Kinderbuchschatz: Sammlung Sybil Gräfin Schönfeldt kommt in die Stabi
3. Juli 2025, von Webredaktion IfG

Foto: Stabi Hamburg
Die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg freut sich gemeinsam mit Prof. Dr. Tobias Kurwinkel (UHH) und seinem Team vom Lehrstuhl für Neuere Deutsche Literatur mit Schwerpunkt auf Kinder- und Jugendkulturen über eine außergewöhnliche Schenkung: Die Hamburger Literaturstiftung übergibt der Stabi die umfangreiche Privatsammlung an Kinder- und Jugendbüchern sowie Fachliteratur der Schriftstellerin und Journalistin Sybil Gräfin Schönfeldt aus deren Nachlass. Für die literaturwissenschaftliche Forschung kann die Sammlung einen ebenso großen Beitrag leisten wie für das kulturelle Gedächtnis der Stadt.
Seit dem Tod der Wahlhamburgerin Sybil Gräfin Schönfeldt (1927–2022) schlummerte ihre Sammlung ausgewählter Kinderbücher, Klassiker und seltener Fachliteratur sicher verwahrt im Archiv des Carlsen Verlags. Die Autorin, Journalistin, Übersetzerin und Literaturkritikerin war zeitlebens interessiert an anspruchsvoller Kinderliteratur: Sie rezensierte Kinder- und Jugendbücher, wirkte in der Jury des Deutschen Jugendliteraturpreises mit, schrieb die erste deutsche Biografie über Astrid Lindgren, prägte die Kinderbuchseiten der ZEIT und übersetzte mehr als 120 Kinder- und Jugendbücher aus dem Englischen, darunter Klassiker wie Roald Dahls Hexen hexen (1986), Lewis Carrolls Alice im Wunderland (2006) und Charles Dickens Eine Weihnachtsgeschichte (1993). Neben anderen Auszeichnungen wurde sie als Übersetzerin mehrfach für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert und 1968 prämiert sowie 1977 mit dem Großen Preis der Akademie für Kinder- und Jugendliteratur für ihre Verdienste um die Kinder- und Jugendliteratur ausgezeichnet. Von ihren eigenen Kinder- und Jugendbüchern wurde besonders ihr Benimmratgeber Knigge für die nächste Generation (2003) erfolgreich.
Ihr Blick auf Kinderliteratur war stets geprägt von Respekt gegenüber jungen Leserinnen und Lesern – und von einem klaren Verständnis für literarische Qualität. In einem Interview mit der ZEIT äußerte sich Sybil Gräfin Schönfeldt kritisch gegenüber der deutschen Kinderliteraturpraxis, die lange Zeit dazu neigte, Kinder- und Jugendliteratur als pädagogisches Nebenfeld zu marginalisieren: „Es ist diese unselige Trennung in ‚ernste‘ Erwachsenenliteratur, die von ‚ernsthaften‘ Schriftstellern verfasst wird, und irgendwelchem pädagogischen Zeugs für Kinder. Im angelsächsischen Sprachraum gibt es diese Trennung nicht: Roald Dahl, Tolkien, Lewis Carroll […] – sie alle haben Bücher für Kinder und Bücher für Erwachsene geschrieben.“ („Nicht gleich morden“: ZEIT-Gespräch mit Sybil Gräfin Schönfeldt. In: DIE ZEIT 10/2006). Ihre private Literatursammlung trägt diese Handschrift der doppelten Profession von Literaturproduzentin und -wissenschaftlerin. Sie spiegelt darüber hinaus die persönliche Lesebiografie einer der prägendsten Stimmen der deutschsprachigen Kinderliteraturlandschaft der Nachkriegszeit wider.
Nun wird dieser Schatz gehoben: Die Hamburger Literaturstiftung macht die Sammlung der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg zum Geschenk und damit für die Forschung und Lehre zugänglich. Im Sinne der Sammlerin möchte sie mit der Schenkung die Kinder- und Jugendliteraturforschung in Hamburg fördern, die mit dem Lehrstuhl von Prof. Dr. Tobias Kurwinkel am Institut für Germanistik literatur- und medienwissenschaftlich an Bedeutung gewonnen hat. Bewahrt und katalogisiert werden die Bücher fortan in der Stabi. So wird die umfangreiche Sammlung nicht nur zum Gegenstand der Forschung, sondern auch für die Öffentlichkeit zugänglich.
Mit der Sammlung Sybil Gräfin Schönfeldt wird Schönfeldts Verständnis von Kinderliteratur als ernstzunehmender, eigenständiger Kunstform nun auch institutionell bewahrt. Ein Geschenk von bleibendem Wert – für die Stadt, die Forschung und die kommenden Generationen.