Aktuelle Promotionsprojekte
Belqis Aimaq: Konzept eines framebasierten Online-Lernerlexikons für das Sprachenpaar Deutsch-Dari
Im Rahmen des Promotionsvorhabens wird ein Konzept für ein framebasiertes Online-Lernerlexikons für das Sprachenpaar Deutsch-Dari entwickelt. Ziel ist es, dabei eine Ressource für Lernende auf der Kompetenzniveaustufe B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen zu erstellen. Die Arbeit untersucht, welche Arten von lexikalischen und grammatikalischen Informationen in einem Lernerlexikon auf der Basis von Frame-Semantik enthalten sein sollen. Das Lernerlexikon dient einerseits dazu, Kenntnisse über die Bedeutung von deutschen Wörtern auf der Grundlage von Frames aufzubauen und andererseits allgemeine Probleme zu lösen, die mit deutschem Vokabular und Grammatik im Gegensatz zu Dari stehen. Beginnend mit einer theoretischen Betrachtung der Begriffe "Lexikologie und Lexikographie" und "Frame-Semantik", sowie mit Theorien des Fremdsprachenlernens, wird die Relevanz eines framebasierten Lernerlexikons für die Deutschlernenden beim Erlernen der Bedeutung neuer Wörter abgeschätzt. Hierfür wird das framebasierte Lernerlexikon mit traditionellen Wörterbüchern verglichen und durch Umfragen in Sprachkursen evaluiert.
- Zuordnung/Förderung: Doktorandenkolleg Geisteswissenschaften / DAAD-Forschungsstipendium
- Betreuung: Prof. Dr. Heike Zinsmeister
- Kontakt: belqis.aimaq"AT"studium.uni-hamburg.de
Melanie Andresen: Stilistische Variation in der deutschen Wissenschaftssprache
In meinem Promotionsprojekt untersuche ich die stilistische Variation in der deutschen Wissenschaftssprache mit besonderem Fokus auf Variation innerhalb einer Disziplin oder zwischen eng verwandten Disziplinen. Zu diesem Zweck erstelle und analysiere ich ein Korpus aus linguistischen und literaturwissenschaftlichen Dissertationen. Die Analyse erfolgt zunächst stark datengeleitet durch N-Gramm-Analysen auf Ebene von Wortformen und Wortarten-Tags. Ziel ist eine quantitativ begründete Typologie wissenschaftlicher Schreibstile, die für die Instruktion von Lernenden der deutschen Wissenschaftssprache genutzt werden kann.
- Betreuung: Prof. Dr. Heike Zinsmeister
- Zuordnung: Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Germanistik
Babette Bernhardt: Die chinesische Literatur in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR)
Die Beziehungen zwischen der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und der Volksrepublik China begannen im Jahr 1949 und waren geprägt von weitgehender ideologischer Übereinstimmung, politischer Sympathie und Solidarität. Ein wesentlicher Bestandteil der kulturellen Beziehungen war der Austausch von Literatur, als eine der wichtigsten Vermittlungsinstanzen der chinesischen Kultur in Ostdeutschland - ein bisher weitgehend unbeachteter Aspekt der bilateralen Zusammenarbeit. Vor dem Hintergrund, dass literarische Übersetzungen immer das Ergebnis politisch-ökonomischer und soziokultureller Prozesse sind, folgt die Erforschung der chinesischen Belletristik in der DDR einem transdisziplinären Ansatz. Im Mittelpunkt des Dissertationsprojekts steht die Analyse der historischen Rahmenbedingungen und ihrem Einfluss auf die Publikations- und Übersetzungsprozesse. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf den ÜbersetzerInnen aus dem Chinesischen, über deren Leben und Wirken bis heute nur wenig bekannt ist. So ist es das Ziel, einen umfassenden Überblick über die Geschichte der chinesischen Literatur in der DDR zu geben. Diese Zusammenschau soll nicht nur zu einem erweiterten Verständnis der Beziehungen zwischen der DDR und der VR China beitragen, sondern auch die Rolle von Literatur und Translation in sozio-politischen Kontexten im Allgemeinen und in den ostdeutsch-chinesischen Beziehungen im Speziellen in den Fokus der Betrachtungen rücken. Zudem sollen Aspekte der Translationspolitik- und kultur anhand der Chinesisch-ÜbersetzerInnen beispielhaft untersucht werden, um das noch unvollständige Bild der LiteraturübersetzerInnen im politischen und kulturellen System der DDR zu ergänzen.
- Betreuer: Prof. Dr. Martin Jörg Schäfer
- Zuordnung/Förderung: Seit 2017 Stipendiatin im Doktorandenkolleg China in Europe, Europe in China: Past and Present, Graduiertenschule Geisteswissenschaften
- E-Mail: babette.bernhardt"AT"studium.uni-hamburg.de
Jingjing Bi: Image Hafenstadt. Die Städtepartnerschaft zwischen Hamburg und Shanghai (1986 - 2016) im Licht auswärtiger Kulturpolitik (Arbeitstitel)
Die ‚kulturelle Soft Power‘ ist nicht nur ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor eines Landes, sondern bestimmt auch dessen Außenwahrnehmung und internationale Attraktivität. Kulturaustausch spielt eine erhebliche Rolle für internationale Kooperationen und die Verbesserung der Auslandsbeziehungen. Somit gewinnt international ausgerichtete Kulturpolitik als fester Bestandteil der Außenpolitik immer mehr an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund soll die 1986 geschlossene Städtepartnerschaft zwischen Hamburg und Shanghai als Mittel kultureller Diplomatie untersucht werden. Die nunmehr 30-jährige Städtepartnerschaft zwischen der chinesischen Hafenstadt Shanghai und der deutschen Hafenstadt Hamburg blickt auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Politik, Kultur, Bildung und Tourismus zurück. Im Hinblick auf die Entwicklung der auswärtigen Kulturpolitik beider Ländern wird anhand zahlreicher Texte untersucht, auf welche Weise Hamburg und Shanghai ihren Kulturaustausch durchgeführt haben, und wie die beiden Metropolen dabei ihr jeweiliges Image als Hafenstädte gestalteten. Insbesondere wird anhand von Informations- und Werbetexten, aber auch literarischen Beispielen herausgearbeitet, welche Vorurteile oder Stereotypen und welche Ansätze zur interkulturellen Verständigung dabei Einsatz fanden.
- Betreuerin: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr
- Zuordnung/Förderung: Jingjing Bi von der East China Normal University Shanghai/China ist seit 2016 Stipendiatin des China Scholarship Council (CSC) an der Arbeitsstelle Interkulturelle Literatur- und Medienwissenschaft (Leitung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr).
- E-Mail: Jingjing.Bi"AT"studium.uni-hamburg.de
Xenia Boe: Kuriose Geschichten aus aller Welt in deutschen Nachrichtenmedien: Zusammenhänge zwischen Thema, Handlung und Narrativität
In meinem Dissertationsprojekt untersuche ich, welche Themen und Handlungen Geschichten erzählenswert machen, wie Thema und Handlung dabei miteinander korrelieren und das Sensationspotential einer Geschichte generieren und inwiefern sich dieses Sensationspotential schließlich auf die narrative Präsentation der Geschichte auswirkt. Für meine Arbeit habe ich Erzählungen aus deutschen Nachrichtenmedien ausgewählt, die zur kurzweiligen Unterhaltung eines breiten Lesepublikums konzipiert werden und deshalb stärker als literarisch ambitionierte Texte im deutschen Kulturraum gültige Erzählkonventionen widerspiegeln. Hinsichtlich der Handlungsorte gehen die Geschichten allerdings weit über unseren Kulturraum hinaus – nicht zuletzt möchte ich auch herausfinden, ob und inwiefern sich die Geschichten mit deutschem Handlungsort von denen mit einem ausländischen Handlungsort hinsichtlich Thema, Handlung und Erzählweise unterscheiden. Miteinander gemein haben alle Geschichten in meinem Korpus, dass sie in Rubriken publiziert wurden, die sich dem Kuriosen widmen. Publikationsunabhängig scheinen Kuriosa überwiegend nach den gleichen, vermutlich sogar universellen Prinzipien zu funktionieren. Das kommt nicht nur meinem Forschungsinteresse an Universalien des Erzählens entgegen – es hat auch den angenehmen Nebeneffekt, dass mir bei der Arbeit an meiner Dissertation das Lachen nicht so schnell vergeht.
- Betreuung: Prof. Dr. Jan Christoph Meister
- Zuordnung/Förderung: -
- E-Mail: xenia.boe"AT"uni-hamburg.de
Florian Busch: Schreibrepertoires von Jugendlichen. Kontexte, Formen, metasprachliche Reflexionen
In meinem Promotionsprojekt untersuche ich die Ausdifferenzierung von geschriebener Sprache im Alltag von Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 19 Jahren. Aufgrund der mittlerweile fast ausnahmslosen Ausstattung mit Smartphones sowie der hohen sozialen Relevanz digitaler Kommunikation, ist die Schriftlichkeit von Jugendlichen nicht mehr an den institutionellen Kontext der Schule gebunden, sondern diffundiert bis in den letzten Winkel des alltäglichen Lebens. Diese situative und soziale Ausdifferenzierung des Schreibens geht mit einer Fächerung von Schreibstilen einher. Solche Korrelationen von spezifischer Kommunikationssituation und der Wahl von bestimmten Ressourcen der geschrieben Sprache lassen sich als Schreibregister beschreiben. Mein Promotionsprojekt hat zum Ziel, die Beschaffenheit von Schreibrepertoires, also die Gesamtheit verschiedener Schreibregister, von Jugendlichen zu rekonstruieren. Hierfür werden zunächst alltägliche Situationen des Schreibens mit Hilfe einer Fragebogenuntersuchung identifiziert. Im Anschluss geben Textportfolien von 20 Jugendlichen, die authentische Texte aus verschiedenen Kommunikationssituationen enthalten, Einblick in die textuellen Realisierungen verschiedener Schreibregister. Die linguistische Analyse registerspezifischer Schreibformen anhand der Textportfolien soll dabei stets unter Einbezug der metasprachlichen Bewusstheit der Schreiberinnen und Schreiber selbst durchgeführt werden. So ist zu fragen, durch welches pragmatische Registerwissen bestimmte Schreibformen mit bestimmten Kommunikationssituationen verknüpft werden. Zu diesem Zweck werden mit ausgewählten Jugendlichen Fokusgruppeninterviews durchgeführt. Die Bezugnahme der verschiedenen Datentypen aufeinander soll schließlich ein differenziertes linguistisch und ethnographisch informiertes Bild der alltäglichen Schreibvariationen von Jugendlichen ergeben.
- Betreuung: Prof. Dr. Jannis Androutsopoulos
- Zuordnung/Förderung: Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Germanistik und am Institut für Medien und Kommunikation
- E-Mail: florian.busch"AT"uni-hamburg.de
Yalda Choopankareh: Kontroverse Fernsehdiskussionen: Kommunikativen Praktiken im Deutschen und Persischen
In dem Promotionsvorhaben sollen kontroverse Fernsehdiskussionen hinsichtlich ihrer typischen kommunikativen Praktiken in den Sprachen Deutsch und Persisch vergleichend untersucht werden.
- Betreuung: Frau Prof. Dr. Kristin Bührig
- Zuordnung/Förderung: Promotionsstipendium der Leistungsstipendien für internationale Studierende der Universität Hamburg
- E-Mail: yalda.Choopankareh"AT"studium.uni-hamburg.de
Akra Chowchong: Haltungen zur deutschen Sprache. Eine Analyse informeller Lerndiskurse in sozialen Medien
Akra Chowchong: Haltungen zur deutschen Sprache. Eine Analyse informeller Lerndiskurse in sozialen Medien
Meine Dissertation setzt sich mit multimodalen Metasprachdiskursen in sozialen Medien auseinander, genauer gesagt, mit Haltungen zur deutschen Sprache in informellen Lerndiskursen auf YouTube und Facebook. Digitale Plattformen wie diese ermöglichen Nutzern, selbstproduzierte Lerninhalte zu veröffentlichen, diese zu organisieren und nicht zuletzt Subjektivität einzubringen, etwa durch Sprachreflexionen, eigene Erfahrungen sowie parodische Darstellungen, wobei das Publikum ebenfalls durch die Interaktionsmöglichkeiten der Plattformen am Diskurs teilnehmen kann.
Im Einzelnen werden nicht-institutionelle Kanäle bzw. Seiten untersucht, die Lernangebote des Deutschen in Form von Text, Bild und Video publizieren. Die erste explorative Auswahl umfasst 5 Kanäle bzw. 30 Seiten. Den theoretischen Rahmen bilden die Sozio- und Diskurslinguistik einerseits und die Medienlinguistik andererseits: Die Online-Lerndiskurse werden anhand des soziolinguistischen Konzepts des stancetaking analysiert. Darunter ist ein öffentlicher, interaktiver, semiotischer Haltungsakt zu verstehen, bei dem ein Akteur ein Objekt bewertet, seine eigene Position ausdrückt und sich an bestimmten Ideologien und an anderen Kommunikationsakteuren ausrichtet. Parallel dazu wird das Augenmerk auf plattformspezifische Praktiken gerichtet, z. B. den Einsatz multimodaler Elemente und die digitale Organisation von Lerninhalten. Daraus ergeben sich die Fragen: Wie positionieren sich der Kanal- bzw. Seiteninhaber und das Publikum bei der Diskursteilnahme? Wie behandeln oder betrachten sie die deutsche Sprache bzw. bestimmte Aspekte der deutschen Sprache? An welchen Sprachideologien orientieren sie sich? Wie nehmen die Teilnehmer an Deutschdiskursen aufeinander Bezug? Inwiefern wird der interaktive und multimodale Charakter dieser Plattformen zur Haltungseinnahme nutzbar gemacht?
- Betreuung: Prof. Dr. Jannis Androutsopoulos
- Zuordnung/Förderung: Stipendium der Königin Sirikit
- E-Mail: akra.chowchong"AT"studium.uni-hamburg.de
Luis Carlos Cuevas Dávalos: Das Konzept der „logischen Phantasie“ in Egon Erwin Kischs Reportagen aus Prag und Mexiko (Arbeitstitel)
Die „logische Phantasie“ ist ein ästhetisches Konzept, das vom Begründer und wichtigsten Vertreter der Reportage als literarischer Gattung, Egon Erwin Kisch (1885-1948), zur Legitimierung der poetischen Darstellung von Tatsachen eingeführt wurde. Kisch machte die „logische Phantasie“ unter ästhetischen wie auch ethischen Aspekten zur Richtlinie seines Schreibens. Doch bei vergleichender Betrachtung der von Kisch verfassten Reportagen sind teilweise ganz unterschiedliche Ausprägungen dieses Konzeptes festzustellen. Die Arbeit versteht diese multiplen Transformationen in Kischs literarischen Reportagen als Effekt einer konsequenten Praxis der „logischen Phantasie“ des Autors in unterschiedlichen kulturellen Kontexten. Ausgehend von Ansätzen der Interkulturellen Literaturwissenschaft wird die Anwendung der „logischen Phantasie“ in zwei Reportagekomplexen kontrastiv analysiert, nämlich den Reportagen, die Kisch während seiner Tätigkeit als Lokalreporter in seiner Heimatstadt Prag und den Texten, die er im mexikanischen Exil während des Zweiten Weltkrieges verfasste. Die Arbeit untersucht, wie Kischs Auseinandersetzung mit dem Fremden in der urbanen Kultur Prags und seine Betrachtung fremdkultureller Gegebenheiten in Mexiko die ästhetische Form und ethische Position seiner Reportagen prägt.
- Betreuung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr (Erstgutachten), Prof. Dr. Manfred Weinberg (Karls-Universität Prag/Tschechien; Zweitgutachten)
- Zuordnung/Förderung: Luis Carlos Cuevas Dávalos von der Universidad de Guadalajara/Mexiko ist seit 2015 DAAD-Stipendiat an der Arbeitsstelle Interkulturelle Literatur- und Medienwissenschaft (Leitung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr).
- E-Mail: cuevasdavalos"AT"hotmail.com
Ann-Katrin Darsow: Der Gebrauch sprachlicher Mittel des Vergleichens von Kindern nicht-deutscher Herkunftssprache in der Primarstufe
- Betreuung: Prof. Dr. Angelika Redder
Lisa Dücker: Der Einfluss von Belebtheit, Satzgliedfunktion und semantischen Rollen auf die Entwicklung der satzinternen Großschreibung im Deutschen anhand von frühneuhochdeutschen handschriftlichen Hexenverhörprotokollen
Die bisherige Forschung zur Entwicklung der satzinternen Großschreibung hat sich vor allem auf gedruckte Texte konzentriert. In diesem Bereich wurden bereits Ergebnisse zum Einfluss der Belebtheit vorgelegt, doch die Bedeutung von syntaktischen Funktionen wie Subjekt, Objekt und adverbialen Bestimmungen sowie semantischen Rollen (Agens, Patiens u.a.) wurde noch nie systematisch untersucht. Diese Lücke will ich mit meiner Dissertation schließen und zusätzlich herausarbeiten, wie die drei genannten Faktoren Belebtheit, semantische Rolle und Satzgliedfunktion interagieren.
- Betreuung: Prof. Dr. Renata Szczepaniak
- Zuordnung: Seit 2016 Mitarbeiterin im SiGS-Projekt
- E-Mail: lisa.duecker@uni-hamburg.de(lisa.duecker"AT"uni-bamberg.de)
Heba Emam (Kairo): Exzerpieren als Wissensverarbeitung von wissenschaftlichen Texten in der deutschen und ägyptischen Universität
Betreuung: Prof. Dr. Angelika Redder
Barbara Eschenburg: "Ist nicht der Russe der menschlichste Mensch?" Die Entwicklung von Thomas Manns Menschlichkeitsbegriff im Zusammenhang mit seinem Russlandbild und dem Vorbild russischer Schriftsteller
„Ist nicht der Russe der menschlichste Mensch?“: Das für diese Arbeit gewählte Titelzitat drückt sehr plakativ aus, welche enge Verbindung für Thomas Mann zwischen dem Begriff der Menschlichkeit und seinem Bild des Russen besteht. Lebenslang geprägt durch russische Schriftsteller – wie insbesondere Lew Tolstoi und Fjodor Dostojewski – ist Thomas Manns Vorstellung vom „menschlichen Russen“ hauptsächlich durch ein literarisches Bild bestimmt. Das daraus resultierende Menschlichkeitsbild erfasst zunächst überraschende Aspekte, geprägt durch Thomas Manns Kriegseuphorie während des Ersten Weltkrieges, und entwickelt sich immer differenzierter in den späteren Schaffensjahren des Autors.
Thomas Manns komplexe Entwicklung des Begriffs „Menschlichkeit“ soll in dieser Arbeit umfassend beleuchtet werden. Anhand von Überlegungen aus den Essays Thomas Manns sollen Thesen über Manns Menschlichkeitsbegriff in seinen literarischen Werken verfolgt werden. Der Fokus wird ebenso auf den beiden Autoren Dostojewski und Tolstoi liegen, über die Thomas Mann in seinen Essays vielfach reflektiert – gerade im Zusammenhang mit Begriffen wie Humanität und Menschlichkeit – und deren Romane einen großen Einfluss auf sein literarisches Schaffen ausüben. Somit werden literarische Vergleiche zwischen Werken Tolstois und Dostojewskis mit Romanen Thomas Manns einen großen Teil der Dissertation ausmachen, die dabei helfen werden, die Frage nach der spezifischen Menschlichkeit „Russlands“ und Thomas Manns zu beantworten.
- Betreuer: PD Dr. Bernd Hamacher
- Anbindung: wissenschaftliche Hilfkraft bei der Hamburger Arbeitsstelle des Goethe-Wörterbuchs; Projektmitarbeiterin am Heinrich-und-Thomas-Mann-Zentrum (Buddenbrookhaus) Lübeck
- E-Mail: barbara.eschenburg"AT"gmx.de
Anna Sophie Felser: Leopold Jessners Hamburger Theatermaterialien am Anfang des 20. Jahrhunderts (AT)
Leopold Jessner, in Berlin der 1920er als „Intendant der Republik“ bekannt, gilt als einer der Vorläufer des modernen Regietheaters. Sein abstrakter Bühnenraum und sein radikaler Eingriff in den Text zugunsten einer Inszenierungsidee prägen das Theater bis heute.
Von 1904 bis 1915 führte Jessner am Lustspielhaus Thalia Theater in Hamburg die Dramen der Theatermoderne ebenso ein wie längere Probenzeiten. Auch dank seiner späteren Selbststilisierungen ist bisher übersehen, dass er in diesem Rahmen außerdem zahlreiche populäre Lustspiele inszenierte. Die entsprechenden Materialien gilt es erstmals zu identifizieren, um daran die facettenreiche Spannbreite von Jessners Hamburger Schaffen von protorealistischen Darstellungen bis hin zu Vorformen seiner späteren Berliner Ästhetik vorzuführen. Statt es als künstlerischen Entwurf zu glorifizieren fasst das Vorhaben das Regiebuch als funktionalen Gebrauchsgegenstand im Theateralltag, der mit anderen Schriftartefakten (Inspizierbuch, Rollenbuch, etc.) vernetzt ist. Das Projekt rekonstruiert einerseits die handschriftlichen Praktiken, das Verhältnis von Handschrift, Skizze und Druck, sowie die dabei entstehenden materiellen Dynamiken. Andererseits geht es um die Erstellung eines Überblicks der Entwicklung von Jessners Ästhetik in seiner Hamburger Zeit und die Rolle des Textes in dieser.
- Betreuung: Prof. Dr. Martin Jörg Schäfer und Prof. Dr. Cornelia Zumbusch
- Zuordnung: Wissenschaftliche Mitarbeiterin von Prof. Dr. Martin Jörg Schäfer am DFG-Exzellenzcluster "Understanding Written Artefacts"
- E-Mail: anna.sophie.felser"AT"uni-hamburg.de
Jiayin Feng: Argumentation in der Lernersprache: eine korpusbasierte Untersuchung von argumentativen Texten chinesischer Deutschlernender
Kausalität bezeichnet die Relation zwischen zwei Ereignissen oder Sachverhalten, die in Abhängigkeit von einander als Ursache und Wirkung interpretiert werden. Sie ist eine der fundamentalen Kategorien der Argumentationsstruktur und trägt zur Diskurskohärenz bei. Kausalität ist für viele Textsorten relevant. Dementsprechend spielt sie eine bedeutende Rolle im Fremdsprachenunterricht.
Kausalität wird als kognitive Universalie betrachtet, die jedoch einzelsprachlich unterschiedlich realisiert wird. Das vorliegende Dissertationsprojekt untersucht kausale Strukturen in Texten von chinesischen Deutschlernenden (L2-Texte) und von chinesischen und deutschen Muttersprachlern (L1-Texte). Es stehen dabei zwei Thesen im Mittelpunkt, die sich in einer Vorstudie bestätigt haben: (i) L2-Texte drücken Kausalität in anderer Form aus als L1-Texte; (ii) Der Ausdruck von Kausalität in den L2-Texten lässt sich (teilweise) durch Transfereffekte aus dem Chinesischen erklären. Ziel ist es, die Interlingua kausaler Relationen von Deutschlernenden mit L1 Chinesisch in der Argumentationsstruktur systematisch zu beschreiben und in Hinblick auf Transfereffekte zu analysieren. Die linguistischen Ergebnisse können als Input für die Fremdsprachendidaktik einen Beitrag zur Verbesserung des interkulturellen Verstehens leisten.
Empirische Grundlage der Untersuchung sind Erörterungen, d.h. argumentative Texte, aus dem Lernerkorpus Kobalt (Korpusbasierte Analyse von Lernertexten für Deutsch als Fremdsprache) bzw. Texte, die analog erhoben wurden. Die Korpusanalyse beruht auf dem Ansatz der Penn Discourse Treebank und vergleicht die linguistische Ausprägung kausaler Relationen in L2- und L1-Texten.
- Betreuung: Prof. Dr. Heike Zinsmeister
- E-Mail: Jiayin.Feng"AT"studium.uni-hamburg.de
Johanna Flick: Die Entwicklung des Definitartikels im Deutschen. Eine kognitiv-linguistische Korpusuntersuchung
In meinem Promotionsprojekt untersuche ich, wie sich der Definitartikel während der althochdeutschen Sprachperiode (ca. 750-1050 n. Chr.) aus einem adnominalen Demonstrativ herausgebildet hat. Eine meiner Hypothesen lautet, dass die Entwicklung belebtheitsgesteuert verläuft. Die korpusgestützten Analysen bewegen sich im Theoriefeld der Konstruktionsgrammatik.
- Betreuung: Prof. Dr. Renata Szczepaniak
- Zuordnung/Förderung: Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Germanistik
Reza Kai Ghamsari: Aporetisches Erzählen als narrative Technik in Prosatexten Franz Kafkas
Das Erzählwerk Franz Kafkas lädt aufgrund seiner Verschränkung luzider Sprachkonstruktion und enigmatischer Sinn(de)konstruktion zu divergierenden Deutungsansätzen ein. Die auf die rätselhaften Topoi und semantischen Leerstellen methodisch facettenreich reagierende Kafka-Exegese erscheint deshalb mitunter ähnlich opak wie der literarische Text, dem sie sich widmet. Kernthese meines Dissertationsvorhabens ist, dass die Quelle der textuellen Polyvalenz und der daraus resultierenden, nahezu beliebig wirkenden Herangehensweisen der Kafka-Philologie in bestimmten rezeptionserschwerenden Erzählstrategien zu suchen ist. Im Rahmen dieser Studie werden diese Strategien unter dem Neologismus aporetisches Erzählen subsumiert. Unter diesem Begriff fasse ich drei Erzählweisen, die das Erzählte in unterschiedlichem Grade als eine in Bezug auf ihren Wahrheitsgehalt problematische Aussage erscheinen lassen:
- eine antinomische Variante, die in Form logisch widersprüchlicher Aussagen realisiert ist;
- eine dialektische Variante, die durch kommentarlose, nicht-identische Beschreibungen des gleichen Sachverhalts gekennzeichnet ist;
- eine relativierende Erzählstrategie, die Aussagen zueinander in Beziehung setzt und dadurch deren individuelle Geltung in Frage stellt.
Auf Grundlage einer systematisch-narratologischen Herangehensweise sollen an ausgewählten Texten des Prager Schriftstellers diese drei Erzählstrategien zunächst identifiziert werden, um sie im Anschluss als mögliche Ausprägungen narrativer Unzuverlässigkeit zu diskutieren. Unter Bezugnahme auf die Analyseergebnisse soll außerdem die theoretische Problematik der Unzuverlässigkeit in heterodiegetischen Erzählsituationen geklärt werden.
- Betreuung: Prof. Dr. Jan Christoph Meister
Nathalie Giele: Inszenierte Weltanschauung? Zur theologischen Relevanz des Gegenwartstheaters
Theater und Theologie hätten sich viel zu sagen, denn beide bieten (auf je eigene Weise) eine Auseinandersetzung mit Fragen nach Sinn und der Bewältigung von Kontingenz an, indem sie „Welt“ zur „Anschauung“ bringen. Beide arbeiten mit Transformationen und haben den Anspruch, „zeitgenössisch“ zu sein. Statt aber in den Dialog zu treten, stehen Theater und Theologie sich zumeist wie zwei Fremde schweigend gegenüber. Zentrales Grundanliegen des Dissertationsprojektes ist es daher – in Anlehnung an die theologische Auseinandersetzung mit anderen Kunstformen –, Theaterforschung und Theologie reziprok-dialogisch zusammenzuführen, so dass der beidseitige Gewinn einer Annäherung der beiden Größen ersichtlich wird.
Dies soll exemplarisch geschehen anhand des gesellschaftlich aktuellen Diskurses um Alterität. Alterität ist hier zu verstehen als Begegnung mit dem (ganz) Anderen, die „die Verknüpfung von Fremdheit und Eigenheit als Prozess und Erfahrung in eins fasst.“ Zum einen wurde Alterität als Fokus deshalb gewählt, weil sich Theater wie Theologie, wenn sie sich als zeitgenössisch verstehen, ohnehin dazu verhalten (müssen). Zum anderen kann Alterität aber auch das Verhältnis von Theater und Theologie beschreiben: trotz vieler Schnittmengen im Laufe der Geschichte haben sich die beiden Größen von einander entfremdet, könnten sich aber im Dialog heute – so die methodische Hypothese dieser Arbeit – als herausforderndes Anderes begegnen, das zur Weitung, Dynamisierung und Transformation der eigenen Perspektive befähigt. Das Thema Alterität leitet auch die Auswahl der zur Analyse ausgewählten Theaterproduktionen. Die in den Inszenierungen zutage tretenden Konzepte von Selbst- und Weltverhältnis, die auf der Bühne verhandelt werden, sowie die Art der Aushandlungen sollen eruiert und mit einer theologischen Anthropologie in ein Gespräch auf Augenhöhe gebracht werden: Wo werden christliche Menschenbilder und Weltanschauungen im Hinblick auf den Umgang mit Fremdheit und Andersheit anfragbar durch Gehalt und Form des theatral verhandelten Diskurses? Was hat die Theologie aber auch zu erwidern und wo könnte sie das Theaterschaffen durch ihren jeweiligen Ansatz der Diskursivierung bereichern?
Betreuung: Prof. Dr. Martin Jörg Schäfer und Prof. Dr. Christine Büchner
Zuordnung/Förderung: Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fakultät für Erziehungswissenschaft, Promotionsstipendium des Cusanuswerks
Email: nathalie.giele"AT"studium.uni-hamburg.de
Mirjam Groll: Fiktionen des Selbst im Theater des 21. Jahrhunderts
Nicht nur die Literatur, sondern auch das Theater ist vermehrt Ort für autobiographische Bezüge suggerierende Selbstdarstellungen. Der in diesem Zusammenhang in der Forschung aufgekommene Begriff der „Autofiktion“ ist im Bereich der Gegenwartsliteratur bereits umfassend erforscht. Eine systematische Untersuchung von Fiktionen des Selbst im zeitgenössischen Theater steht allerdings noch aus.
Zunächst erscheint die Frage nach dem ,Selbst‘ auf der Bühne paradox. Zwar ist die Vierte Wand längst eingerissen und das ungebrochene Eins-Werden von Schauspieler*in und gespielter Figur zumeist nicht mehr der Maßstab für die Bewertung des Bühnengeschehens, doch wie soll dem grundlegenden Täuschungsvertrag des Theaters entkommen werden, ohne dabei das Theater selbst überflüssig zu machen? Was bedeutet es für das Theater als Ort des Scheins und des Sich-Verstellens, wenn es immer häufiger zum Ort von Selbstinszenierung und -positionierung wird? In meinem Dissertationsprojekt möchte ich untersuchen, welche Konzepte der Auto(r)fiktion das zeitgenössische Theater auszeichnen und wie dabei das ‚Selbst‘ auf der Bühne gerahmt wird. Da sich das Theater in den meisten seiner Formen durch Dialogizität und Vielsprachigkeit auszeichnet, ist die Frage danach, wer ‚Ich‘ sagt und wie das ‚Selbst‘ sich positioniert immer an kollektive Darstellungsformen zwischen Fremd- und Eigendarstellung geknüpft. Oft fallen Autor*in und Schauspieler*in eines Bühnentextes nicht zusammen. Gleichzeitig sind Schauspieler*innen, die sich selbst spielen, plötzlich nicht mehr austauschbar. Was sind auf der Theaterbühne Kriterien einer gelungenen Selbstpositionierung, und von welcher Position aus werden sie festgelegt? Welche theatralen Mittel dienen dabei der Rahmung des ,Selbst‘? Neben einer Analyse der einschlägigen theater- und schauspieltheoretischen Auseinandersetzungen mit der Frage nach der Abgrenzung von Rolle, Figur und Selbst im Prozess des Schauspielens sowie einer theoretischen Verortung der für das Theater anschlussfähigen Konzeptionen des Selbst-Begriffs, sollen exemplarisch ausgewählte Inszenierungen der Regisseure René Pollesch und Milo Rau, des Performance Kollektivs She She Pop, der Gruppe Rimini Protokoll und des internationalen Theaterkollektivs Gintersdorfer/Klaßen auf ihre jeweiligen und sehr unterschiedlichen Fiktionen des ‚Selbst‘ auf der Theaterbühne befragt werden. Die hier verhandelten Selbst-Entwürfe sollen für die Arbeit den Ausgangspunkt einer Analyse und Einordnung der vielfältigen Erscheinungsformen von Auto(r)fiktionen im Theater des 21. Jahrhunderts darstellen.
- Betreuung: Prof. Dr. Martin Jörg Schäfer und Prof. Dr. Cornelia Zumbusch
- Zuordnung: Wissenschaftliche Mitarbeiterin von Prof. Dr. Martin Jörg Schäfer
- E-Mail: mirjam.groll"AT"uni-hamburg.de
Maximiliane Gürth: Das protestantische Drama im 16. Jahrhundert. Zum Fortleben der mittelalterlichen Tradition des geistlichen Spiels in der Reformationszeit
Auch im Protestantismus der Frühen Neuzeit wirkten vorreformatorische Traditionen des geistlichen Spiels weiter, was in der frühneuzeitlichen Forschung immer noch wenig bekannt ist. Mit der Reformation fand das geistliche Spiel nicht sein jähes Ende, sondern lebte im protestantischen Raum in transformierter Form weiter. Der Charakter und das Verständnis der Spielveranstaltungen veränderten sich dabei grundlegend.
Das Dissertationsvorhaben rückt die Frage nach dem Umgang protestantischer Dramatiker und Theologen mit vorreformatorischen Traditionen in den Mittelpunkt des Interesses. Der besondere Fokus liegt dabei auf der Herausarbeitung von interkonfessionellen Phänomenen und heterogenen konfessionellen Konzepten im Bereich des protestantischen Dramas. Um eine interkonfessionelle Grenzüberschreitung in der Frühen Neuzeit markieren zu können, werden protestantische geistliche Dramen, vor dem Hintergrund der Rezeption mittelalterlicher Tradition, auf transkonfessionelle Elemente und interkonfessionelle Strukturen hin untersucht. Dafür werden primär lutherische aber ebenso römisch-katholische Deutungstraditionen berücksichtigt und analysiert. Mit Blick auf das Forschungsanliegen des Graduiertenkollegs wird somit der zentralen Frage nachgegangen inwiefern interkonfessionelle Austauschprozesse, Wechselwirkungen und Angleichungsphänomene nachzuweisen sind.
- Betreuung: Prof. Dr. Bernhard Jahn, Prof. Dr. Johann Anselm Steiger
- Zuordnung/Förderung: Kollegiatin des Graduiertenkollegs Interkonfessionalität in der Frühen Neuzeit
- E-Mail: maximiliane.guerth"AT"uni-hamburg.de
Marco Heiles: Die deutschsprachigen Losbücher des 15. Jahrhunderts und ihre Handschriften
- Betreuung: Prof. Dr. Bernhard Jahn, Prof. Dr. Karina Kellermann (Uni Bonn)
- Zuordnung/Förderung: Graduiertenkolleg Manuskriptkulturen des SFB 950
- E-Mail: heiles"AT"uni-bonn.de
Sarah Ihden: Relativsätze im Mittelniederdeutschen. Korpuslinguistische Untersuchungen zu Struktur und Gebrauch
Abschluss im September 2019 mit der Gesamtnote „summa cum laude“
Janina Jacke: Unzuverlässiges Erzählen. Definition, Typologie, Anwendung
Inhalt dieses Projekts ist die theoretische Arbeit an der narratologischen Kategorie des unzuverlässigen Erzählens. Ziel ist die Entwicklung einer eindeutigen und operationalisierbaren Definition sowie einer ausführlichen Typologie dieses narrativen Phänomens. Besonderer Fokus liegt auf der Diskussion der Anwendungsbedingungen der Kategorie bzw. einzelner Typen unzuverlässigen Erzählens.
- Betreuung: Prof. Dr. Jan Christoph Meister
- Zuordnung: Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt forTEXT
- E-Mail: janina.jacke"AT"uni-hamburg.de
Valerie Kaiser: Begleitende Affekte. Heimat – Flucht – Fremde in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur (Arbeitstitel)
Das Promotionsprojekt setzt sich mit der literarischen Darstellung und Funktion von Affekten im Spannungsfeld von ‚Heimat – Flucht – Fremde‘ auseinander und stellt sich zugleich der Abgrenzung des Begriffs von Emotion, Gefühl und Regung. Wie kaum ein anderer Topos steht die (verlorene) Heimat für einen emotional und ideologisch aufgeladenen Ort, dem eine zutiefst identitätsstiftende Funktion zugesprochen wird. Zugleich ist Heimat aber auch ein sich in ständigem Wandel befindendes fragiles Konstrukt, das keineswegs einen stabilen Rahmen garantiert. Ebenso ist Flucht als Bewegung des Übergangs wie auch Fremde als Ort eines möglichen Neuanfangs mit einem Konglomerat aus Affekten und Emotionen belegt. Insbesondere in aktuell kontrovers geführten Diskussionen über den Umgang mit Geflüchteten ist die Trias ‚Heimat – Flucht – Fremde‘ präsent und wird zunehmend in der deutschsprachigen (interkulturellen) Gegenwartsliteratur verhandelt. Die Arbeit untersucht in Texten von Abbas Khider, Sherko Fatah, Elfriede Jelinek, Dorothee Elmiger, Saša Stanišić und Terézia Mora, durch welche literarischen Emotionalisierungsstrategien die Themen Heimat, Flucht und Fremde miteinander verbunden sind.
- Betreuung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr
- Zuordnung/Förderung: Assoziiertes Mitglied an der Arbeitsstelle Interkulturelle Literatur- und Medienwissenschaft (Leitung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr); 2011 Stipendiatin im BMBF-/DAAD-Projekt „Interkultureller Topos Hafenstadt: Mumbai und Hamburg im medialen Vergleich“ an der University of Mumbai (Leitung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr).
- E-Mail: valerie.kaiser"AT"gmx.de
Samuel Karp: Die Interkonfessionalität deutscher Stadtbeschreibungen in Apodemiken und Reiseberichten des 17. Jahrhunderts
Kein Reisebericht einer peregrinatio academica oder Grand Tour kommt im 17. Jahrhundert ohne eine ausgiebige Stadtbeschreibung aus. Reisebeschreibungen greifen dabei auf Apodemiken zurück, denen Anleitungen zum richtigen Reisen entnommen werden, wenn es gilt, sich in einer fremden Stadt angemessenen zu verhalten. Besonders angesichts einer fremdkonfessionellen Stadtgemeinde sind Anweisungen, inwiefern an Bräuchen der in der Stadt dominierenden Konfession partizipiert werden darf, unerlässlich und finden immer wieder Eingang in Stadtbeschreibungen. Sie fordern den Reisenden auf, sich in der Fremde von anderskonfessionellen Bräuchen zu distanzieren oder in einen interkonfessionellen Dialog zu treten und aktiv am religiösen Leben der Bürger teilzunehmen. Die Interkonfessionalität auf Reisen verhandeln Apodemiken und Reiseberichte mittels Stadtbeschreibungen und rekurrieren auf zeittypische Maximen der (Inter)Konfessionalisierung, Sozialdisziplinierung und Frömmigkeitsbewegung. So dokumentieren einzelne Beschreibungen einer Stadt sowohl ihre zeitgenössische Rezeption als auch die dort vorherrschenden humanistischen Konzepte, orthodoxen oder irenischen Lehren und frommen, mystischen Denkweisen und werten sie in Hinblick auf die biblischen Städte Babel und Jerusalem.
- Betreuung: Prof. Dr. Bernhard Jahn und Prof. Dr. Jürgen Sarnowsky
- Zuordnung/Förderung: DFG-Graduiertenkolleg Interkonfessionalität in der Frühen Neuzeit
Linda Krenz-Dewe:Körper – Gedächtnis – Geschlecht. Transgenerationale Traumata und brüchige Identitätskonstruktionen in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur jüdischer Autorinnen
Das Promotionsprojekt analysiert aktuelle Texte junger jüdischer Autorinnen (Ramona Ambs, Vanessa F. Fogel, Olga Grjasnowa, Katja Petrowskaja, Julyia Rabinowich, Channah Trzebiner) in Bezug auf Aspekte und Schreibweisen der identitären Verortung, worin die Shoah als 'zentrales Erinnerungsereignis' einen übergeordneten Stellenwert einnimmt. Die Auseinandersetzung mit weiblicher und jüdischer Identität im deutschsprachigen, mehrheitlich nicht-jüdischen Kontext ist das zentrale Sujet der ausgewählten Erzählliteratur, was auf eine unsichere, auszuhandelnde Positionierung im gesellschaftlichen und auch literarischen Feld verweist. Die identitären Suchbewegungen verlaufen zwischen Selbstbe- und Fremdzuschreibungen sowie zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Zudem öffnet der postsowjetische Hintergrund einiger der Autorinnen die literarischen Identitätskonstruktionen in Richtung multipler transkultureller Zugehörigkeiten und Differenzen, was Fragen nach 'dem Jüdischsein' heute noch komplexer werden lässt.
Drei zentrale Gemeinsamkeiten, die zugleich Schwerpunkte der Analyse sind, weisen die Texte dennoch auf: a) die Erfahrung, eine - teils in mehrerlei Hinsicht - 'Andere' zu sein, ist die Grundlage der identitären Konstruktionen; b) das Gedächtnis der Shoah sowie Prozesse der Migration lassen die Texte identitätskonstitutive Topographien des Erinnerns entwerfen; c) der weibliche Körper ist nicht nur Ort vergeschlechtlichender Subjektivation, sondern auch Ort und Medium von (traumatischer) Erinnerung. Das mehrschrittige, diskursanalytisch, gedächtnistheoretisch und narratologisch perspektivierte Analyseverfahren folgt den vielfältigen Verweisungsstrukturen der Texte und zielt zugleich auf die Identifikation spezifischer erinnernder Schreibweisen - auch um diese im Verhältnis zur deutsch-jüdischen Literatur der ersten und zweiten Generation verorten zu können. 'Zwischenräume' der identitären Verortung in kultureller, sprachlicher und topographischer Hinsicht werden mithilfe des Bezugs auf Elemente der postkolonialen Literaturtheorie herausgearbeitet. Aufgrund der großen Nähe der Autorinnen-Biographien zu den textuellen Identitätskonstruktionen sind zudem Fragen der Autorschaft und Autofiktion von Relevanz für das Projekt, das sich in den Feldern der transkulturellen Germanistik als auch der kulturwissenschaftlich orientierten Jüdischen Studien verortet.
- Betreuung: Prof. Dr. Doerte Bischoff, Prof. Dr. Claudia Benthien
- Zuordnung/Förderung: Rosa-Luxemburg-Stiftung, Graduiertenkolleg Vergegenwärtigungen (assoziiert)
Sibylle Kronenwerth: Komplexe Konnektierungen bei Schülern
- Betreuung: Prof. Dr. Angelika Redder
Gesa Lehmann: Homileischer Diskurs - empirische Untersuchung von Kneipengesprächen
- Betreuung: Prof. Dr. Angelika Redder
- Zuordnung/Förderung: Projektmitarbeiterin Koordinierungsstelle BMBF-Forschungsinitiative Sprachdiagnostik/Sprachförderung
- E-Mail: gesa.lehmann"AT"uni-hamburg.de
Qiqi Li: Höflichkeit in Gesprächen. Eine kontrastive Analyse Deutsch – Chinesisch
- Betreuung: Frau Prof. Dr. Kristin Bührig
- E-Mail: Qiqi.Li"AT"studium.uni-hamburg.de
Markus Majewski: Vegane Ernährung im diskursiven Fokus - Eine korpusassistierte diachrone Analyse zum Veganismus-Diskurs in deutschen Printmedien
Sprache und Identität sind eng miteinander verbunden, dies gilt ebenso für Ernährung und Identität. Wie wir uns ernähren und wie wir darüber kommunizieren ist großer Teil unserer eigenen Identitätsbildung. Insbesondere für den Bereich des Veganismus gilt diese Verbindung. Veganer*innen wird nicht selten Dogmatismus oder ‚missionarisches‘ Verhalten vorgehalten und eine vegane Ernährungswahl kann als besonders identitätsstiftend gesehen werden.
In diesem Promotionsvorhaben wird untersucht, wie über Veganismus im Ganzen und Veganer*innen im Speziellen in deutschen Printmedien berichtet wird. Der Ansatz folgt dabei einer diachronen korpusassistierten Diskursanalyse, die sowohl historische Perspektivierung und Entwicklung des medialen Diskurses berücksichtigt als auch soziale Distinktionsprozesse und Selbst- bzw. Fremdzuschreibungen von Veganer*innen untersucht. Hierfür werden ca. 10.000 journalistische Texte aus den letzten 30+ Jahren betrachtet, die Gegenstand quantitativer und qualitativer Untersuchungen sind. Das Ziel ist es eine Übersicht zu schaffen, die den Verlauf des Veganismus-Diskurs in den deutschsprachigen Printmedien abbildet und dessen Veränderung anhand gesellschaftlicher Umwälzprozesse interpretiert. Plakativ gesprochen: Wie wird aus „Veganer essen meinem Essen das Essen weg“ ein zumindest großstädtisches Trendphänomen? Welche anderen Themen und Ereignisse sind maßgeblich für diese Entwicklung und wie verändert sich dabei die sprachliche Darstellung und Bewertung von Veganer*innen?
- Betreuung: Prof. Dr. Jannis Androutsopoulos
- Zuordnung: Doktorandenkolleg Geisteswissenschaften
- E-Mail: markus.majewski"AT"uni-hamburg.de
Maraike Marxsen: Wilful Girls, Deviant Forms. Feminine Adolescence in the Experimental Films and Videos of Sarah Jacobson, Sadie Benning, and Jennifer Reeder
My dissertation investigates the works of three video artists and experimental filmmakers (Sadie Benning, Sarah Jacobson, Jennifer Reeder) who draw on literary genres such as autobiography and diary to deconstruct the representation of feminine adolescence in mainstream cinema. Of central concern are correlations between alternative aesthetics and alternative feminine identities. Associating adolescence, most general, with experiences of upheaval, estrangement, identity fragmentation and reformulation, I ask how this experience is translated into artistic expressions. Already the feminist film theory of second wave feminism considered the writings of Russian formalism to formulate a feminist aesthetics. My theoretical approach is thus informed by classic and contemporary feminist/queer (film) theory with a specific focus on the concept of ostranenie. Moreover, I use the neoformalist concept of ‘background’ to analyze how the translation of literary genres into media art affects both, the representation of feminine adolescence and generic conventions. In short: I am interested in the relation between deviant girls and deviant forms.
Februar – April 2016: 3-monatiger Forschungsaufenthalt in New York (gefördert durch ein Stipendium des DAAD)
- Betreuung: Prof. Dr. Claudia Benthien
- Zuordnung/Förderung: DFG, Projektmitarbeiterin „Literarizität in der Medienkunst“ (bis 2018)
- E-Mail: maraike.marxsen"AT"uni-hamburg.de
Sandra Narloch: Exil und Kosmopolitismus: Weltbürgerliche Narrative und kosmopolitische Perspektiven in literarischen Verhandlungen des Exils 1933-1945
Ein stetig wachsendes Interesse an transnationalen und transkulturellen Phänomenen hat dem Begriff des Kosmopolitismus im Zeitalter von Massenmigration und Globalisierung Disziplin übergreifend zu einer regelrechten Renaissance verholfen. Bereits seit Mitte der 1990er Jahre lassen sich vor allem in der angloamerikanischen Forschung zahlreiche Bemühungen verzeichnen, einen ,Neuen Kosmopolitismus‘ als methodologisches Paradigma für den Umgang mit kultureller Differenz zu etablieren. Obwohl das Exil in diesem Zusammenhang als geradezu „paradigmatischer Ort“ für die Ausbildung eines „kosmopolitischen Blicks“ beschrieben wurde, gibt es bisher kaum Bemühungen, die literarischen Verhandlungen des Exils 1933-1945 zu den gegenwärtigen Auseinandersetzungen in Beziehung zu setzen. Indem die Untersuchung die im Exil entstandenen kosmopolitischen Identitäts- und Gemeinschaftsentwürfe in einen Dialog mit Konzepten eines ,Neuen Kosmopolitismus‘ treten lässt, verfolgt sie zum einen das Ziel, das kosmopolitische Paradigma für die literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung fruchtbar zu machen. Zum anderen verspricht sich das Projekt von der vergleichenden Analyse ausgewählter literarischer Texte innovative Erkenntnisse über das spezifische Verhältnis von Exil, Literatur und Kosmopolitismus.
- Betreuung: Prof. Dr. Doerte Bischoff
- Zuordnung/Förderung: Doktorandenkolleg Geisteswissenschaften
- E-Mail: sandra.narloch"AT"studium.uni-hamburg.de
Judith Niehaus: Typographisches Verfremden – Verfremdete Typographie. Zur Ästhetik der Schrift in der deutschsprachigen Erzählliteratur der Gegenwart
In der deutschsprachigen Erzählliteratur trifft man seit einigen Jahrzehnten immer häufiger auf Werke, die typographische Effekte einsetzen. Mit diesem Phänomen möchte ich mich in meiner Dissertation aus verschiedenen Perspektiven beschäftigen. Einerseits interessieren mich die historischen, gesellschaftlichen und technischen Bedingungen, die potentiell der differenzierteren Verwendung von Schrift in Erzähltexten zugrunde liegen. Andererseits möchte ich mich – im Rahmen der Erzähltexte, in denen sie eingesetzt werden – mit den konkreten Verfahren beschäftigen, um sie mit Hilfe verschiedener Theorieansätze besser verstehen, beschreiben und nach Möglichkeit auch typologisieren zu können – ein Ansatz, der in der deutschen Forschungsliteratur bisher nicht verfolgt wurde. Das literaturwissenschaftliche Konzept, das dabei die Analysen leiten und rahmen soll, ist das der Verfremdung: Es geht um typographische Verfahren, die das, was geschrieben wird, die Art, wie geschrieben wird, oder sogar die Schrift selbst ‚fremd‘ machen – verfremden.
- Betreuung: Prof. Dr. Claudia Benthien
- Zuordnung/Förderung: Studienstiftung des deutschen Volkes
- E-Mail: judith.niehaus"AT"yahoo.de
Stellan Pantléon: Geprüfte Lehrer. Konflikt-Kulturen im zeitgenössischen Schul-Film (Arbeitstitel)
Im sozialen Feld Schule treffen differente Wertvorstellungen, Lebenswirklichkeiten und Ansprüche aufeinander. Im Spielfilm werden diese Kollisionen auf der Ebene konkreter intersubjektiver Konflikte von Lehrer/innen-Figuren auch in ihrer kultursoziologischen Dimension erzählbar. Ausgehend von der Beobachtung einer gegenwärtig starken Häufung von Filmproduktionen über die Schule fragt diese Arbeit nach der kulturellen Verortung jener Narrative, die jenseits der vordergründigen Filmhandlung über die inszenierten Lehrerfiguren entwickelt werden. Der Studie liegen fünf exemplarische ,Schul-Filme‘ zugrunde, welche die Figur des Lehrers und seine potentiell krisenhafte Position als Vermittler zwischen Heranwachsenden und den an sie herangetragenen Erwartungen in einer staatlichen Institution auf je unterschiedliche Weise verhandeln. Die hier inszenierten ,Konflikt-Kulturen‘ vermögen Auskunft über die wahrgenommenen Möglichkeiten und Grenzen der Institution Schule und ihres gesellschaftlichen Vermittlungsauftrags zu geben. Die Arbeit verfolgt dabei einen kulturwissenschaftlichen Ansatz, welcher der Spezifik filmischen Erzählens durch die Operationalisierung narratologischer und semiologischer Kategorien beizukommen sucht. Dabei sind in der Analyse der filmischen Erzählverfahren auch die kulturellen Implikationen der Produktions- und Rezeptionsbedingungen berücksichtigt.
- Betreuung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr
- Zuordnung/Förderung: Ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter im Mercator-Projekt „Geteilte Erfahrung Migration im deutsch-türkischen und türkischen Film“ (Leitung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr); 2013-2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Arbeitsstelle Interkulturelle Literatur- und Medienwissenschaft (Leitung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr); 2014/2015 Stipendiat im DAAD-Projekt „Mediale Semantisierung maritimer Urbanität. Die Hafenstädte Hamburg und Mumbai im Vergleich“ (Leitung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr); 2012-2015 Stipendiat in der vom DAAD geförderten „Germanistischen Institutspartnerschaft: Hamburg – Istanbul“ (Leitung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr); 2012 Stipendiat im BMBF-/DAAD-Projekt „Interkultureller Topos Hafenstadt: Mumbai und Hamburg im medialen Vergleich“ an der University of Mumbai (Leitung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr).
Ruth Pappenhagen: Mehrsprachigkeit im Hamburger Welcome-Center - empirische Untersuchungen
- Betreuung: Prof. Dr. Angelika Redder
- Zuordnung/Förderung: Projektmitarbeiterin „Offensive Sprachwissenschaft“
Malena Ratzke: Politische Rede in der Literatur des Mittelalters
Das Promotionsprojekt untersucht Formen und Funktionen politischer Rhetorik in fiktionalen Texten vom 12. bis 15. Jahrhundert. Vorwiegend höfische, ggf. aber auch nicht zum Kernbestand höfischer Epik zählende Texte sollen darauf befragt werden, inwiefern sie Eloquenz als Bedingung für erfolgreiche Herrschaft bzw. erfolgreiche gemeinsame Politik inszenieren. Das Untersuchungsinteresse richtet sich dabei zum einen auf die Darstellung von Redekompetenz einzelner Figuren, die – etwa in der Tradition der Alexanderromane – als eloquente Herrscher, Ratgeber oder Diplomaten präsentiert werden. Von der Analyse entsprechender Redeszenen ausgehend soll zum anderen das Zusammenspiel verbaler und nonverbaler Formen symbolischer Kommunikation betrachtet werden, wobei besonders die Rolle von Rede im politischen Zeremoniell im Fokus steht. Eine dritte Fragerichtung zielt auf die poetologische Ebene der Texte. So können Szenen politischer Rede nicht nur als Beitrag der Verfasser zum politischen Diskurs verstanden werden, etwa in Form eines auf Beredsamkeit gründenden Herrscherideals; sie können auch programmatisch darauf ausgerichtet sein, dem Publikum die entsprechenden Fähigkeiten zu vermitteln, wie dies etwa von Konrad von Würzburg vertreten wird. Nicht zuletzt bieten die Szenen den Verfassern die Möglichkeit, ihr rhetorisches Können zu demonstrieren und ihre literarische Qualität zu beweisen.
Die Untersuchung knüpft an aktuelle Arbeiten im Bereich der Historischen Dialogforschung zu literarischen Redeszenen an und führt diese mit Ansätzen aus der historischen Oratorikforschung zusammen. Ziel ist es, den literarischen Diskurs über politische Rede sichtbar zu machen und auf Grundlage einer exemplarischen Auswahl von Texten Modelle zu seiner Beschreibung zu entwickeln.
- Betreuung: Prof. Dr. Martin Baisch
- Zuordnung: Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Germanistik
- E-Mail: malena.ratzke"AT"uni-hamburg.de
Anabel Recker: Poetologische Reflexionen in der meisterlichen Lieddichtung des 14. und 15. Jahrhunderts
Regelwerke zur Poetik kennt das deutschsprachige Spätmittelalter noch nicht. Im Bereich der Lieddichtung entwickeln die Verbünde der Meistersinger im Verlauf des 16. Jahrhunderts in Form von Tabulaturen erste Ansätze für explizit festgeschriebene Regeln des Dichtens. Für die vorangegangene Phase der Sangspruchtradition, die meisterliche Lieddichtung, sind entsprechende Regularien hingegen nicht nachweisbar. Eine Poetik der meisterlichen Liedkunst des 14. und 15. Jahrhunderts kann daher nur implizit über die überlieferten Texte und Melodien erschlossen werden. Um dem poetologischen Selbstverständnis dieser Form von Lyrik näher zu kommen, möchte ich in meiner Arbeit ein Korpus von Liedern edieren, die in verschiedener Hinsicht auf den Prozess, die Methode, die Ziele und Aufgaben des Dichtens Bezug nehmen, wobei der Varianz der spätmittelalterlichen Texte nach Möglichkeit Raum gewährt werden soll. Im Untersuchungsteil der Arbeit sollen die immanenten poetologischen Prinzipien der im Editionsteil repräsentierten meisterlichen Lieddichtung sichtbar gemacht und analysiert werden. Ziel der Arbeit ist es, die immer noch häufig als ‚Übergangsphase‘ zwischen höfischer Sangspruchdichtung und städtischem Meistersang aufgefasste sangbare meisterliche Dichtung in ihrer Poetizität schärfer zu konturieren, besser zu durchdringen und auf anwendbare Kategorien und Begrifflichkeiten zu bringen.
- Betreuung: Prof. Dr. Bernhard Jahn
- Zuordnung/Förderung: Doktorandenkolleg Geisteswissenschaften
- E-Mail: anabel.recker"AT"gmx.de
Anne Rietschel: Die literarische Selbsterkennung der Wendekinder. Der jugendliche Blick auf die Zäsur 1989/90
In den letzten Jahren erschienen vermehrt literarische Publikationen, in denen die Umbruchszeit der Jahre 1989/90 in der DDR aus Perspektive jugendlicher ProtagonistInnen geschildert wird (u.a. „89/90“ von Peter Richter (2015), „Eisenkinder. Die stille Wut der Wendegeneration“ von Sabine Rennefanz (2013), „Schneckenmühle“ von Jochen Schmidt (2013), „Als wir träumten“ von Clemens Meyer (2006); „Zonenkinder“ von Jana Hensel (2002), außerdem in Kürze „Schöne Seelen und Komplizen“ von Julia Schoch (Februar 2018)). Diese Texte, in denen jugendliche ErzählerInnen auf das Ende der DDR und die anschließende Orientierung in einem neuen Gesellschaftssystem blicken, wurden bisher in der Forschung nicht zusammenhängend betrachtet. In den Texten werden Systemwechsel und die Suche nach dem Selbst während der Pubertät parallel inszeniert – eine Synchronisierung der inneren und äußeren Prozesse wird zum literarischen Narrativ. Auffällig ist der Zusammenhang von AutorInnen-Biografie und Erzählung – die aus der ehemaligen DDR stammenden AutorInnen, die eine doppelte Sozialisation in DDR und BRD durchliefen und die Wendezeit rückblickend aus der Gegenwart schildern, bieten möglicherweise eine erweitere Betrachtungsmöglichkeit der Vorgänge von 1989/90 im Kontrast zu den AutorInnen älterer Generationen.
Diese Dissertation will eine Untersuchung der Texte vornehmen, in denen die sogenannten Wendekinderprotagonistisch vom Umbruch erzählen. Narrative Strategien von Identitätskonstruktion sollen herausgearbeitet werden, um über die literaturwissenschaftliche Analyse hinaus eine gesellschaftswissenschaftliche Kontextualisierung vorzunehmen.
Die Arbeit will an der Schnittstelle von Literatur- und Kulturwissenschaften agieren. Dieser Forschungsaspekt soll zu die bisher vorherrschenden gesellschaftswissenschaftlichen Zugänge zur Erforschung der „Wendekinder“ – vor allem durch das „Netzwerk 3te Generation Ost“ – ergänzen und die Disziplinen in produktiven Austausch bringen. Dabei steht die Frage im Fokus, ob Literatur als Mittel der Identitätskonstruktion im öffentlichen Diskurs gesehen werden kann, mit dem sich die Wendekinder von Fremdzuschreibungen emanzipieren.
- Betreuung: Prof. Dr. Martin Jörg Schäfer
- Zuordnung: Stipendiatin der Claussen-Simon-Stiftung
- E-Mail: a_rie"AT"gmx.net
Adriana Sabatino: Sprachliches Handeln in Englisch und Deutsch als lingua franca: Gesprächsmanagement und Aufgabenbearbeitung mehrsprachiger Teams
- Betreuung: Prof. Dr. Angelika Redder
Kirsten Scherler: Rückkehr ohne Heimkehr – Neukonfigurationen von Heimat in transkultureller Literatur von Özdamar, Florescu, Vertlib, Bodrozic, Schami (Arbeitstitel)
Das Promotionsvorhaben untersucht Remigrationsnarrative in transkulturellen Texten als literarische Inszenierungen des Fremdseins in der eigenen Heimat. Analysiert werden Romane von Emine Sevgi Özdamar, Catalin Dorian Florescu, Vladimir Vertlib, Marica Bodrozic und Rafik Schami, in denen die Rückkehr in die Heimat den Protagonisten/die Ich-Erzählerin in einen Reflexionsraum kultureller Ambivalenz führt. Da dem Begriff Heimat keine eindeutige Bedeutung zukommt, verhandeln die literarischen Texte inter- sowie intraindividuell stark affektiv besetzte Heimatvorstellungen. Von daher fragt die Arbeit nach den Imagines, die sich mit jeweiligen Kulturwechseln verbinden, untersucht die Umkodierung von tradierten Heimatvorstellungen und sucht die Neukonfiguration des Heimatbegriffes in den ausgewählten Texten zu erfassen. Die Studie trägt so zur Erforschung des gegenwärtig auch durch Fluchtbewegungen hochaktuellen Phänomens der migrantischen Literatur bei und entwickelt darüber hinaus neue Perspektiven auf literarische Heimat- und Fremdheitskonstruktionen.
- Betreuung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr (Erstgutachten), Prof. Dr. Elke Sturm-Trigonakis (Universität Thessaloniki /Griechenland; Zweitgutachten)
- Zuordnung/Förderung: Assoziiertes Mitglied an der Arbeitsstelle Interkulturelle Literatur- und Medienwissenschaft (Leitung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr).
- E-Mail: Kirsten.Scherler"AT"googlemail.com
Antje Schmidt: Welt im Verfall. Vanitas in der deutschsprachigen Gegenwartslyrik
In den Künsten der Gegenwart ist bereits seit längerem eine Affinität zur ästhetischen Auseinandersetzung mit dem Barock zu verzeichnen. In der deutschsprachigen Lyrik zeigt sich diese insbesondere in einer Aneignung des Vanitas-Topos’ mit seiner opulenten Ästhetik sowie seiner spezifischen Semantik der Vergänglichkeit, Nichtigkeit und Scheinhaftigkeit der Welt. Die barocken Vanitas-Figurationen scheinen dabei in besonderer Weise dem Lebensgefühl konsumorientierter, westlicher Gesellschaften der Spätmoderne zu entsprechen, die, so die Hypothese des Dissertationsvorhabens, maßgeblich durch Erfahrungen einer zunehmenden Ästhetisierung des Realen, des steten Wandels und der Dekadenz, einer empfundenen Ohnmacht gegenüber Weltverläufen sowie einer Empfindung der Bedeutungslosigkeit und Vergeblichkeit der Existenz geprägt sind. Neufiguriert wird die barocke vanitas dabei wesentlich durch ihre künstlerische Einbettung in zeitgenössische Diskurse, wie etwa diejenigen zu Genderfragen, zum biologistischen Menschenbild der Moderne, zur Durchdringung aller Lebensbereiche durch Fortschritts- und Konsumlogik sowie zur Todesverdrängung. Die Dissertation hat daher zum Ziel, zeitgenössische Neufigurationen der barocken vanitas in der Gegenwartslyrik zu untersuchen, um zu beschreiben, wie sich das Welt- und Selbstverständnis der Gegenwart im Spiegel barocker Weltanschauung als ‚Späte Neuzeit‘ konstituiert. Hierfür werden einerseits die Formen der Aneignung des barocken Vanitas-Topos’ in der deutschsprachigen Gegenwartslyrik untersucht, wobei neben Lyrik, in der die vanitas diskursiv verhandelt wird, besonders performative Lyrik von Interesse ist, die sinnlich-ästhetische Erfahrungen der Vergänglichkeit inszeniert. Darüber hinaus wird untersucht, welche Funktionen die literarischen Rekurse auf diesen von christlichen (Heils-)Vorstellungen geprägten und traditionsgeschichtlich bedeutsamen Wissens-, Bild- und Motivbestand haben, wie etwa Gesellschaftskritik, Trost oder bewusste Abgrenzung.
Eleonore Schmitt: Sprachlicher Fehler: Typologisierung und Prozessierung von Systemabweichungen
Das zentrale Anliegen des Dissertationsprojekts ist es, eine Typologie des sprachlichen Fehlers zu entwickeln. Dabei sollen systemlinguistische und psycholinguistische Ansätze kombiniert werden. Im Theorieteil der Arbeit werden dafür Fehler- sowie Normkonzepte vorgestellt und kritisch diskutiert. Dabei ist die Unterscheidung zwischen Norm- und Systemabweichung zentral. Systemabweichungen sind nicht systemkonforme Varianten (*die Katze sitzen). Normabweichungen sind dagegen echte Variationsfälle, in denen zwei oder mehr Varianten im Sprachsystem verankert sind (Ich sehe den Pfau/en) (vgl. Eisenberg und Voigt 1990). In der Dissertation wird vorgeschlagen, Systemabweichungen als Verstöße gegen konstitutive Regeln, Normabweichungen dagegen als potentielle Verstöße gegen regulative Regeln zu betrachten. Konstitutive Sprachregeln erschaffen ein System von Handlungsmöglichkeiten und ermöglichen dadurch erst bestimmte verbale Handlungen. Regulative Sprachegeln schränken hingegen vorhandene Handlungsmöglichkeiten ein, die von konstitutiven Regeln ermöglicht werden.
Es wird der Frage nachgegangen, anhand welcher Kriterien Norm- und Systemabweichungen unterschieden werden können. Dabei wird angenommen, dass Frequenz, Prototypizität und Schematizität Einfluss auf die Systemkompatibilität von Variation nehmen können: Ein hohes Maß an Frequenz, Prototypizität und Schematizität führt zu Systemhaftigkeit einer Form und verringert somit die Systemkompatibilität von Variation. Die Einflussfaktoren werden dabei skalar betrachtet: Je weniger frequent, je weiter vom Prototyp entfernt und je weniger eine Form in ein Schema passt, desto wahrscheinlicher ist Variation.
Diese systemlinguistischen Einflussfaktoren werden im empirischen Teil der Arbeit anhand psycholinguistischer Methoden überprüft. Da ungrammatische Formen anders prozessiert werden als grammatische (vgl. Kaan und Swaab 2003), wird anhand der Prozessierung getestet, inwiefern Frequenz, Prototypizität und Schematizität auf die Systemhaftigkeit einer Form Einfluss haben kann. Dabei wird mit self-paced reading Experimenten (SPR) gearbeitet.
- Betreuung: Prof. Dr. Renata Szczepaniak
- Zuordnung: Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Germanistik
- E-Mail: eleonore.schmitt"AT"uni-hamburg.de
Vera Schmitz: Edwin Erich Dwinger: Die deutsche Passion. Der ‚Kampf um die Deutungshoheit´ über den 1. Weltkrieg in der Kriegsliteratur der späten Weimarer Republik
Edwin Erich Dwinger (1898-1981), ein Zeitgenosse Ernst Jüngers, publizierte im Zeitraum vom 1929-1932 mit „Die deutsche Passion“ einen der erfolgreichsten Texte der Kriegsliteratur. In meinem Promotionsprojekt untersuche ich, mit welchen erzählerischen Mitteln und aufgrund welcher Themenwahl dies dem Text gelang. Indikatoren für diesen Erfolg sind die Auflagenzahlen, die Übersetzungen, die Umarbeitungen des Stoffes sowie die vielfältigen Rezensionen. Ich gehe davon aus, dass der Erfolg von „Die deutsche Passion“ auf zwei Besonderheiten des Textes zurückzuführen ist. Er zeichnet sich durch geschickt eingesetzte Erzählstrategien aus. Diese untersuche ich mit narratologischen Methoden (Gérard Genette).Die zweite Besonderheit ist die Behandlung neuartiger thematischer Komplexe, wie der Auseinandersetzung mit dem Bolschewismus oder dem Entwurf einer Zukunftsperspektive für Deutschland. Zusätzlich hat der neuartige Umgang mit bereits bekannten Themen zum Erfolg beigetragen. Dies untersuche ich mit literatursoziologischen Methoden (Pierre Bourdieu). Mit meinem Vorhaben möchte ich erklären, wie erzählerische Strategien zur Durchsetzung eines Textes in einem bestimmten literarischen Feld führen und wie, eingebettet in ein Geschehen, weltanschauliche Positionen über erzählerische Strategien transportiert werden.
- Betreuung: Prof. Dr. Jan Christoph Meister
- Zuordnung/Förderung:
- E-Mail: vera_schmitz"AT"hotmail.com
Jana Schulze: Interexilische Korrespondenzen. Transnationale, transkulturelle und transhistorische Vernetzungen (in) der Exilliteratur (Arbeitstitel)
Obwohl von der Singularität einer jeden Exilerfahrung auszugehen ist, finden sich in Texten des Exils wiederholt Anspielungen, Zitate oder Adaptionen, die andere Exilsituationen, deren Literaturen sowie Autor:innen erinnern und aktualisieren. Im Fokus meines Dissertationsprojekts steht die Untersuchung gegenwartsliterarischer Texte des Exils, die auf historische oder zeitgenössische Exilerfahrungen, deren Literarisierungen sowie Schriften implizit wie explizit Bezug nehmen. Darüber hinaus umfasst das Materialkorpus ausgewählte Literaturen des Exils 1933 bis 1945, die Verfilmung von Anna Seghers' Roman Transit (Regie: Christian Petzold) sowie museale, performative und digitale Formen interexilischer Erinnerungsarbeit im öffentlichen Raum.
Forschungsleitend ist die These, dass der Dialog zwischen den Exiltexten im Sinne vernetzter Geschichte(n) als Phänomen transnationaler, transkultureller sowie transhistorischer 'Ko-Erinnerung' (Daniela Henke / Tom Vanassche) lesbar ist. Die intertextuellen Rekurse sensibilisieren für ein 'Gedächtnis der Exilliteratur' (vgl. Renate Lachmann), intermediale Arrangements bilden darüber hinaus die Kommunikation mit anderen Künsten ab. Diesen Beobachtungen zu einem Nach-Leben des Exils schließt sich die Frage an, inwiefern die referenziellen Verbindungen imaginierte Erfahrungs-, Erzähl- und Erinnerungsgemeinschaften stiften (vgl. Benedict Anderson). Sind die Bezugnahmen als Strategien denkbar, der Sprach- und Orientierungslosigkeit angesichts unmittelbarer Flucht begegnen sowie die traumatisch bedingten Leerstellen der Exilerfahrung dennoch erinnern und erzählen zu können?
Ein zentrales Anliegen dieser Studie ist es, den für die Vernetzung literarischer Texte des Exils vorgeschlagenen Begriff der 'interexilischen Korrespondenzen' (vgl. auch 'Interexil' / Alfrun Kliems) zu präzisieren und im wissenschaftlichen Diskurs zu verankern. Entsprechend ist die Analyse als Beitrag für kulturwissenschaftliche Perspektiven der jüngsten Exil(literatur)forschung sowie die Neukonzeptualisierung eines Nationalliteraturen und Epochen übergreifenden Terminus 'Exilliteratur' zu verstehen. Darüber hinaus wird die gesellschaftspolitische Relevanz des Phänomens für die Gegenwart und Zukunft des Gedächtnisraums Europa ausgelotet.
- Betreuerin: Prof. Dr. Doerte Bischoff
- Zuordnung: seit Oktober 2019 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Walter A. Berendsohn Forschungsstelle für deutsche Exilliteratur (Leitung: Prof. Dr. Doerte Bischoff), Universität Hamburg
- E-Mail: jana.schulze"AT"uni-hamburg.de
Mareike Schumacher (geb. Höckendorff): Literarisches Erzählen im Web
In meinem Promotionsprojekt untersuche ich Erzählformen in Weblogs, die von belletristischen Autoren geführt werden. Mich interessiert, ob diese Autoren in ihren Blogs anders schreiben als in ihren Büchern, ob sie Musik, Videos, Bilder oder die Möglichkeit, mit Lesern direkt zu kommunizieren in ihre Texte einbinden und wie diese Mediennutzung sich auf ihre Erzählweise auswirkt. Die Frage danach, welche narrativen Strategien traditionellen literarischen Erzählens in Weblogs genutzt werden und welche neuen Erzählkonventionen als einzigartig für Literatur im Blog als multimediales Medium ausgemacht werden können, spezifiziert die Frage, ob das Internet die Traditionen literarischen Erzählens von Grund auf verändern kann oder dieses lediglich modifiziert. Ich nähere mich diesem Thema durch einen Vergleich von gedruckten Werken und Blogs der Autoren, die ich unter klassischen narratologischen Gesichtspunkten wie Erzählstimme, Erzählzeit und Modus untersuche. Den Forschungsprozess beschreibe ich auf dem Blog http://blogliterature.net.
- Betreuung: Prof. Dr. Jan Christoph Meister
- Zuordnung/Förderung: Projektmitarbeiterin "eFoto" und "DARIAH-DE"
- E-Mail: mareike"AT"hoeckendorff.com
Julia Sitzmann (ehem. Borowski): Wege zur beruflichen Anerkennung: Diskursanalytische Einsichten in die kommunikative Praxis in mehrsprachigen Konstellationen
Wege zur beruflichen Anerkennung: Diskursanalytische Einsichten in die kommunikative Praxis in mehrsprachigen Konstellationen
In meiner Dissertation beschäftige ich mich mit der (mehrsprachigen) Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Migranten bei der »Zentralen Anlaufstelle Anerkennung« der Diakonie Hamburg. Zu diesem Zweck erhebe ich Audioaufnahmen von Beratungsgesprächen zur Anerkennung von im Ausland erworbenen Bildungsqualifikationen, erstelle anhand dieser Daten ein Korpus, das ich anschließend bzgl. verschiedener Aspekte analysiere. U.a. soll dabei untersucht werden, wie die Gespräche zwischen Vertretern einer Institution (‘Agenten’) und Migranten (‘Klienten’) ablaufen und was diese auszeichnet. Sowohl der Aspekt der Mehrsprachigkeit innerhalb der Kommunikation sowie deren Besonderheiten bzgl. der kommunikativen Praxen spielen dabei eine zentrale Rolle.
- Betreuung: Frau Prof. Dr. Kristin Bührig
- Zuordnung/Förderung: Promotionsstelle als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur von Prof. Dr. Kristin Bührig
- E-Mail: julia.sitzmann@uni-hamburg.de(julia.borowski"AT"uni-hamburg.de)
Jessica Sohl: Satzanfänge in Schulfachbüchern der Sekundarstufe I und deren Auswirkung auf Textkohärenz und Textverständlichkeit
Gegenstand meines Promotionsprojekts ist der Aufbau von Sprache in Schulfachbüchern der Sekundarstufe I und die damit einhergehende Textkohärenz und Textverständlichkeit. Im Zentrum des Forschungsvorhabens steht dabei der Satzanfang, beziehungsweise das „Vorfeld“, welches im aktuellen wissenschaftlichen Diskurs als diejenige Stelle im Satz bezeichnet wird, die maßgeblich an der Kohärenzbildung im Textzusammenhang beteiligt ist.
Im Rahmen einer linguistischen Studie auf der Basis eines Schulbuchkorpus, bereitgestellt von der Universität Jena, wird an unterschiedlichen Fachbüchern der Biologie und Geografie untersucht, durch welche Formen und Funktionen das Vorfeld in der Textsorte Schulfachbuch besetzt ist und überprüft, inwieweit die sprachlichen Elemente im Vorfeld zur lokalen Kohärenzbildung im Text beitragen. Um die Schülerinnen- und Schülerperspektive nicht außer Acht zu lassen, werden im Anschluss Textverständlichkeitstests durchgeführt, wobei Schülerinnen und Schüler verschiedener Altersgruppen Texte mittels Verständlichkeitsrating bewerten. Im Sinne der Triangulation wird zusätzlich das Verfahren des Eye-Tracking zum Tragen kommen, um durch die Dokumentation von Auffälligkeiten im Lesefluss exakt Auskunft darüber geben zu können, bei welchen Vorfeldern im Text die lokale Kohärenz gestört ist.
Obwohl im Rahmen des Promotionsvorhabens keine fachdidaktischen Konsequenzen aus den Forschungsergebnissen gezogen werden, können die Ergebnisse dazu dienen, die Blicke von Lehrkräften auf bestimmte sprachliche Strukturen, die Schülerinnen und Schülern Schwierigkeiten bereiten können, zu schärfen.
- Betreuerinnen: Prof. Dr. Zinsmeister und Prof. Dr. Marion Krause
- E-Mail: jessica.katharina.sohl"AT"studium.uni-hamburg.de
Sarah Steidl: Fluchtlinien. Narrative von Entortungs- und Grenzerfahrungen in literarischen Texten des frühen 21. Jahrhunderts (Arbeitstitel)
Die deutsche Gegenwartsliteratur nimmt die aktuellen Dramen um Flucht inner- und außerhalb der ‚Festung Europa‘ sowie die politischen Debatten um Teilhabe der Geflüchteten an ‚unserer‘ Gesellschaft seismografisch auf. Immer mehr Autoren leihen dabei über ihre Figurengestaltung jenen eine Sprache, denen – nicht zuletzt aufgrund von Traumata – noch keine Sprache zur Verfügung steht. Das Promotionsprojekt macht es sich zur Aufgabe, Texte aus dem frühen 21. Jahrhundert zu Flucht und Vertreibung hinsichtlich ihrer Transformation des politischen in einen literarischen Diskurs zu ordnen. Welche ästhetischen Signaturen wählen die AutorInnen bei der Darstellung von Entortungs- und Grenzerfahrungen – welche Fluchtlinien zeichnen sie in ihren Texten? Gegenwärtig lässt sich konstatieren, dass zu dieser Thematik veröffentlichte Romane und Graphic Novels sich auf zweifache Weise auch den Geflüchteten selbst öffnen: Zum einen richten sich einige Texte durch mehrsprachige Schreibverfahren nicht mehr ausschließlich an eine deutschsprachige Leserschaft, zum anderen werden bestimmte Teile mancher Texte als von Geflüchteten geschrieben ausgestellt. Eine somit angedeutete ‚Co-Autorschaft‘ sowie die öffentlichen Autorenberichte über Recherchen in Flüchtlingslagern regen an, diese aktuelle ‚Flucht-Literatur‘ auch als Teil einer neuen Protokoll-Literatur zu rezipieren. Zudem sind immer wieder intertextuelle Referenzen zur ‚klassischen‘ Exilliteratur auffällig. Zwischen historischen Rekursen einerseits und dem Bemühen um größtmögliche Aktualität andererseits changierend, ist zu klären, inwiefern gegenwärtige Flucht-Narrative auch eine Gegenrede zu politischen Diskursen formulieren.
- Betreuung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr und Prof. Dr. Doerte Bischoff
- Zuordnung/Förderung: Seit April 2016 Stipendiatin im Doktorandenkolleg Geisteswissenschaften; 2015-2016 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Mercator-Projekt „Geteilte Erfahrung Migration im deutsch-türkischen und türkischen Film“ (Leitung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr); 2013 Stipendiatin in der vom DAAD geförderten „Germanistischen Institutspartnerschaft: Hamburg – Istanbul“ (Leitung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr).
- E-Mail: sarah.steidl"AT"uni-hamburg.de
Carla Swiderski: Das Menschliche spiegelt sich im Blick der Tiere. Auflösung und Neudefinition des Menschen in der Exilliteratur
Wenn von Exil gesprochen wird, ist eine Extremsituation gemeint, die eine unfreiwillige Emigration nach einer existenziellen Bedrohung und einem gesellschaftlichen Ausschluss bezeichnet. Doch trifft der gesellschaftliche Ausschluss die meisten Exilierten nicht erst im Exil. Schon zuvor wurden sie zumeist auf sprachlicher, gesellschaftlicher und rechtlicher Ebene ausgegrenzt. Im NS-Staat wurde die verbale Diffamierung und öffentliche Diskriminierung der Verfolgten vor allem durch eine gezielte Analogisierung mit Tieren vollzogen, kombiniert mit bakteriologischer und rassistischer Terminologie. Wie reagierten die im Exil lebenden Schriftstellerinnen und Schriftsteller in ihren Texten auf die Situation, dass sie in einer Sprache denken und schreiben, die dazu benutzt wurde, ihnen ihr Menschsein abzusprechen? Welche Auswirkungen haben die erlebte Diskriminierung und der gesellschaftliche Ausschluss auf das Selbstverständnis der Exilierten als Menschen? Werden gesellschaftliche Machtverhältnisse reflektiert sowie das Konzept der Mensch-Tier-Dichotomie als Teil dessen hinterfragt? Gibt es eine Kritik an der Gesellschaft, die zu alternativen Entwürfen führt? Von diesen Fragen geleitet wird in diesem Dissertationsprojekt die Konstruktion von ‚Mensch‘ und ‚Menschlichkeit‘ sowie die direkt damit verbundene Verhandlung des Mensch-Tier-Verhältnisses in deutschsprachigen literarischen und philosophischen Exiltexten untersucht, die Mitte des 20. Jahrhunderts entstanden sind.
- Betreuung: Prof. Dr. Doerte Bischoff
- Zuordnung/Förderung: Doktorandenkolleg Geisteswissenschaften
- E-Mail: carla.swiderski"AT"studium.uni-hamburg.de
Alexianna Tsotsou: Das Deutschlandbild in den griechischen Zeitungen: eine korpusorientierte diskurslinguistische Analyse
Meine Dissertation beschäftigt sich mit dem Image von Deutschland in vier griechischen Zeitungen im Zeitraum 2001-2013. Der Begriff „Image“ wird in dieser Arbeit als kognitive Einheit bzw. Gesamtheit von Vorstellungen, Bewertungen und Gefühlen einem anderen Land (in diesem Fall: Deutschland) gegenüber verstanden und auf die sprachlichen Mittel ihrer diskursiven Konstruktion hin untersucht. Methodologisch kombiniert die Arbeit eine quantitative korpuslinguistische Analyse mit dem qualitativen diskurshistorischen Ansatz der Kritischen Diskursanalyse. Durch die analytischen Kategorien der Schlüssellexeme und der Kollokationen einerseits, der thematischen Analyse, Intertextualität und diskursiven Strategien andererseits werden die Eigenschaften herausgearbeitet, die Deutschland in der griechischen Presse zugeschrieben werden. Das Image Deutschlands in der griechischen Presse wird dabei sowohl diachronisch untersucht und dabei mit dem soziopolitischen Kontext (u.a. der griechischen Finanzkrise) in Beziehung gebracht, als auch synchronisch analysiert, wobei die Haltung der einzelnen Zeitungen Deutschland gegenüber unter die Lupe genommen wird.
- Betreuung: Prof. Dr. Jannis Androutsopoulos
- Zuordnung/Förderung: Stipendiatin der Alexander-Onassis-Stiftung
- E-Mail: tsotsou"AT"gmail.com
Annika Vieregge: Sprachliche Zweifelsfälle aus der Sprecherperspektive
Obwohl die Perspektive der Sprecher_innen für das Phänomen der Zweifelsfälle entscheidend ist, ist gerade diese in der Forschung bisher kaum untersucht worden. Jedoch können Zweifelsfälle nicht isoliert betrachtet und allein als Varianz im System beschrieben werden: Der Diskurs über Zweifelsfälle trägt immer auch zu ihrer Wahrnehmung auf Seiten der Sprecher_innen bei und kann somit auch den Sprachgebrauch beeinflussen. Ziel dieses Dissertationsprojektes ist es daher, die Sprecherperspektive in den Blick zu nehmen und zu untersuchen, wie Spracheinstellungen und das Wissen über sprachliche Normen die Wahl einer Zweifelsfallvariante beeinflussen. Dafür wird sowohl der Sprachgebrauch der Sprecher_innen als auch ihre metasprachliche Reflexion betrachtet.
Annette Vieth: Fremdheimaten. Trauma-Narrationen in Ingeborg Bachmanns Malina, Monika Marons Stille Zeile Sechs und Terézia Moras Alle Tage (Arbeitstitel)
Traumata zeichnen sich v. a. durch ein schmerzliches Zerbrechen von Sinn und Bedeutung aus. Sie markieren radikale Einschnitte, die nicht nur das Leben der Betroffenen nachhaltig aus der Bahn werfen, sondern zumeist auch ihr soziales Umfeld affizieren. Kollektiv erlebte Traumata vermögen zudem, ganze Gesellschaften zu erschüttern, wie die jüngsten Terroranschläge in Paris und Brüssel oder die Erfahrungen zahlloser Flüchtlinge zeigen, die weltweit vor Krieg, Gewalt und politischem Terror fliehen. Die Literatur war und ist vermutlich schon immer sowohl ein Spiegel als auch ein mentalisierendes Behältnis (Containment) für solche tiefgreifenden Erlebnisse gewesen, wie nicht zuletzt die großen (religiösen) Mythen der Menschheitsgeschichte nahelegen. Mit dem Verweis auf eine fundamentale Notwendigkeit menschlicher Sinnproduktion reflektiert die Thematik des Traumas dabei zugleich Kernprobleme sprachlicher Repräsentations- und Symbolisierungsprozesse, des hermeneutischen Verstehens ebenso wie des Narrativen.
Die interdisziplinäre Studie geht diesen Aspekten exemplarisch anhand von Texten dreier repräsentativer Gegenwartsautorinnen nach, die sich intensiv mit den Interferenzen zwischen individuellen Traumatisierungen und dem kulturellen und soziopolitischen Kontext, in dem diese stattfinden, beschäftigt haben. Ingeborg Bachmanns Malina (1971), Monika Marons Stille Zeile Sechs (1991) sowie Terézia Moras Alle Tage (2004) fokussieren die Erbschaften von Faschismus und Diktatur mitsamt den historischen Folgeentwicklungen im Rahmen der europäischen Neuordnung nach 1989 so gerade in ihren traumatisierenden Effekten. In einem tiefenhermeneutischen Close (Re-)Reading werden die Romane auf der Grundlage aktueller Traumatheorien daher detailliert danach befragt, wie diese jeweils vom Trauma ‚sprechen‘ und dabei gerade das ‚Unbegreifliche‘ daran erfahrbar machen. Die daraus gewonnenen textanalytischen Befunde werden im Hinblick auf übergeordnete literatur- und kulturtheoretische Fragen bearbeitet.
- Betreuung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr (Erstgutachten), Prof. Dr. Angela Moré (Universität Hannover; Zweitgutachten)
- Zuordnung/Förderung: Assoziiertes Mitglied an der Arbeitsstelle Interkulturelle Literatur- und Medienwissenschaft (Leitung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr); 2012 Stipendiatin im BMBF-/DAAD-Projekt „Interkultureller Topos Hafenstadt: Mumbai und Hamburg im medialen Vergleich“ an der University of Mumbai (Leitung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr).
- E-Mail: j.a.vieth"AT"gmx.de
Jonas Wagner: „theory of mind“, diskursive und pragmatische Basisqualifikationen – Kategoriendiskussion und empirische Analysen im Vorschulalter
- Betreuung: Prof. Dr. Angelika Redder
- Zuordnung/Förderung: Projektmitarbeiter BMBF-Projekt "MuM-Multi"
- E-Mail: jonas.wagner"AT"uni-hamburg.de
Robert Wegener: Ehre und Scham in ausgewählten Erzähltexten der deutschen und der türkischen Literatur (Arbeitstitel)
Das Ziel dieser Arbeit ist, zentrale Ergebnisse der Forschung zu Ehre und Scham für die Interpretation ausgewählter Texte aus der deutschen und türkischen Erzählliteratur fruchtbar zu machen. Beide Phänomene verweisen auf existentielle soziale Grenzverletzungen, durch die gesellschaftliche und individuelle Werte in fiktionalen Texten verdeutlicht und damit diskursiv verhandelbar werden. Die Reaktion der Figuren auf Risse in der sozialen Ordnung eröffnen ihnen (sowie den Lesern) die Möglichkeit der Reflexion über die Verfasstheit dieser Ordnung selbst. Während entweder zu „Scham“ oder „Ehre“ in der deutschsprachigen Literatur bereits zahlreiche Arbeiten vorliegen (für die türkischsprachige Literatur deutlich weniger), ist die Untersuchung der Beziehung zwischen Ehre und Scham in beiden Literaturen bisher noch ein Desiderat. Bei den Textanalysen gilt der Konstellation von Erzähler und Figuren besondere Aufmerksamkeit, denn von Scham und Ehrvorstellungen bestimmte Interaktionen finden nicht nur zwischen den Figuren statt, die narrative Instanz ist jeweils mit involviert. Von daher werden beim methodischen Vorgehen der narratologische Ansatz von Genette mit Theoremen aus der Scham- und Ehreforschung zusammengeführt. Die ausgewählten Texte sind: Effi Briest (Theodor Fontane), Fräulein Else (Arthur Schnitzler), Radetzkymarsch (Joseph Roth), Die verlorene Ehre der Katharina Blum (Heinrich Böll), Leyla (Feridun Zaimoğlu), Yılanı Öldürseler (Yaşar Kemal), Mutluluk (Zülfü Livaneli), Her Temas Bir İz Bırakır (Emrah Serbes).
- Betreuung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr
- Zuordnung/Förderung: Assoziiertes Mitglied der Arbeitsstelle Interkulturelle Literatur- und Medienwissenschaft (Leitung: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr).
Britta Wittchow: Über räumliche, zeitliche und sphärische Grenzen – Das diskursive Potential medialer Transgressionsprozesse in spätmittelalterlichen Liebes- und Abenteuerromanen
(Bis auf die Drucklegung Promotion abgeschlossen.)
In meiner Dissertation geht es um erzählte mediale Prozesse in den aufs späte 13. Jahrhundert datierten Texten Apollonius von Tyrland (Heinrich von Neustadt) und Reinfried von Braunschweig (anonym überliefert). Beide Texte verbindet neben inhaltlichen, erzählerischen und forschungsgeschichtlichen Ähnlichkeiten die Zuordnung zu der (durchaus umstrittenen) Textsorte ,Liebes- und Abenteuerroman ‘ und – so die ausschlaggebende Beobachtung – eine bestechende Fülle, Vielfältigkeit und Exzeptionalität an erzählten medialen Phänomenen. Sie stellen in vielfältiger Variation das Bemühen von Figuren um eine Formatierung von Informationen, die diese befähigt, Distanzen unterschiedlicher Art zu überbrücken, dar und zeigen damit ein ausgeprägtes Interesse dafür, wie Informationen Gestalt annehmen, zugänglich, mobil, oder stabil werden.
Medien lassen sich als Ergebnisse des anthropologischen Bemühens bezeichnen, die Grenzen, die die Beschränktheit des menschlichen Körpers der direkten Mitteilung setzt, zu überwinden. Literarische Darstellungen medialer Prozesse geben im Raum des Imaginären den Blick frei auf die im alltäglichen Gebrauch häufig unreflektiert bleibenden und kulturbildende Funktionen und Effekte medialen Handelns, die medialen Konventionen und denkbaren Möglichkeiten und Grenzen vermittelter Kommunikation.
Mit meiner Arbeit frage ich vor allem nach der Funktion solcher Darstellungen für den medientheoretischen Diskurs, den die Texte entfalten bzw. für die Diskurse, die mit Fragen der Medialisierung verknüpft sind. Daneben geht es auch darum, die beiden bislang kaum umgehend erforschten Texte in einer themenzentrierte Lektüre weiter aufzuarbeiten und die Fruchtbarkeit eines auf mediale Prozesse fokussierten Blickwinkels bei der Auseinandersetzung mit mittelalterlichen Texten mit einem Seitenblick auf die Relevanz des Themenkomplexes für gattungstheoretische Diskussionen zu erproben.
Analysiert werden die einzelnen medialen Strategien (Botendienste, Brieftexte, Körpertechniken, Denkmäler, Loblieder, Gebete, Prophetien, Himmelszeichen, Träume und magische Objekte) jeweils vor dem Hintergrund der zentralen Herausforderungen, an denen die mediale Aufarbeitung arbeitet – dem entweder räumlich, zeitlich oder sphärisch differenten Status der Kommunikationspartner. Jede dieser Dimensionen birgt andere Herausforderungen, zeigt andere Möglichkeiten, markiert andere Grenzen und dementsprechend drängen sich jeweils andere Fragestellungen und Diskurse auf.
- Betreuung: Prof. Dr. Martin Baisch (Hamburg), Prof. Dr. Jutta Eming (FU Berlin)
- E-Mail: britta.wittchow"AT"uni-hamburg.de
Laura Franziska Wittwer: Kind und Kindheit in Franz Kafkas Werken
‚Viele Kinder‘ sollen – wie schon Walter Benjamin anmerkte – Kafkas Texte auf eine zugleich permanente und subtile Weise bevölkern; darauf hat die Kafka-Forschung schon vor vielen Jahren hingewiesen. Nichtsdestotrotz fehlt es weiterhin an einer umfassenden und systematischen Analyse des Motivs der Kindheit und des Kindes in Kafkas Werken. In diesem Forschungsvorhaben soll offengelegt werden, wie stark sich das Infantile in Kafkas Œuvre trotz aller externen Versuche des Verständlich- und Verfügbarmachens durch eine konstitutive Instabilität und Unverfügbarkeit auszeichnet. Schließlich verknüpfen gerade derart ambivalente Ursprünglichkeitsphantasmagorien die Diskursphänomene ‚Kind(heit)‘ und ‚Kunst‘ um 1900. Das Hauptaugenmerk der Dissertation gilt daher Kafkas Figuration von Kind und Kindheit als poetologischem Reflexionsraum vor der Folie zeitgenössischer Diskurse und literarischer Prätexte.
- Betreuung: Prof. Dr. Cornelia Zumbusch
- Zuordnung/Förderung: Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Germanistik
Johanna Witzenrath: An Stelle der Seele. Transformation und Metaphorik lyrischer Subjektivität in der deutschsprachigen Gegenwartslyrik
In den 1990ern, der sogenannten Dekade des Gehirns, verhandelt Durs Grünbeins Schädelbasislektion (1991) anthropologische Fragen unter Bezug auf die Hirnforschung und verabschiedet einschlägigen Deutungen zufolge das metaphysische Konzept der Seele zugunsten der Materialität des Körpers („Dem Skelett an der Wand / Was von Seele zu schwafeln“). Daraus folge eine physiologisch begründete Biopoetik (Zemanek 2016), etwa auch bei zeitgenössischen Lyrikerinnen und Lyrikern wie Ulrike Draesner, Brigitte Oleschinski oder Raoul Schrott. Daneben ist zu beobachten, dass im 21. Jahrhundert publizierte deutschsprachige Lyrik anthropologische „Grundlagenpoesie“ (Metz 2018: 58) unter Rekurs auf die auch historisch enge Verbindung von Seele und Poesie betreibt (vgl. Poetica III, 2017: Die Seele und ihre Sprachen). Thematisch wie poetologisch sind Seelenkonzepte in der Gegenwartslyrik relevant, um Formen lyrischer Subjektivität zu entwerfen.
Das Promotionsprojekt untersucht Subjektivität in deutschsprachiger Lyrik des 21. Jahrhunderts unter dem Blickpunkt der anthropologischen Implikationen. Es erarbeitet die Verknüpfung von Subjektivität und Seele im lyriktheoretischen Paradigma der Erlebnislyrik, auf das die Lyrik der Gegenwart Bezug nimmt (Metz 2018). Ausgehend von Thomas Fuchs’ Konzeption verkörperter Subjektivität (Fuchs 2008/2013) fokussiert das Projekt zeitgenössische poetische Ausformungen der traditionell zentralen anthropologischen Kategorien Denken, Leben und Fühlen. Maßgeblich dafür sind Gedichte und Poetiken von Nico Bleutge, Hendrick Jackson, Birgit Kreipe, Christian Lehnert, Steffen Popp, Marion Poschmann, Monika Rinck und Silke Scheuermann. Schließlich reflektiert die Studie insbesondere mit Rincks Gedicht „Die Stelle mit der Seele“ (Rinck 2018) das Lesen als hermeneutisches Verfahren, das metaphysische Subjektivität involviert.
- Betreuung: Prof. Dr. Claudia Benthien
- Zuordnung: Wissenschaftliche Mitarbeiterin von Prof. Claudia Benthien
- E-Mail: johanna.witzenrath"AT"uni-hamburg.de
Christian Wobbeler: Theatrum vanitatis. Barocke Vergänglichkeit, Flüchtigkeit und Schein in zeitgenössischen Theaterinszenierungen
Trotz der immer wieder konstatierten These der Todesverdrängung in westlichen Gesellschaften zeigt sich seit einigen Jahren vermehrt eine intensive Reflexion über Vergänglichkeit und Tod in den Gegenwartskünsten. Diese künstlerischen Auseinandersetzungen weisen sich dabei durch einen auffälligen Bezug auf den Vanitas-Topos des 17. Jahrhunderts aus. Das interdisziplinär angelegte Promotionsvorhaben widmet sich der Frage, inwiefern in zeitgenössischen Theaterinszenierungen von u.a. René Pollesch, Kay Voges und Antú Romero Nunes Bezugnahmen auf diesen frühneuzeitlichen Topos mitsamt seiner spezifischen Bildlichkeit und Semantik nachzuweisen sind und welchen mit dieser Wiederholung einhergehenden semantischen Reduktionen, Umdeutungen oder Entleerungen die Rekurse unterliegen. In sowohl semiotisch als auch phänomenologisch orientierten Aufführungsanalysen sollen dabei zum einen die intermedialen Bezugnahmen auf die aus der bildenden Kunst und Literatur stammenden Vanitas-Symbole wie zum Beispiel dem Schädel als visuelle Inszenierungsstrategien untersucht werden. Zum anderen sollen die durch die Verwendung ephemerer Theatermittel vollzogene Rematerialisierung von Vergänglichkeitssymbolen wie beispielsweise Rauch als intermaterielle Bezugnahmen, die eine selbstreflexive Zeitinszenierung und -erfahrung ermöglichen, im Fokus der Untersuchung stehen. Darüber hinaus wendet sich das Vorhaben auch solchen Inszenierungen zu, die eine Aktualisierung der dem Vanitas-Topos verwandten Theatrum-mundi-Metapher vornehmen und diese für eine kritische Reflexion der gegenwärtigen Inszenierungs-, Konsum- und Erlebnisgesellschaft instrumentalisieren. Eine Analyse aller genannten künstlerischen Strategien soll ferner zeigen, welche Rückschlüsse über den Umgang und die Reflexion über Tod, Vergänglichkeit aber auch Scheinhaftigkeit in der Gegenwartsgesellschaft gezogen werden können.
- Betreuung: Prof. Dr. Claudia Benthien
- Zuordnung: Ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter von Prof. Dr. Claudia Benthien
- E-Mail: c.wobbeler"AT"gmail.com