Struktur und Aufgaben
Die Gründung eines „Hamburger Zentrums für Mehrsprachigkeit und Sprachkontakte“ (HAZEMS) basiert auf der „Arbeitsstelle Mehrsprachigkeit“, die seit dem September 1986 als interdisziplinäre Einrichtung am Fachbereich Sprachwissenschaften gearbeitet hat (vgl. Uni hh v. April 1987). Das Gründungskonzept der „Arbeitsstelle Mehrsprachigkeit“ wurde vom Fachbereich Sprachwissenschaften Anfang 1987 genehmigt. Das HAZEMS fasst die im Fachbereich Sprachwissenschaften und in anderen Fachbereichen an verschiedenen Instituten schon länger betriebene Lehre und Forschung im Bereich der Mehrsprachigkeit zusammen, ohne dadurch den integralen Zusammenhang der einzelnen Fächer mit ihren Fachbereichen aufzulösen. Die Gründung des HAZEMS erfolgt in der Absicht, den Forschungsbereich Mehrsprachigkeit – entsprechend seiner gesellschaftlichen Bedeutung – in Forschung und Lehre institutionell angemessen zu verankern. In dem „Bericht der Vizepräsidenten – Arbeitsgruppe zur Struktur- und Entwicklungsplanung der Universität“ wird „Mehrsprachigkeit“ ausdrücklich als ein Forschungsschwerpunkt der zukünftigen Entwicklung der Universität Hamburg genannt (S. 36). Inzwischen [1989] ist dem Antrag des HAZEMS auf Einrichtung eines Graduiertenkollegs von der DFG stattgegeben worden (Finanzvolumen für 3 Jahre ab 1.10.1990: 1,2 Mio. DM).
Sonderforschungsbereich 538: Mehrsprachigkeit
Aus HAZEMS ging auch der bislang größte Forschungsverbund an der Universität Hamburg zum Thema Mehrsprachigkeit (und Sprachkontakte) hervor: Zum 1. Juli 1999 wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft der Sonderforschungsbereich 538 „Mehrsprachigkeit“ eingerichtet (erster Sprecher Prof. (em.) Dr. Dr. h.c. Jürgen M. Meisel) und wurde insgesamt viermal erfolgreich verlängert, so dass die maximale Förderungsdauer von zwölf Jahren erreicht werden konnte. Das gesamte eingeworbene Finanzvolumen beträgt für diese zwölf Jahre 17,5 Mio. Euro und hat den Forschungsschwerpunkt an der Universität Hamburg fest im Bereich der Geisteswissenschaften verankert. Spätere Initiativen zu den o.g. Gebieten sind ohne diesen Sonderforschungsbereich und letztlich auch ohne HAZEMS als ‚Keimzelle‘ dieses Forschungsverbunds nicht denkbar.
Mehrsprachigkeit in der EU
Das „Hamburger Zentrum für Mehrsprachigkeit und Sprachkontakte“ (HAZEMS) soll eine seinen Aufgaben entsprechende Funktion bei der notwendigen sprachlichen Integration der Europäischen Gemeinschaft übernehmen. Darüber hinaus kündigt sich die Mehrsprachigkeit in Osteuropa für die nahe Zukunft als eine wichtige Problemstellung an. Die Hauptaufgaben eines „Hamburger Zentrums für Mehrsprachigkeit und Sprachkontakte“ liegen in der Forschung. Die Forschung ihrerseits soll aber auf die Lehre in verschiedenen Fächern einwirken (forschungsbezogene Lehrveranstaltungen), auch auf speziellere Studiengänge und Studienschwerpunkte in verschiedenen Fächern innerhalb und auch außerhalb des Fachbereichs Sprachwissenschaften. Die Aufgaben des HAZEMS sind also interdisziplinär zu verstehen. Seine Tätigkeiten sollen aber auch auf die Erarbeitung von Lösungsvorschlägen praktischer Probleme ausstrahlen, z.B. auf Familienberatung mehrsprachiger Familien, Sprachstandsanalysen in verschiedenen Ausbildungszusammenhängen, Sprachführer für den täglichen Gebrauch beispielsweise von Ärzten, Lehrern, Richtern usw. Eine weitere Aufgabe des Zentrums ist allgemein in der Förderung der internationalen und interkulturellen Verständigung zu sehen.
Ziele
Längerfristig sollen die Forschungsergebnisse des Zentrums auch als Grundlage für Beschreibungen neuer linguistischer Berufsfelder dienen, z.B. das Berufsfeld von Linguisten, die zuverlässige Sprachstandsanalysen anfertigen; von Linguisten, die mehrsprachige Familien bei Sprachentwicklungsproblemen beraten; von Linguisten, die die Verständigung mit unterschiedlichen Sprachen in verschiedenen Institutionen untersuchen, von Linguisten, die Aufgabenbereiche und Ausbildungsanforderungen von Sprachmittlern näher beschreiben usw.
Eine wichtige Aufgabe des Zentrums ist auch, Forschungsliteratur und Forschungsergebnisse ähnlicher Projekte an anderen Orten zu sammeln und den beteiligten Wissenschaftler/inne/n sowie anderen interessierten Personen verfügbar zu machen. Eine weitere Aufgabe ist die regelmäßige Publikation von Forschungsarbeiten, wie dies bislang in der Reihe „Arbeiten zur Mehrsprachigkeit“ geschehen ist.
(Jochen Rehbein)