Neutrale Aussprache – eine vielseitig einsetzbare Fertigkeit
Das Erlernen einer maximal neutralen Aussprache der Fremdsprache empfiehlt sich v. a. aus Lern- und Verwendungsökonomie. Die Standardsprache ist eine Gebrauchsnorm, die sich durch einige Eigenschaften auszeichnet, die sie unter diesen Aspekten ganz besonders für ein realistisches Lernziel prädestiniert: Polyfunktionalität, Allgemeingültigkeit, Überregionalität, Einheitlichkeit, d.h. auf ein Minimum beschränkte Lautvarianz, Schriftnähe sowie kodifizierte (und daher allgemein zugängliche) Norm. In dieser Aussprachevariante können Sie in jeder beliebigen Situation kommunizieren, ohne Gefahr zu laufen, von Ihren Gesprächspartnern nicht verstanden oder aus emotionalen bzw. sozialen Gründen abgelehnt zu werden.
Die Standard(aus)sprache verfügt über ein Prestige, das es erlaubt, sie in den unterschiedlichsten Kommunikationssituationen sanktionsfrei einzusetzen, denn ihre Gebrauchsnorm gilt als repräsentativ für die gesamte Sprachgemeinschaft. Verwendet man eine Variante, die in der Sprachgemeinschaft negativ gewertet wird, kann es hörerseitig zu ablehnenden emotionalen Reaktionen kommen.
Bisweilen verwenden Lerner Aussprachevarianten der Fremdsprache, die außerhalb des neutralen Registers der Standardsprache liegen. Sie sind bemüht, durch ihre "intime" Kenntnis der phonetischen Variationsmöglichkeiten der Fremdsprache dem muttersprachlichen Gesprächspartner eine hohe psychosoziale Identifikation mit seiner Kultur zu signalisieren. Dies kann jedoch mitunter zum genau entgegengesetzten Effekt führen. Die Gesprächspartner können emotional distanziert oder ablehnend reagieren, denn sie empfinden ein derartiges sprachliches Verhalten als Vorspielen eines nicht vorhandenen Akkulturationsgrads.
Literatur
Prestige
Unter Prestige einer Sprachvarietät wird in der Soziolinguistik eine positive psychosoziale Wertung verstanden, aufgrund derer die betreffende Varietät im Ggs. zu anderen, z.B. Soziolekten oder Dialekten, über einen grösseren Verwendungsbereich verfügt. Das Prestige von verschiedenen Aussprachevarianten kann zusätzlich mit ästethischen Beurteilungen verbunden sein, sowohl innerhalb einer Sprache wie auch zwischen zwei Sprachen.
So gilt z.B. eine durch die sächsiche oder schwäbische Mundart geprägte Aussprache des Dt. im gesamtdt. (Binnen)Sprachraum als nicht prestigebehaftet, eine durch das Hamburgische geprägte im Vergleich dazu eher als neutral. Ein frz. Akzent im Dt. wird von dt. Muttersprachlern in der Tendenz eher als positiv gewertet, ein amerikan. dagegen eher als negativ.