Lernziele und Arbeitsmaterialien

(Beispiel eines Lernziels, das entsprechend spezifische Arbeitsmaterialien erfordert):

Sie wollen einen zielsprachlichen Text verfassen, der formellen Charakter hat und daher einem bestimmten Textmuster folgt. Solche Texte umfassen z.B. die Korrespondenz mit Institutionen (Verwaltung, Gericht u.ä.), mit Personen von hohem Sozialprestige (Vorgesetzter, Arzt, verschiedene Funktions- und Würdenträger u.ä.), Geschäftsbriefe usw.

Zwar beherrschen Sie die Fremdsprache in Grammatik und Wortschatz für die Alltagskommunikation auf ausreichendem Niveau, Sie wissen jedoch nicht, welche sprachlichen Besonderheiten das entsprechende Textschema in der Zielsprache hat. Wollen Sie z.B. einen Geschäftsbrief in der Fremdsprache Französisch an eine Firma schreiben, benötigen Sie bestimmte Formulierungen. Diese sind für die Textsorte Geschäftsbrief typisch , z.B. Anrede-, Begrüßungs- und Verabschiedungsfloskeln sowie weitere themenbezogene Formulierungen, die Ihr Anliegen klar und unmissverständlich ausdrücken, z.B. ein Preisangebot für ein bestimmtes Produkt erbitten, sich nach Liefermöglichkeiten und einem Rabatt bei sofortiger Bezahlung erkundigen u.ä.

Die erforderlichen Sprachmittel finden Sie zum Einen in Handbüchern, die speziell das Schreiben von bestimmten Textensorten in der Fremdsprache trainieren. Fündig wird man ebenfalls in einigen (umfangreicheren) Wörterbüchern, die über den Wortschatz hinaus auch Hilfen zur Verwendung des Wortschatzes geben, u.a. verschiedene Textmuster für offizielle und private Briefe, z.B. Bewerbung, Anfrage, Bestellung, Reklamation, Glückwunsch, sowie eine Zusammenstellung von Routinen, die für diese Textsorte typisch sind, z.B. Briefanfang: Grußformeln, den Empfang bestätigen, sich auf ein vorangegangenes Schreiben beziehen, um eine Antwort bitten, einen Brief abschließen, u.Ä.; vgl. zum Beispiel:

Abegg, B. & Funke, M., Geschäftsbriefe Französisch: Austauschsätze und Briefmuster nach Sachgebieten geordnet. Berlin 1996.

Pons Großwörterbuch für Experten und Universität. Deutsch-Französisch, Französisch-Deutsch. Stuttgart u.a. 1996, S.833ff., 845ff.

Das Führen eines Verhandlungsgesprächs in der Fremdsprache

Sie beherrschen die Zielsprache, z.B. das Russische, als weit fortgeschrittener Lerner, denn Sie können sich in den verschiedensten Situationen korrekt und differenziert ausdrücken. Nun wartet auf Sie eine neue Herausforderung: Sie sollen geschäftliche Verhandlungsgespräche mit Russen führen. Sie müssen sich daher fachsprachliche Kompetenz in Wirtschaftsrussisch aneignen sowie in der Fachsprache, die für ein Gespräch über den Verhandlungsgegenstand notwendig ist, z.B. technisches Russisch.
Außerdem benötigen Sie bestimmte Redemittel, um Verhandlungsgespräche erfolgreich zu führen. Dazu zählen allgemeine sprachliche Routinen, z.B. die korrekte Begrüßung und Verabschiedung, Vorstellung, Anrede, Einladung, Entschuldigung u.ä., und spezielle themenbezogene Formulierungen, z.B. Angebote, Zahlungs- oder Lieferbedingungen usw. höflich, aber entschieden abzulehnen, entsprechende Nachbesserungswünsche äußern, stockende Gespräche durch Überbrückungsfloskeln wieder in Gang zu bringen u.Ä.
Vielleicht ist erforderlich, dass Sie Ihren Gesprächspartnern bereits einen ersten Vertragsentwurf, ein fach- und schriftsprachlich orientiertes Textmuster, unterbreiten. Sie müssen sich zudem über kulturell bedingte Besonderheiten des Geschäfts-, Gesprächs- und Verhandlungsverhaltens russischer Partner informieren. Sie wollen z.B. wissen, welche sozio-kulturellen Barrieren es im Geschäftsleben gibt ("Wenn zwei dasselbe sagen, müssen sie noch lange nicht dasselbe meinen!"), wie das Zeitverständnis im russischen Geschäftsleben ist ("Zeit ist Zeit, und Geld ist Geld"), wie die Akzeptanz von ausländischen Partnern in der russischen Unternehmenspraxis ist, welche Einstellung zu Kooperation, Konkurrenz und zu deutsch-russischen Gemeinschaftsunternehmen typisch sind, u.Ä.
Auch atmosphärische Aspekte des Verhandlungsgesprächs sind für Sie wichtig zu wissen, z.B. die Rolle, die private Themen, Humor, Geschenke, Statussymbole, Bewirtung u.Ä. spielen. Um sich optimal vorzubereiten, können Sie für all die genannten Informationen auf Nachschlagewerke zurückgreifen, die gezielt auf die sprachlichen und kulturspezifischen Besonderheiten des Verhandelns mit Russen vorbereiten, z.B.:

Baumgart A. & Jänecke B., Wörterbuch Wirtschaftsrussisch. Berlin 1993.

Baumgart, A. & Jänecke, B., Rußlandknigge . München/Wien 1997.

Draxler, G., Handwörterbuch Technik . Deutsch-Russisch. Berlin 1997.

Jaenecke, B. et al., Wirtschaftsrussisch. Vertragsentwürfe . Berlin 1995.

Kappel, G., Verhandeln mit Russen: Gesprächs- und Verhaltensstrategien für die interkulturelle Geschäftspraxis. Wien 1994.

Mikhalkina, I et al., Russisch im Geschäftskontakt . Hamburg 2002.

Rathmayr, R. et al., Verhandeln mit Russen - Gesprächs- und Verhaltensstrategien für die interkulturelle Geschäftspraxis. Wien 1992.

Oppermann, K., Grundbegriffe Wirtschaft. 400 volks- und betriebswirtschaftliche Fachtermini. Deutsch-russisch/Russisch-deutsch. Neustadt 1993.

Fraer, T., Wörterbuch Wirtschaftsrussisch Russisch-Deutsch . Berlin 1995.

Fachwörterbuch Business Deutsch-russisch, Russisch-deutsch . Moskau 1998.

Die Erreichung des allgemeinen Lernziels "kommunikative Kompetenz" wird in erster Linie durch Arbeitsmaterialien gestützt, die ihren Benutzern Kenntnisse über die Strukturen und Regularitäten der Zielsprache, insbesondere Phonetik, Grammatik und Wortschatz, als Verwendungswissen der Zielsprache anbieten, das heißt es können hiermit mehrere zielsprachliche Fertigkeiten gleichzeitig gefördert werden.
Anderseits können ausgewählte Sprachfertigkeiten gezielt unterstützt werden, z.B. Hören und Sprechen bzw. eine bestimmte Fertigkeit in einem speziellen Sprachbereich, z.B. Lese(verstehe)n mit Blick auf Grammatik. Neben sprachlichen Inhalten können Arbeitsmaterialien auch Lernziele unterstützen, die nichtsprachliches Wissen umfassen, z.B. lernstrategisches Wissen für die Selbststeuerung des Lernprozesses oder landeskundlich-kulturelles Wissen (siehe z.B. die Textsammlung Posener, A., Olli aus Ostdeutschland . Kopenhagen 1997, schildert aus der Sicht eines Jugendlichen die Identitäts- und Integrationsprobleme, die sich aus der Wiedervereinigung von Bundesrepublik Deutschland und Deutscher Demokratischer Republik ergeben).

Zwar kann der Lerner den Schwierigkeitsgrad seiner zielsprachlichen Produktion (Sprechen/Schreiben) aufgrund der ihm verfügbaren aktiven Kenntnisse selbst bestimmen, bei der Rezeption (Hören/Lesen) indes ist er - zumindest in natürlichen Kommunikationssituationen - zielsprachlichen Äußerungen ausgesetzt, deren Produzenten in der Regel keine Rücksicht auf seinen naturgemäß eingeschränkten Kenntnisstand nehmen. Diesem Umstand trägt mit Blick auf die geschriebene Sprache für Deutsch als Fremdsprache folgende Lesegrammatik Rechnung: Stalb, H., Deutsch für Studenten. Lesegrammatik. Ismaning 1993.

Eine ähnliche Zielsetzung verfolgt, wenngleich vor allem an Lehrende gewandt und mit differenzierten Erklärungen, die eine hohe terminologisch-begriffliche Sicherheit erfordern:

Heringer, H.J., Lesen lehren lernen. Eine rezeptive Grammatik des Deutschen. Tübingen 2001.  

Einen Russischkurs zur Lesefertigkeit für bestimmte Adressaten (ursprünglich Politologen), wobei intensiver Gebrauch eines Wörterbuchs vorausgesetzt wird, bietet Denninghaus F. 1984 Lesekurs Russisch. Textband. Politische Texte aus Zeitungen und Zeitschriften, Hueber Verlag.

Ein auf die mündliche Fertigkeiten Hören und Sprechen abzielender Anfängersprachkurs Russisch, der primär einer situationsbedingten Progression folgt, ist der Selbstlernkurs:

Schnellkurs Russisch. München 2003 (mit 2 CDs und einem Arbeitsbuch).

Ebenfalls mündliche Fertigkeiten vermittelt der auf typische "Touristenbedürfnisse" ausgerichtete Sprachkurs: Borgwardt, U. & Walter, H., Touristenkurs Russisch . München 1997. Er stellt primär sprachliche Routinen für Situationen wie z.B. Fragen nach der Toilette, mit jemandem anstoßen, sich nach einer U-Bahn-Linie erkundigen usw., zur Verfügung. Unter der Rubrik "Das sollten Sie wissen" werden zu jedem Thema nützliche landeskundliche Informationen gegeben, z.B. Abendessen: "Die Russen gehen abends oft mit Freunden zum Essen. Es kann sich über mehrere Stunden hinziehen. Es wird gegessen, getrunken, diskutiert, ohne Rücksicht darauf, ob das Essen kalt wird." (S. 36); In der Metro: "Russische Rentner dürfen die U-Bahn kostenlos benutzen." (S. 61)

Ein Selbstlernkurs für das Englische, der den Erwerb von Hören und Sprechen sowie partiell Lesen unterstützt, ist: On with English. Audio-Selbstlernkurs . Stuttgart 1988.