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Neues Verbundprojekt an der Niedersächsischen Akademie der WissenschaftenEDIKILEX
18. September 2025, von Niedersächsische Akademie der Wissenschaften zu Göttingen

Foto: Akademie der Wissenschaften zu Göttingen
Das gemeinsame Wissenschaftsförderprogramm der niedersächsischen Landesregierung und der VolkswagenStiftung hat ein neues Verbundprojekt namens „EDIKILEX“ genehmigt. Es ist an der Niedersächsischen Akademie der Wissenschaften zu Göttingen angesiedelt und nutzt das dortige Akademienprojekt „Frühneuhochdeutsches Wörterbuch“ (FWB) als Basis.
„EDIKILEX“ ist im besten Sinne des Wortes interdisziplinär. Es kombiniert geisteswissenschaftliche und informationstechno-logische Methoden und hilft dabei, digitale Editionen frühneuhochdeutscher Texte automatisiert mit dem FWB zu verknüpfen. Das reduziert bisher unumgängliche Hürden bei der Worterkennung und beim Wortverstehen, die sich einerseits aus der nicht normierten Rechtschreibung im Frühneuhochdeutschen und andererseits aus der Vielzahl möglicher Bedeutungen eines Wortes ergeben. Das Wort „Gnade“ wurde im Frühneuhochdeutschen mit 20 verschiedenen Deutungsmöglich-keiten gebraucht, das Verb „lassen“ mit 37.
Die Lektüre digital edierter Texte, die dieser Sprachstufe angehören, wird in Zukunft durch ein unaufdringlich verfügbares und auf jedes Wort eines Textes zugeschnittenes Angebot kulturhistorischer, textpragmatischer und textsemantischer Verständnishilfen unterstützt, die aus dem FWB generiert sind. Sie wird zudem in ein Wissenssystem eingebettet, das gesicherte Expertise nachhaltig, kompakt und mit weiteren Vernetzungs-möglichkeiten zur Verfügung stellt. Der Zugang zu frühneuhochdeutschen Texten wird somit niedrigschwelliger und für einen größeren Benutzerkreis möglich. EDIKILEX macht – bildlich gesprochen – die Einbahnstraße vom Wörterbuch in eine Vielzahl von Texten zu einer in beiden Richtungen befahrbaren Schnellstraße.
Das Projekt stellt zudem ein Modell für die KI-basierte Erforschung von sog. Low Resource Languages bereit, das auf andere Sprachen und deren Varietäten übertragbar sein wird. Die durch hybride Intelligenz erarbeiteten Ergebnisse konfrontiert die Benutzer nicht mit einem Überangebot an uninterpretierten Informationen, sondern bietet vertrauenswürdige Ressourcen mit klarem, erkenntnisförderndem Kompass.
Projektpartner sind Prof. Peter Burschel und Dr. Johannes Mangei (Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel), Prof. Thomas Kaufmann (Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen), Prof. Bela Gipp (Georg-August-Universität Göttingen), Prof. Ulrich Heid und Prof. Thomas Mandl (Universität Hildesheim), Prof. Anja Lobenstein-Reichmann (Sprecherin; Niedersächsische Akademie der Wissenschaften zu Göttingen).
18.09.2025