Ziele und Motive

Allgemeine Tipps zur Festlegung realistischer Lernziele
- Stellen Sie fest, aus welchen Gründen Sie eine Fremdsprache erlernen wollen!
- Denken Sie über Ihre Lernziele nach! Inwiefern haben Sie überhaupt konkrete Ziele? Was genau möchten Sie in der Fremdsprache tun können? Innerhalb welcher Zeit möchten Sie diese Ziele erreichen? Ist diese zeitliche Vorstellung realistisch?
- Wie stark ist Ihre eigene Motivation. D.h. wie viel Zeit, Energie (und bei Bedarf Geld) sind Sie bereit zu investieren, um Ihre Ziele zu erreichen?
- Sie sollten schon im Voraus zur Kenntnis nehmen, dass aller Wahrscheinlichkeit nach Ihre Lust, Laune und Motivation im Laufe der Zeit nachlassen werden! Was werden Sie tun, wenn Sie auf einmal keine Lust mehr haben?
Motivation
Mit Motivation ist informell gemeint, was Sie veranlasst, einen bestimmten Einsatz beim Fremdsprachenlernen zu erbringen und somit den Lernfortschritt voranzutreiben. D.h. ganz allgemein: wie viel der Ihnen verfügbaren Zeit, Energie und Ressourcen (u.U. auch Geld!) sind Sie bereit zu investieren, um eine neue Fremdsprache zu erlernen bzw. Ihre vorhandenen Kenntnisse zu verbessern? Damit ist natürlich nicht gemeint, dass Sie, wenn Sie wenig Zeit und noch weniger Geld haben, 'unmotiviert' sind - im Gegenteil, besonders unter relativ ungünstigen Bedingungen kann eine sehr positive Motivation besonders gewinnbringend sein.
Auch wenn obiges Konzept von Motivation ziemlich einleuchtend sein mag, ist es nicht einfach festzustellen, welche Aspekte der 'Motivation' in der Tat eine Auswirkung auf den Lernerfolg ausüben. Drei Aspekte sind nach fachwissenschaftlicher Meinung entscheidend:
- Welche Motive hat man, eine Fremdsprache zu erlernen? D.h. weshalb haben Sie sich entschieden, eine Sprache zu erlernen? Lag zum Beispiel die Entscheidung darüber bei Ihnen selbst oder gab es einen externen Druck?
- Welche Ziele hat man, d.h. welche Fertigkeiten möchte man erreichen und wann und wie möchte man sie einsetzen können? (Motive und Ziele können überlappend oder auch identisch sein!)
- Welche Einstellungen hat man zu verschiedenen Aspekten der fremdsprachlichen Kultur und zum Fremdsprachenlernen selbst?
Mehr zu Motivation
Wenn alle Faktoren berücksichtigt werden, die in Zusammenhang mit Motivation erwähnt worden sind, dann hat man fast alle wichtigen Aspekte des Fremdsprachenlernens insgesamt! Folgende Parameter sind zum Beispiel für die Ausprägung einer Motivation mitentscheidend:
- Andauernde Einsatzbereitschaft.
- Existenz eines individuell gesetzten Ziels.
- Relevanz der Fremdsprache (z.B. für das "Überleben" im Zielsprachenland oder für den Beruf).
- Ernsthafter Wunsch, dieses Ziel auch zu erreichen.
- Positive Einstellung zur Fremdsprache und zum Fremdsprachenlernen.
- Wertschätzung der Fremdsprache (z.B. als lingua franca).
- Einstellung und Orientierung zur zielsprachlichen Gesellschaft und Kultur (z.B. integrative Orientierung, aber auch "travel orientation" oder "friendship orientation").
- Frühere Sprachlernerfahrungen.
- Selbst wahrgenommener Sprachlernerfolg.
- Erfolgsaussichten.
- Bei Teilnahme an Sprachkursen: Beurteilung des Unterrichtskontextes (z.B. Lehrer, Materialien, Lernergruppe).
- Nutzung des zielsprachlichen Umfelds, soweit dies überhaupt möglich ist.
- Aktive "Beschaffung" von Input in der Fremdsprache.
- Aufmerksamkeit für diesen Input.
- Stabile Persönlichkeitsvariablen wie Leistungs'trieb', Selbstvertrauen und positive Einschätzung der eigenen Möglichkeiten, die Fremdsprache erfolgreich zu erlernen.
Erforschung des Konzepts 'Motivation'
Die Erforschung der Effekte von Motivation auf das Fremdsprachenlernen war lange Zeit geprägt von der Unterscheidung zwischen instrumentellen, auf die Nützlichkeit der Fremdsprache abzielenden Motiven und integrativen Motiven, die aus einem Interesse für die Zielsprachenkultur und deren Sprechern erwachsen. Insbesondere den integrativen Motiven wurden positive Effekte auf den Sprachlernerfolg zugesprochen; dies wird in der Zwischenzeit jedoch nicht mehr aufrechterhalten, da in mehreren Studien die Effizienz instrumenteller Motive nachgewiesen werden konnte. Ferner ist es oft äußerst schwierig, zwischen diesen beiden Typen von Motiven zu unterscheiden.
In den letzten Jahren wird zunehmend eine erweiterte Definition von "Motivation" und eine Integration psychologischer Theorien diskutiert, da die klassische Definition (d.h. die von Robert Gardner - s. Literatur unten - geprägte Tradition) für die Praxis des Fremdsprachenunterrichts (insbesondere außerhalb des Zielsprachenlandes) als unzureichend angesehen wird, vor allem deshalb, weil schulische Fremdsprachenlerner oft keine 'eigenen' Motive haben. So spielen eine ganze Reihe unterschiedlicher Variablen für die Ausprägung einer Motivation im Fremdsprachenunterricht eine Rolle, z.B. Sprachlernerfahrungen, Persönlichkeit der Lehrkraft usw. Ferner kann der Lernerfolg selbstverständlich einen Einfluss auf die Motivation ausüben. Hieraus ist abzuleiten, dass Motivation den Erfolg beim Fremdsprachenlernen beeinflusst und umgekehrt, ein Resultat erfolgreichen Fremdsprachenlernens also eine höhere Motivation ist.
Literaturhinweise zum Faktor "Motivation"
- Die in der Zwischenzeit 'klassische' Motivationstheorie ist in Gardner 1985 zu finden: Gardner, R. 1985 Social psychology and second language acquisition. The role of attitudes and motivation. London: Arnold.
- Ein Plädoyer für fremdsprachenunterrichtsspezifische motivationelle Faktoren ist nachzulesen in: Crookes, G./Schmidt, R. 1991 Motivation: Reopening the research agenda. In: Language Learning 41, S. 469-512.
- Eine Diskussion über Motivation und andere Faktoren, die den individuellen Lernerfolg mitdeterminieren ist in Edmondson/House 2000, S. 193-213 enthalten (Edmondson W./J. House 2000 Einführung in die Sprachlehrforschung, Tübingen: Narr).
- Ausgewählte empirische Studien zum Thema Motivation werden verglichen und evaluiert in Edmondson 1999, S. 139-162 (Edmondson W. 1999 Twelve Lectures on Second Language Acquisition, Tübingen: Narr).
- Riemer, C. 2001 Zur Rolle der Motivation beim Fremdsprachenlernen. In: Finkbeiner, C./Schnaitmann, G. (eds.) Lehren und Lernen im Kontext empirischer Forschung und Fachdidaktik, Donauwörth: Ludwig Auer. Diese Arbeit berichtet vor allem über wichtige neuere Studien.