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Fachbereiche SLM I + II
FachbereicheSprache, Literatur und Medien
I + II

Foto: UHH, RRZ/MCC, Mentz

Sprachkompetenz

Lesen zur Verbesserung der Sprachkompetenz

Eine Fremdsprache lernt man normalerweise im Sprachkurs. Wer aber Grammatik und Wortschatz auf eigene Faust ergänzend oder fortführend weiterlernen will, etwa außerhalb des Unterrichts oder im Zielland, kann dazu auch das sprachbezogene Lesen von Texten einsetzen. Diese Form des Lesens setzt allerdings fortgeschrittene Sprachkenntnisse und einen routinierten Umgang mit Hilfsmitteln voraus.

Ein konkreter Vorschlag: Sie wählen einen Text von maximal einer Druckseite Länge, der Ihnen genügend sprachliche Probleme bietet. Diesen Text überfliegen Sie zunächst, um zu erfassen, worum es inhaltlich geht. Dann lesen Sie nacheinander gründlich jeden Satz und versuchen so genau wie möglich den Inhalt zu verstehen. Dies verbinden Sie mit intensiver Spracharbeit:

  • Lexikalisch: Jedes unbekannte oder unklare Wort schlagen Sie nach, mindestens im zweisprachigen, nach Möglichkeit jedoch im einsprachigen Wörterbuch. Überprüfen Sie dort, wie das Wort ausgesprochen wird, welche Bedeutung im Text am besten passt, welche weitere Bedeutungen es gibt, in welchen grammatischen Konstruktionen oder festen Wendungen das Wort vorkommt. Notieren Sie Ihre Funde in einer Wortschatzkartei. Beispiel
  • Grammatisch: Überprüfen Sie, ggf. mit Hilfe einer Grammatik, die grammatische Konstruktion des Satzes, insbesondere dann, wenn sie Ihnen unklar ist. Notieren Sie Ihre Funde in einem Grammatikheft. Beispiel
  • Textbezogen: Überprüfen Sie, mit welchen sprachlichen Mitteln der Text gegliedert ist, etwa durch logische oder chronologische Konnektoren wie einerseits - andererseits, zunächst - sodann - schließlich usw. Achten Sie auch auf Formeln, mit denen etwas betont, abgeschwächt, eingeleitet, zusammengefasst oder kommentiert wird. Notieren Sie Ihre Funde in Ihrer Wortschatzkartei. Beispiel

Wenn Sie sprachlich weiter fortgeschritten sind, können Sie Ihre Fragen über das sprachliche Was hinaus auf das Warum erweitern: Warum drückt sich der Autor so und nicht anders aus? Wählt er besondere Stilmittel? Welche Formulierungen wären alternativ möglich gewesen? (auch hier hilft das einsprachige Wörterbuch, vielleicht auch Ihre Sprachlehrerin.)

Sprachbezogenes Lesen dieser Art erzeugt zeitaufwendige und unnatürliche Leseprozesse. Sie sollten es daher nur als zeitweilige Ergänzung zum inhaltsorientierten Lesen einsetzen (zwei bis dreimal die Woche eine Stunde reicht). Regelmäßig praktiziert kann es aber erheblich zu Ihren Sprachfortschritten beitragen.

Spracherwerb durch Lesen verspricht auch das extensive Lesen, bei dem Sie die Sprache sozusagen nebenbei mitlernen. Sprachbezogenes und extensives Lesen können einander gut ergänzen.

Selektives Lesen:

Bei diesem Lesestil sollten Sie sich folgende Fragen stellen:

  • Vorab: Über genau welche Sachverhalte suchen Sie Informationen? In welcher sprachlichen Form sind diese Informationen zu erwarten? Können Sie eine Liste von Schlüsselbegriffen oder Kernsätzen bilden, nach denen Sie suchen?
  • Kommt einer der Schlüsselbegriffe bereits in der Überschrift vor?
  • Finden Sie Schlüsselbegriffe in den Zwischentiteln, in den Bildunterschriften, im Fettgedruckten?
  • Finden Sie die Schlüsselbegriffe oder Kernsätze im Text (indem Sie ihn überfliegen)?
  • Finden Sie Wörter, die zum Wortfeld Ihrer Schlüsselbegriffe gehören?
  • Wann wollen Sie eine erfolglose Suche einstellen - nach dem ersten Drittel des Textes, nach der Hälfte, zum Ende des Textes?

Notieren Sie ggf. Ihre Funde und entscheiden Sie sich dann, welche Passagen des Textes Sie gründlicher, d.h. kursorisch oder total lesen wollen.

Extensives Lesen

Der Begriff "extensives Lesen" stammt aus der Didaktik von fremdsprachlichen Lesekursen, die das Lesenkönnen nicht durch Training spezieller Lesestrategien, sondern durch häufiges Lesen umfangreicher oder vielfältiger Texte schulen wollen. Solche Kurse folgen bestimmten didaktischen Prinzipien:

  • Die Lerner erhalten kontinuierlich, z.B. wöchentlich umfangreiche Leseaufgaben, die sie alleine außerhalb des Unterrichts absolvieren. Sie lesen authentische Texte: ganze Bücher, Zeitschriften, auch verschiedene Texte zu einem Thema usw.
  • Die Lesethemen sollen interessant sein für den Leser. Individuelle Lesewünsche sollen weitgehend berücksichtigt werden. Lerner können auch selber nach Lesestoff suchen.
  • Lesen ist Mittel zum Zweck der Inhaltsentnahme, nicht Selbstzweck. Die Texte werden daher nicht im Detail, sondern im Hinblick auf allgemeines Verständnis des wesentlichen Inhalts gelesen. Dieser Inhalt wird im Unterricht in Anschlussübungen weiter behandelt - in Berichten, Zusammenfassungen, kritischen Kommentaren oder mündlichen Diskussionen.

Sie können, auch wenn Sie keinen solchen Kurs besuchen, das Lesen in extensiver Form selber üben, indem Sie sich ein eigenes, individuell geschneidertes Lesepensum aus fremdsprachigen Büchern oder Zeitschriften zurechtlegen. Wichtig: Viel lesen und gründlich lesen schließt sich aus Zeitgründen meist aus. Schlagen Sie daher beim extensiven Lesen möglichst selten im Wörterbuch nach, widerstehen Sie der Versuchung, alles genau verstehen zu wollen und wählen Sie Texte, die Sie interessieren oder an denen Sie Freude haben. Schreiben Sie nach jedem gelesenen Text eine kleine Zusammenfassung oder einen Kommentar (das kann auch in der Muttersprache sein). Besser noch, wenn Sie jemanden finden, mit dem Sie sich über das Gelesene austauschen können.

Es empfiehlt sich, extensive Lektüre durch eingeschobene Übungen zum sprachbezogenen Lesen zu ergänzen.

Literatur

Beispiel für textbezogene Elemente

Logische Konnektoren sind Konjunktionen wie aber, weil, obwohl, wenn, falls usw. sowie Adverbien wie sowohl - als auch, einerseits - andererseits, wenn nicht - dann zumindest usw.
Chronologische Konnektoren sind Konjunktionen wie als, bevor, nachdem, während sowie Adverbien wie zunächst - sodann - schließlich, daraufhin, zuvor usw.
Betonungs- und Abschwächungsformeln sind z. B. im wesentlichen, vor allem, in erster Hinsicht, weiterhin, im übrigen, die auch erweitert werden können etwa zu vor allem ist zu sagen, besonders wichtig erscheint dabei, zu nennen wäre noch, ein möglicher Aspekt wäre usw.
Einleitungsformeln sind z. B. wir wollen zunächst feststellen, vorab sollte erwähnt werden, im folgenden wird die Rede sein von usw.,
Zusammenfassungen werden eingeleitet etwa durch insgesamt lässt sich sagen, dies alles zusammengenommen bedeutet, daraus folgt insgesamt, dass usw.
Kommentierungsformeln sind etwa dies lässt sich bewerten/einschätzen als, hierzu lässt sich sagen, dass usw.

Literatur zum Sprachenlernen durch Lesen

Zum Thema allgemein:

  • Edmondson, W. 1996 Textverstehensprozesse/Spracherwerbsprozesse. In: Börner, W.; Vogel, K. (eds.) 1996 Texte im Fremdsprachenerwerb. Verstehen und Produzieren. Tübingen: Narr, 111-126.

Speziell zum Wortschatzlernen durch Lesen:

  • Coady, J. 1997: L2 Vocabulary Acquisition through Extensive Reading. In: Coady, J.; Huckin, T. (eds.): Second Language Vocabulary Acquisition. A Rationale for Pedagogy. Cambridge: CUP, 225-237.

Literatur zum extensiven Lesen

Eine neuere Arbeit, die alles Notwendige enthält:

  • Day, R.; Bamford, J. 1998 Extensive Reading in the Second Language Classroom. Cambridge: CUP.