
Ihden, Sarah/Schröder, Ingrid: Mittelniederdeutsche Grammatik: Konzeption und erste Analysen. In: Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung 144 (2021), S. 79-104.
Schröder, Ingrid: Stand und Perspektiven mittelniederdeutscher Grammatikographie am Beispiel der expliziten Derivation. In: Beiträge zur historischen Wortbildung des Niederdeutschen. Hrsg. von Stefan Mähl und Markus Denkler (Niederdeutsche Studien; 61). Köln/Weimar/Wien 2022, S. 13-36.